Presseschau | 04.07.2010

Was glaubt der Bundespräsident?
Das weiß keiner so genau, am wenigsten Christian Wulff. Seit sechs Jahren flirtet er mit dem „Arbeitskreis Christlicher Publizisten“ (ACP) vom rechten Rand, er sitzt im Kuratorium von „Pro Christ“, wo Schwulenhass und Kreationismus verbreitet sind. Auf der anderen Seite ist der Katholik geschieden und er hat eine Protestantin geheiratet. Zwar ernannte er eine Muslimin namens Aygül Özkan zur Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen, aber sobald sie das Abhängen der Schulkreuze forderte, wie es das Bundesverfassungsgericht vorsieht, wurde sie von Wulff zurückgepfiffen.
In seinen Vorträgen spricht Christian Wulff sehr viel über Religion und er hat sogar die gespenstergläubigen Anthroposophen häufiger erwähnt als die 56% der Deuschen, die sich als säkulare Humanisten verstehen. Er fordert auf zur Rückbesinnung auf christliche Werte, doch wenn er versucht zu erklären, was das ist, gerät er auf einmal in pantheistische Schwärmerei. David Nauer vom Tages-Anzeiger drückt es milde aus: „Christian Wulff ist kein Intellektueller“. Gewiss nicht.
In einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ hat sich Daniel Dennett über den Glauben geäußert. Er glaubt, dass der Karikaturenstreit eine „Machtergreifung der radikalen Muslime“ war. Dennett: „Ich glaube, jede Zeitung, jedes Magazin, jede Nachrichtensendung hätte sofort diese Bilder zeigen sollen.“ Die Frage, warum so viele Menschen religiös sind, beantwortet er wie folgt: „Aus sehr ähnlichen Gründen, wie die, warum es so viele WM-Fans gibt. An vielen Orten der Welt ist Religion eine Möglichkeit, sozial zusammenzukommen.“ Auch über die Kuschelatheisten hat Dennett etwas zu sagen: „Diese Position ist manchmal sehr herablassend. Nach dem Motto: Ich bin aufgeklärt und benötige keine Religion, aber das ist nun einmal eine Art heiliger Mythos und wir müssen ihn erhalten, um die Massen mit Moral zu versorgen.“
AM