E-Day | 13.05.2010

Der Evolutionstag ist zurück!

 

Heute: Evolutionstag

//commons.wikimedia.org/wiki/File:Darwin%27s_ape.jpg)Der Evolutionstag reflektiert nicht nur die Freude über unsere Existenz, sondern auch den Triumph des menschlichen Geistes über die eigene Sehnsucht nach einfachen Antworten, nach schönen Märchen, und nach verhängnisvoll bequemer Fremdbestimmung.

Die Evolutionsbiologie ist ein Unternehmen, das nur in komplexen Zivilisationen entstehen konnte. Das Christentum war und ist noch in verfeindete Konfessionen und kleine Gemeinden gespalten, die sich jeweils am Gesellschaftsmodell der Stammeskulturen orientieren. Gemeinsam ist ihnen ein fortschrittsfeindliches Dogmensystem und ein Weltbild von vor 2000 Jahren, dessen Grundlagen lange vor dem Entstehen der modernen Wissenschaft festgelegt wurden. Anfänglich gab es unter vereinzelten Christen noch Zustimmung für das Projekt Naturwissenschaft, Isaak Newton meinte schließlich, damit Gottes Plan erkunden zu können. Als sich herausstellte, dass die Naturwissenschaft, statt das biblische Weltbild zu bestätigen, es vielmehr widerlegt und es zurückdrängt, wurde der christliche Widerstand immer lauter. Die Geisteswissenschaft, zuerst in ihrer einflussreichen Inkarnation als der Philosoph Spinoza, beschäftigte sich gleichermaßen mit der Dekonstruktion christlichen Kinderglaubens. Mit der Aufklärung und der bürgerlichen Revolution im 18. Jahrhundert, welche den Geistes- und den Naturwissenschaften gleichermaßen zum Durchbruch verhalfen, entstand der moderne Fundamentalismus als militante Gegenbewegung.

Im internationalen Austausch, mit Hilfe modernster Forschungsbereiche wie der Molekularbiologie und unter dem Druck gegenseitiger Kritik gewinnen Biologen täglich genauere Einsichten über das Leben auf diesem Planeten, inklusive dem Menschen. Die freie Gesellschaft, die das Hinterfragen von Dogmen und alten Vorurteilen legalisierte, war und ist eine weitere notwendige Voraussetzung für das Erblühen der Wissenschaft. Während die Erkenntnissuche immer weiter voranschreitet und während sie stetig falsche Annahmen hinter sich lässt, glauben christliche Fundamentalisten, sie müssten nur Charles Darwin, den angebliche Begründer einer falschen Religion, widerlegen, um gegen die Moderne zu siegen. Ihr autoritätsfixiertes Weltbild, das von der kritiklosen Akzeptanz ewiger Wahrheiten ausgeht, hindert sie daran, die Funktionsweise und den Wert freier Forschung zu erkennen. Es ist ein Konflikt zwischen Vergangenheit und Moderne.

Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht wird eine Krise über uns hereinbrechen, welche die Menschen so sehr verängstigt, dasss sie sich wieder panisch an die klaren und simplen Strukturen unserer Vorväter klammern und das gewagte Projekt der freien Gesellschaft und der modernen Zivilisation hinter sich lassen. Aber momentan gibt es allen Grund zur Hoffnung. Die Entwicklung muss nur weitergehen wie jetzt und ein Zeitalter der Vernunft, das den Menschen ein langes und glückliches Leben ermöglicht und das unsere Erkenntnis über uns selbst und alles andere auf ungeahnte Weise bereichert, wäre eine reale Option. Der Evolutionstag ist ein Zeichen des Umbruchs: Von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung, von der Versklavung zur Freiheit, von der Leichtgläubigkeit zur intellektuellen Reife, vom Krieg aller gegen aller zum ewigen Frieden. Ob wir uns von Rückfällen in die Barbarei aufhalten lassen, oder mutig voranschreiten, hängt nur von uns selbst ab.

Einen fröhlichen Evolutionstag!

 

AM

Bild: "Darwins Affe", Lizenz: CC. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Darwin%27s_ape.jpg

Tipp: Schleswig-Holsteinische Landeszeitung über den Evolutionstag