Glücksforschung | 08.08.2010
Wettstreit der Lebensweisen

Auf der Basis von ausgegrabenen Knochen und Zähnen können wir schätzen, wie lange Menschen gelebt haben und wie gesund sie dabei waren. Die Forschung in diesem Bereich hat ergeben, dass Menschen in Jäger-Sammler-Kulturen und in Agrargesellschaften vergleichbar lange gelebt haben, wobei die Jäger und Sammler ein gesünderes Leben geführt haben, sich besser ernährten und weniger arbeiteten (vgl. Sanderson 1995: 340–343). Die Industriegesellschaften unserer Zeit schneiden allerdings in jedem Bereich besser ab. Wir leben länger und gesünder und wir werden größer als alle unsere Vorväter es jemals getan haben.
Da die Glücklichkeitsforschung relativ neu ist, müssen wir uns für frühere Generationen und Gesellschaftsformen mit Daten über Gesundheit und Lebenserwartung begnügen. Diese korrelieren allerdings stark mit der Glücklichkeit. Auf dieser Basis hat Veenhoven berechnet, dass das GLJ (Glückliche Lebensjahre) von Jäger und Sammlern und von Menschen in Agrargesellschaften nicht höher gewesen sein kann als 45 – ihre Lebenserwartung. Selbst wenn die Menschen in Agrargesellschaften und als Jäger und Sammler jeden einzelnen Tag ihres Lebens sehr glücklich waren, so würden sie immernoch gegen uns verlieren. Heute variiert der GLJ in modernen Nationen nämlich zwischen 50 und 60.
Was bringt die Zukunft?
Wenn es so weitergeht, wie bisher, dann werden sowohl die Glücklichkeit, als auch die Lebenserwartung, weiter ansteigen. Heute liegen die durchschnittlichen Glücklichkeitswerte zwischen 3.2 für Tansania und bei 8.5 für Island (jeweils von 10). Es gibt also noch viel Spielraum. Das erreichbare Maximum dürfte bei 9 liegen, da es unabwendbares Leid im Leben der Menschen gibt (z.B. den Tod von Angehörigen), aber auch, weil keine Gesellschaft die Bedürfnisse von allen Individuen gleichermaßen erfüllen kann.
Die Lebenserwartung in modernen Gesellschaften könnte auf 100 Jahre ansteigen (Manton et al. 1991; Vaupel and Lundström 1993). Die Länge des Lebens kommt nicht auf Kosten der Lebensqualität: Ältere Menschen sind ein wenig glücklicher als Menschen im mittleren Alter. Wem das noch nicht genügt und wer eine romantische Zukunftsprophezeiung bevorzugt, der kann ja hoffen, dass die Transhumanisten recht haben und wir auch den Tod noch mit Hilfe von Technologie bezwingen werden.
Menschen in den modernen Gesellschaften geht es also gut, aber wie sieht es aus mit den Menschen in der Dritten Welt? Nun, den geht es ebenfalls zunehmend besser. Die unterentwickelten Nationen holen mit einer gewaltigen Geschwindigkeit auf.
Der Zoologe Matt Ridley hat ein brandneues Buch zu eben diesem Thema geschrieben. Es heißt „The Rational Optimist“. Aus der Zusammenfassung: „Das Leben wird besser – mit zunehmender Geschwindigkeit. Nahrungsangebot, Einkommen und Lebenserwartung gehen rauf; Krankheit, Kindersterblichkeit und Gewalt nehmen ab – überall auf der Welt. Obwohl die Welt lange nicht perfekt ist, werden lebensnotwendige Güter und Luxusprodukte günstiger; das Bevölkerungswachstum nimmt ab; Afrika folgt Asien aus der Armut; das Internet, das Mobiltelefon und der Transport mit Containerschiffen bereichern das Leben der Menschen wie niemals zuvor. Die Pessimisten sagen, wir würden bald einen Wendepunkt erreichen und die Dinge würden damit anfangen, schlechter zu werden. Aber das sagen sie seit 200 Jahren.“
Quellen
Greg Wadley & Angus Martin: Die Ursprünge der Landwirtschaft
Holmes, Richard: The Age of Wonder
Ridley, Matt: The Rational Optimist
Veenhoven, Ruut: Life is Getting Better: Societal Evolution and Fit with Human Nature
Veenhoven, Ruut: World Database of Happiness
Wir wollen auf Erden glücklich sein
Teil 1: Gut sein ohne Gott
Teil 2: Ethik für alle
Teil 3: Eine Wissenschaft des Glücks
Teil 4: Die frohere Botschaft
Alle Fotos: morguefile.com
AM