Psychologie | 09.03.2010

Die abergläubische Spezies

 

7. Ist der Aberglaube gut für uns?

 

Geisterspuren - morguefile.com„Übernatürliches Denken ist einfach die Konsequenz unseres Scheiterns, die eigenen Intuitionen mit der tatsächlichen Beschaffenheit der Welt in Einklang zu bringen“, stellt Bruce Hood fest. Doch nun argumentiert er – obwohl er selbst ein (physikalistischer) Naturalist ist – , dass der Glaube an heilige Werte notwendig sei für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wenn etwas heilig ist, zum Beispiel menschliches Leben, dann schätzen wir dessen Wert höher ein als seinen objektiven Wert – was man nur durch übernatürliches Denken rechtfertigen könne.

Es bleibt leider unklar, inwiefern heilige Werte die Gesellschaft zusammenhalten und wie man den „objektiven Wert“ von irgendetwas ermitteln könnte.

Hood erwähnt mehrere Beispiele. So finden wir das Angebot des Charakters von Robert Redford, dem Ehemann von Demi Moore eine Million Dollar für eine Nacht mit ihr zu bezahlen, als „Ein Unmoralisches Angebot“ (daher der Filmtitel). Das mag wohl sein, aber es gibt auch rationale Gründe, das Angebot nicht anzunehmen. So könnte Demi Moore die Annahme des Angebots so verstehen – und das tut sie ja auch – dass ihrem Ehemann eine Million Dollar wichtiger wären als ihre Ehe. Gut, hier messen wir einer Ehe einen bestimmten Wert bei, aber was sollte der „objektive Wert“ einer Ehe sein, den man als Vergleich heranziehen könnte? Und wer sagt, dass der objektive Wert mit Geld zu bemessen wäre?

Teilweise ist es jedoch wahr, dass wir den Aberglauben einfach akzeptieren müssen. Schließlich müssten wir mit ihm andernfalls einen Teil unseres Gehirns, das intuitive System, überwinden. Und das ist eben nur eingeschränkt möglich, nämlich wann immer wir uns in Situationen befinden, die den Gebrauch des rationalen Systems ermöglichen und ihn nahelegen – was eben nicht so oft der Fall ist. Oftmals muss man Entscheidungen spontan treffen. Und selbst wenn nicht, ist es manchmal sinnvoll, den Aberglauben der Vernunft vorzuziehen. Einfach, weil man sich dann besser fühlt, ohne dass Schaden entstehen würde. Zumindest, wenn man weiß, was man da tut.

 

8. Fazit

Nach anfänglich starker Skepsis – schließlich verweisen diese psychologischen Befunde die Aufklärung in deutliche Schranken – hat mich Bruce Hood überzeugen können. Die Belege sind inzwischen hinreichend und sprechen eine deutliche Sprache. Wir müssen den Sinn und die Grenzen der Bekämpfung des Aberglaubens überdenken, denn wir sind von Natur aus eine abergläubische Spezies.

Selbst nach exzessiver Anwendung des rationalen Systems werden wir einige Verhaltensweisen (z.B. Tausch „heiliger“ Gegenstände oder Personen gegen identische Kopien) niemals gänzlich loswerden. Auch wenn wir dies rational überwinden könnten, würden wir uns noch immer schlecht dabei fühlen, unsere Partner gegen Kopien einzutauschen. Und teilweise ist das vielleicht auch gut so. Es ist notwendig, den eigenen Aberglauben zu akzeptieren und dort zu bekämpfen, wo er Schaden anrichtet. Zur Akzeptanz gehört allerdings zunächst das Wissen um die eigene Anfälligkeit für übernatürliches Denken. Und hierfür empfiehlt sich die Lektüre von Bruce Hoods „SuperSense“ für alle, die der englischen Sprache mächtig sind.