Presseschau | 30.10.2009

Wir spielen Gott

Nacht im staatlichen Naturkundemuseum Stuttgart (MAD Magazine)

Genauer: Craig Venter spielt Gott und erschafft neue Lebewesen und wir sehen zu. Außerdem wurden Grottenkrebse, vielborstige Ringelwürmer und ein geflügeltes Einhorn entdeckt. Kreationisten bekommen einen Auftritt in einem staatlichen Naturkundemuseum spendiert, Kollektivismus hilft gegen Depressionen und Elektroautos haben Gemeinsamkeiten mit Walen. Schließlich wurden Dinosaurier von einem noch größeren Meteoriten platt gemacht, als wir bisher dachten, außerdem von dem Meteoriten, von dem wir das bisher dachten und von Vulkanen.

 

Das Zeitalter der digitalen Biologie

Craig Venter ist immernoch dabei, neue Lebensformen zu erschaffen, wobei er sich der Rekombination von DNA bedient. Eine dieser Lebensformen ist eine Algenart, die Öl produziert. So könnte man Biotreibstoffe aus Algen herstellen. Ölkonzern Exxon ist durchaus angetan und würde Milliarden bereitstellen. Aber spielt Craig Venter dabei nicht Gott? „Das ist ein alter und noch dazu falscher Vorwurf. Ich verkörpere ja keine mythischen Charaktere“, so Venter im Interview.

 

Geflügeltes Einhorn in Bernstein

Es wurde eine Urzeit-Fliege entdeckt, die ein zusätzliches Horn mit Augen daran hatte. Damit behielt sie die Übersicht über kleine Blüten. Als die Blüten aber größer geworden sind, starb die Fliege aus.

 

So riechen Sie

Gut. Die Wahrnehmung von Gerüchen im Gehirn funktioniert schön der Reihe nach: Erst beurteilen wir, ob die Gerüche neu sind, oder schon bekannt, dann beurteilen wir sie als angenehm oder unangenehm.

 

Kreationisten im staatlichen Naturkundemuseum

Reinhold Leinfelder ist Vorsitzender des Konsortiums Deutsche Naturwissenschaftliche Forschungssammlungen (DNFS), zu dem das Staatliche Museum für Naturkunde in Stuttgart gehört. Und er kann es nicht leiden, dass wir, also die Giordano Bruno Stiftung und die AG Evolutionsbiologie, auch auf die weltanschaulichen Konsequenzen der Evolutionstheorie eingehen. Er hat uns sogar untersagt, auf Veranstaltungen in Museen der DNFS auf darwin-jahr.de hinzuweisen. Was er dagegen offenbar leiden kann, ist ein Auftritt von Kreationisten im Naturkundemuseum Stuttgart, der einen Teil des Rahmenprogramms zur Sonderausstellung „Der Fluss des Lebens - 150 Jahre Evolutionstheorie“ darstellt. Auf diese Veranstaltung weisen wir doch einmal hin.

Dort treten nämlich Dr. Stephen Meyer oder Dr. Douglas Axe vom „Discovery Institute“ (US-Intelligent-Design-Zentrale) auf, außerdem „Dr. Wolf-Ekkehard Lönnig (MPI)“ und Dr. Reinhard Junker (Wort und Wissen), wobei Wort und Wissen, das muss noch einmal betont werden, rein gar nichts mit dem Discovery Institute zu tun hat. Auf dieser Podiumsdiskussion achten die Kreationisten darauf, mit ihren Doktortiteln aufzukreuzen, um möglichst seriös zu wirken und Herr Lönnig schaut sogar im Namen des „MPI“, des Max-Planck-Instituts, dort vorbei, obwohl er sich im Ruhestand befindet. Endlich mal eine Diskussion zwischen Wissenschaftlern über die Wissenschaft des Intelligent Design, über die man innerwissenschaftlich unbedingt diskutieren muss, weil ID so unglaublich seriös und so wissenschaftlich ist. Nach der Arche Noah im Naturkundemuseum in Erfurt der nächste große Hit für die Sechs-Tage-Theoretiker.