Presseschau | 05.02.2010

Die Welt am Abgrund

Keine Haftstrafe wegen Religion

In Punkto Religionsforschung war diese Woche nicht viel los, darum gibt es ersatzweise eine Runde Religionskritik:

Die Frau von Ex-Premierminister Tony Blair, Cherie Blair, arbeitet momentan als Richterin. Sie hat einem streng religiösen Muslim namens Shamso Miah laut dem Telegraph eine Haftstrafe erspart, weil er ein „religiöser Mensch“ sei. Miah hat einem Mann den Kiefer gebrochen, nachdem er sich mit ihm in einer Warteschlange der Llyods Bank gestritten hatte. Dem Telegraph zufolge sagte Blair zu Miah im Inner London Crown Court:

„Ich werde dieses Urteil für zwei Jahre aufheben, weil Sie eine religiöse Person sind und vorher nicht in Schwierigkeiten waren.“

Über den tätlichen Angriff sagte sie: „Sie sind ein religiöser Mensch und Sie wissen, dass dies kein akzeptables Verhalten ist.“

Der Telegraph und die Times veröffentlichten Beiträge, welche diese Entscheidung von Cherie Blair verteidigen. In dem Times-Beitrag wird auf die Moral von Gläubigen hingewiesen, die sie offenbar schon laut Definition haben sollen. Dann weisen wir einfach mal auf das 16-jährige Mädchen hin, das vor rund einem Monat in der Türkei lebendig begraben wurde, weil es mit Jungs gesprochen hatte. Gläubige sind so moralisch, da bleibt einem glatt die Luft weg.

Der Philosoph Daniel Dennett plädierte in einem Vortrag bei der Atheist Alliance International 2009 dafür, dem Status Quo entgegenzutreten, laut dem man Religion nicht kritisieren dürfe wie andere gesellschaftliche Bereiche, etwa Politik oder Kunst. Er erklärte auch, wie Theologen ihrem Glauben eine geheimnisvolle Aura verleihen. Nun sieht man, wohin das führen kann, wenn sogar Richter und einflussreiche Journalisten in der westlichen Welt meinen, Religion wäre Grund genug, einen Kriminellen nicht zu verurteilen.

 

1000 Rabbis gegen Homosexuelle

Rabbi Yehuda Levin, Sprecher der Rabbinical Alliance of America, hat Homosexuelle im US-Militär und Homosexualität allgemein als „spirituelle Ursache von Erdbeben“ identifiziert. Da der Großteil der Juden säkular ist, gelangen jüdische Fundamentalisten in der öffentlichen Wahrnehmung etwas in den Hintergrund (und auch zurecht, schließlich ist das Problem bei Muslimen und Christen viel ausgeprägter), aber die gibt es auch und immerhin 1000 davon befinden sich noch unter dem Niveau des evangelikalen Fernsehpredigers Pat Robertson, der einen angeblichen Teufelspakt für das Erdbeben in Haiti verantwortlich machte, siehe Richard Dawkins Beitrag zum Thema.

Erdbeben werden durch das Aneinanderreiben von Kontinentalplatten erzeugt. Schwule haben nichts damit zu tun. Allenfalls Elton John geht auf ihr Konto.

 

AM