Psychologie | 09.03.2010

Die abergläubische Spezies

 

9. Kein Geist in der Maschine?

 

Kein Geist in der Maschine? (Foto: morguefile.com)Die meisten Menschen teilen irgendeine Art von Aberglauben. Bei Atheisten ist das eben nicht Gott, sondern Telepathie, Geister, Wahrsager, Homöopathie, oder etwas anderes. Im Anhang von „SuperSense“ finden sich einige Tests für Aberglauben. Beunruhigend: Laut diesen Tests bin ich überhaupt nicht abergläubisch. Und in „Gott, Gene und Gehirn“ von Rüdiger Vaas und Michael Blume gibt es einen Spiritualitäts-Test, laut dem ich so spirituell bin wie eine Betonwand. Darüber hätte ich mich vor einer Weile noch gefreut, aber nach einer Debatte mit Michael Schmidt-Salomon, in der er mich mit dem Androiden „Data“ aus Star Trek vor Einsetzung des Emotions-Chips verglich – fand ich das Ergebnis weniger erfreulich. Was, wenn er recht hat?

Auch der Religionswissenschaftler Michael Blume ist verwundert und versucht meine Existenz in einem Essay zu erklären. Darin ergreift er Partei für die „balancierte Selektion“, laut der die adaptive Religiosität in der Regel einen Selektionsvorteil darstelle, doch könnten atheistische Extremisten in seltenen Umweltbedingungen einen Vorteil haben (siehe meine Antwort).

Die alternative Nebenprodukt-Theorie der Religiosität setzt sich jedoch gerade durch und hier reiht sich auch die Erklärung von Bruce Hood ein: Der SuperSense und darunter die Religiosität entstehen unter bestimmten Umweltbedingungen (wann immer die persönliche Unsicherheit groß ist und unser rationales System umgangen wird) auf Grundlage des intuitiven Erkenntnissystems. Und dies war (und ist zum Teil noch) von evolutionärem Vorteil: Besser man sieht einen Löwen zu viel, als einen zu wenig.

Also bin ich vielleicht doch keine emotionslose Maschine, sondern verfüge lediglich über genügend Sicherheit und Gelassenheit, um mein rationales System auf alles Mögliche anwenden zu können, zudem über eine geringe natürliche Veranlagung zum Aberglauben. Andere Menschen neigen stärker zum Aberglauben und werden dafür nicht mit Androiden verwechselt. Es hat alles Vor- und Nachteile. Trotzdem muss man aus erkenntnistheoretischer Sicht anerkennen, dass Aberglauben eben Aberglauben ist und wenig mit der objektiven Realität, wie sie die Wissenschaften näherungsweise beschreiben, gemein hat.

Für die SuperSense-Heimgesuchten empfiehlt sich von daher ein Beruhigungstee und ein ausgedehntes Schaumbad, falls sie an der Beschaffenheit der Realität interessiert sind und Aberglauben vermeiden möchten.

 

AM