Presseschau | 05.02.2010

Die Welt am Abgrund

 

Internetsucht existiert nicht

Der Psychologe Vaughan Bell bestreitet die Existenz einer „Internetsucht“. Man könne nicht nach einem Kommunikationsmedium süchtig sein, schließlich spreche auch niemand von einer Sprach- oder Radiowellensucht. Eine Verhaltenssucht könne nur durch ein Verhalten ausgelöst werden, nicht durch ein Medium. Gewiss gebe es Menschen, die darunter leiden, dass sie zu viel Zeit im Internet verbringen, aber das heißt nicht, dass das Internet oder bestimmte Tätigkeiten darin (wie Onlinespiele) eine Sucht auslösen würden.

Die empirischen Belege zeigten vielmehr, dass extrovertierte Menschen das Internet für eine Ausweitung ihrer sozialen Vernetzung nutzten, während introvertierte Menschen sich mit Hilfe des Internets weiter abschotteten. Das Internet selbst löse aber diese Verhaltenstendenzen nicht aus, sondern könne allenfalls bei ihrer Auslebung behilflich sein und sie möglicherweise verstärken. Nachweisbar süchtig machten allerdings Online- (und sonstige) Glücksspiele, bei denen um Geld gezockt wird, also Poker und dergleichen.

Der Hauptgrund, warum Menschen Online-Computerspiele machen, besteht laut einer Studie dagegen in den Erfolgen, in der Freiheit und in der sozialen Verbundenheit, welche die Spiele ermöglichen. Also dann: Auf zu einer Runde World of WarCraft.

 

Antidepressivum gegen Schlaganfall

Gegen Depressionen scheinen Antidepressiva nicht viel zu helfen, nun hat sich jedoch gezeigt, dass sie dafür bei der Regeneration der geistigen Fähigkeiten nach einem Schlaganfall behilflich sind. Das Antidepressivum Escitalopram erhöhte bei Patienten die Konzentration von Serotonin im Gehirn und änderte außerdem die Hirnstruktur, sodass die mit dem Mittel Behandelten einen größeren Teil ihrer Denk-, Lern- und Erinnerungsfähigkeiten wieder erlangten als die Kontrollgruppen, die mit Psychoanalyse oder einem Placebo behandelt wurden.

 

Männer fühlen sich weniger schuldig als Frauen

Wahrscheinlich aufgrund unterschiedlicher Erziehung fühlen sich Frauen schneller und häufiger schuldig als Männer. Von ihnen wird mehr Einfühlungsvermögen erwartet und umso schuldiger fühlen sie sich, wenn sich andere schlecht fühlen. Zwischen 40 und 50 Jahren nähern sich Männer den Frauen in Punkto Schuldgefühle jedoch an.

 

Forscher beobachten Informationsaustausch im Gehirn

Mit Hilfe der Kryoelektronen-Tomografie haben Forscher erstmals 3D-Aufnahmen von Nervenzellen gemacht. Dabei wurde entdeckt, dass Informationen (Transmittermoleküle) in Umschläge, sogenannte Vesikel, eingepackt werden.

 

Gesichtsausdrücke helfen beim Verstehen

Liest man einen Schauerroman und macht dabei ein erschrockenes Gesicht, versteht man den Inhalt schneller. Zu den Emotionen passende Gesichtsausdrücke helfen bei der Kommunikation und bei der Informationsverarbeitung.

 

Seele raus, Meditationsunterricht rein?

In diesem Interview fordert der Philosoph Thomas Metzinger die betroffenen Geisteswissenschaftler auf, nicht mehr zu schmollen und die Erkenntnisse der Neurowissenschaften zu akzeptieren. Zu diesen gehört, dass es keine übernatürliche Seele gibt und das Ich eine Konstruktion des Gehirns ist. Er schlägt außerdem neue Schulfächer vor wie „Meditationsunterricht“ und „Medienhygiene“. Über den religiösen Glauben sagt er:

„Glauben ist nicht das Gegenteil von Wissenschaft, sondern das Gegenteil von Spiritualität und intellektueller Redlichkeit. Viele Leute meinen, wir verlieren unsere Würde durch die Hirnforschung. Ich glaube, seine Würde verliert man eher, wenn man sich etwas in die Tasche lügt oder sich vorsätzlich eine Wahnvorstellung aufbaut, etwas, das man glauben möchte, damit man vorübergehend schöne Gefühle hat.“