Psychologie | 09.03.2010

Die abergläubische Spezies

 

6. Du sollst die Essenzen ehren!

 

Eheringe - morguefile.com

Die erste Frage lautete, ob die Leser ihren Ehering gegen eine identische Kopie des Eheringes eintauschen würden. Ein Leser wies darauf hin, dass der eine Ring doch bei seiner Heirat dabei gewesen sei und der andere nicht. Das stimmt, ist aber gleichgültig, weil sich die Beschaffenheit des Rings nicht durch seine Anwesenheit bei einem Ritus verändert. Assoziieren kann man die Heirat auch mit einem identisch aussehenden Ring, der nicht „dabei“ war – es sei denn, seine Essenz hindert einen daran. Bei dem Ring waren trotztem viele dazu bereit, ihn auszutauschen, vor allem gegen einen kleinen Geldbetrag.

Die zweite Frage lautete, ob die Leser ihren Lebenspartner gegen eine identische Kopie eintauschen würden. Da war es endgültig vorbei mit aller Aufgeklärtheit. Selbstverständlich würde niemand (mit sehr wenigen Ausnahmen) seinen Lebenspartner gegen eine identische Kopie eintauschen, auch nicht für 1000 Euro. Aus rationaler Sicht ist das reiner Feenglaube. Ein identischer Partner, und darauf habe ich in der Aufgabenstellung explizit hingewiesen, hätte genau die selbe Persönlichkeit, die selben Erinnerungen, ein identisches Aussehen, etc. Es wäre die selbe Person, nur wäre sie zweimal vorhanden. Nun muss man sich eine davon aussuchen und man bekommt 1000 Euro, wenn man eine spezielle davon nimmt. Offensichtlich wäre die rationale Wahl der Partner, für den man das Geld bekommt. Aber das würde praktisch niemand tun – fast alle wollen das Original behalten. Dies ist nicht anders zu erklären als durch den Glauben an eine übernatürliche Essenz in diesem Lebenspartner. Und praktisch alle noch so radikalen Skeptiker glauben an diese herbeifantasierte Essenz.

Hier laufen unsere Intuitionen endgültig Amok und man muss ihn schon in die Gefriertruhe stecken, wenn man da noch einen kühlen Kopf bewahren möchte. Aber: Fühlt man sich denn besser, wenn man den „originalen“ Partner behält, obgleich das im Grunde keinen Sinn ergibt, so könnte man diese Wahl rational rechtfertigen. Wer möchte sich schon schlecht fühlen? Dass wir uns dabei schlecht fühlen würden, bestätigt jedoch lauthals die Theorie von Bruce Hood: Wir sind alle abergläubisch.