Psychologie | 09.03.2010

Die abergläubische Spezies

 

2. Aus den Genen sprießt der Glaube

 

Wurzel - morguefile.com

Nicht nur eine Neigung zum Kreationismus steckt in unserer Natur, sondern auch zum:

 

  1. Dualismus: Körper und Geist sind getrennt

  2. Essenzialismus: Es gibt unsichtbare Essenzen, die bestimmen, was ein Ding ist

  3. Vitalismus: Es gibt Lebensenergien, die Dinge lebendig machen

  4. Holismus: Alles ist durch Kräfte miteinander verbunden

 

Bruce Hood bringt zahlreiche Belege hierfür. Und es ist auch kein Wunder: Diese Intuitionen sind von evolutionärem Vorteil – weil durchaus etwas Wahres in ihnen steckt. Zum Beispiel legt DNA Identität und Einzigartigkeit fest (Essenzialismus), alle Lebewesen verfügen über den Krebs-Zyklus, der Energie produziert (Vitalismus). Ökologie und Evolutionstheorie zeigen auf, inwiefern alles Leben miteinander verbunden ist (Holismus). Und unser Geist ist die Steuerzentrale unseres restlichen Körpers (Dualismus).

Die Evolution brachte also grobe Mechanismen hervor, mit denen wir uns in der Welt zurechtfinden können, bevor wir Erfahrungen sammeln. Genau diese Mechanismen können jedoch zu falschen Annahmen über die Welt führen.

Aufgrund des Dualismus neigen wir zu der Annahme, dass unser Geist den Tod unseres biologischen Körpers überleben könnte. In einer Studie von 2004 gaben Kinder zum Beispiel an, dass der Geist einer Maus, die von einem Alligator gefressen wurde, noch immer da sei. Zwar könne die Maus nicht mehr herumkriechen und nichts mehr essen, aber sie habe immer noch Erinnerungen und Wünsche.

Der Holismus begünstigt den Glauben an Astrologie. Wenn alles durch Kräfte miteinander verbunden ist, warum nicht auch die Sterne mit unserem Schicksal? Oder der Mond mit unserem Tagesrhythmus? Oder das Wohlbefinden der „Natur“ mit unserem Wohlbefinden?

Vitalismus kann zu dem Aberglauben führen, eine übernatürliche Lebenskraft unterscheide Leben von Nichtleben, zum Beispiel eine Seele. „Als vitalistisch […] werden Theorien bezeichnet, die den Ursprung und die Phänomene des Lebens auf spezielle Kräfte oder Prinzipien zurückführen, die sich von den chemischen und physikalischen Kräften unterscheiden“. So lautet eine umfassendere Definition des Vitalismus nach Thomas Junker (Geschichte der Biologie, S. 54). In der Biologie gilt der Vitalismus jedoch als obsolet: „Je genauer man die physiologischen Prozesse analysierte, umso klarer wurde, dass sie sich auf chemischen Reaktionen zwischen speziellen Molekülen zurückführen lassen“ (S. 57).