Presseschau | 03.07.2009

Zerstörerische Anpasser, Allversöhnerei und Kritik an der Evolutionären Psychologie

 

War die Evolutionäre Psychologie ein Irrweg?

In Newsweek schreibt Sharon Begley eine Kritik an der Evolutionären Psychologie. Hier eine Zusammenfassung:

Zu den Thesen aus diesem Bereich gehört jene, dass es ein Modul für Vergewaltigung im Gehirn gäbe, dessen genetische Grundlage adaptiv ist. Nach einer empirischen Überprüfung dieser These sieht es aber so aus, als würde sich Vergewaltigung als Fortpflanzungsstrategie nicht lohnen, also nicht adaptiv sein. Da sich die Umweltbedingungen, in denen sich unsere Vorfahren zurechtfinden mussten, sehr oft geändert haben, ist der Mensch äußerst flexibel bei der Auswahl einer Strategie, um seine Gene weiterzugeben.

Diese Flexibilität gilt auch für die Partnersuche. So mögen Männer dickere, stärkere Frauen in Kulturen, in denen diese an der Nahrungssuche beteiligt sind, bzw. in denen sie arbeiten. Wo Frauen ökonomisch von Männern abhängen, bevorzugen Männer das „Barbie-Modell“. Ebenso suchen sich Frauen eher Männer nach dem Aussehen aus, wenn sie selbst finanziell unabhängig sind.

Die von Anhängern der Evolutionären Psychologie vertretene These, dass Stiefväter die Kinder ihrer neuen Frau schlechter behandeln als ihre leiblichen Kinder, ist ebenfalls unter Beschuss geraten. Zum Beispiel sind Stiefväter mit höherer Wahrscheinlichkeit Psychopathen und darin liegt oftmals der Grund, warum sie die Kinder schlecht behandeln, nicht im Verwandtschaftsgrad. Witwen bekommen tendenziell nicht die besten Männer. Es kann ebenso ein adaptiver Vorteil für Männer sein, die Kinder ihrer neuen Frau gut zu behandeln – schließlich wollen sie ja selbst ihre Gene weitergeben, was die potenzielle Mutter andernfalls ablehnen könnte.

Eine weitere These aus dem Bereich der Evolutionären Psychologie betrifft den Adaptivität des „Krieger-Gens“. Erfolgreiche Krieger sind jedoch der Gefahr ausgesetzt, dass sich der feindliche Stamm an ihnen rächt und auch ihre Frauen und Kinder tötet. Manchmal kann ein aggressives Verhalten adaptiv gewesen sein, in anderen Umgebungen jedoch nicht. Auch wurde behauptet, dass sexuelle Untreue von Frauen nicht als so schlimm empfunden wird wie emotionale Untreue. Das hängt allerdings, wie auch bei Männern, ganz davon ab, ob sexuelle Untreue in einer bestimmten Gesellschaft das Ende einer Beziehung einleitet oder ob man sie als weniger dramatisch wahrnimmt. Die Eifersucht hängt also vor allem von der vermuteten Beziehungsgefährdung ab.

Auch gegen die Evolutionäre Psychologie spreche, dass menschliche Gene entdeckt wurden, die erst 10 000 Jahre alt sind. Für den Phänotyp, den sie ausbilden, wäre es recht egal, was Steinzeitmenschen getrieben haben und was nicht. Dieses Verhalten würde einfach zu lange zurück liegen, als dass es noch in unseren Genen verankert sein könnte.

Die sogenannte „Verhaltensökologie“ möchte nun die Evolutionäre Psychologie ablösen.

Thomas Junker hält den Artikel für Unsinn, während ihn der Biologe Jerry Coyne wärmstens empfiehlt. Wir werden noch genauer auf seine Thesen eingehen, in den USA hat er eine hitzige Debatte ausgelöst.

 

AM