Darwin bittet zu Tisch! | 09.03.2009

Warum gesundes Essen krank machen kann


Milch- und Müsli-Märchen

Wie sieht nach offiziellen Ernährungsrichtlinien eine gesunde Ernährung im 21. Jahrhundert aus? Wir sollten viele Vollkornprodukte, Milch, Obst und Gemüse, aber nur mäßig Fleisch, wenig Fette und Zucker zu uns nehmen (etwa ein Müsli als „gesundes Frühstück“). Dabei sollten wir (falls dies jemand im Alltag nachrechnet) ca. 53% Kohlenhydrate, 16% Protein und 31% Fett zu uns nehmen. Diese Vorgaben passen aber in vielerlei Hinsicht nicht zu unserm paläolithischen Erbe und zu unseren Vorlieben! Man kann sogar so weit gehen zu behaupten, dass diese Richtlinien nicht den natürlichen Bedürfnissen der Menschen entsprechen und damit letztlich die als „gesund“ propagierte Nahrung sogar krank machen kann. Warum ist das so? An vier Beispielen lassen sich die wichtigsten Punkte erklären:

1) Glutenhaltige Getreide (Weizen, Roggen, Hafer, Dinkel, Gerste) und Milch sind heute die breite Basis von Standard-Ernährungspyramiden, waren aber als Nahrungsquellen für Jäger und Sammler nahezu unbekannt. Glutenhaltige Getreide können massive Darmschäden verursachen, die als Zöliakie bekannt sind und jeden 200. Deutschen betreffen. Noch häufiger sind verzögerte Nahrungsmittelallergien, die hauptsächlich durch glutenhaltige Getreide (sowie Kuhmilch und Hühnerei) ausgelöst werden und etwa 30-40% der Bevölkerung mit verschieden stark ausgeprägten Magen-Darm-Beschwerden treffen.

Müsli Pixelio 124376 Harry Hautumm2) Auch Milch ist nicht problemlos für jeden verträglich, denn ursprünglich war der Zustand der Milchzucker-Unverträglichkeit verbreitet: Jäger und Sammler bildeten nur während der Stillzeit das Enzym Laktase, welches den Milchzucker spaltet und verdaulich macht. Nach Ende der Stillzeit wurde die Bildung der Laktase eingestellt, da sie nicht weiter benötigt wurde – andere Milchquellen als Muttermilch waren nicht vorhanden. Erst mit Beginn der Viehhaltung vor rund 8.000 Jahren breitete sich in Zentral- und Nordeuropa die Fähigkeit aus, die Laktase bis ins Erwachsenenalter aktiv zu halten, und so die Milch der Nutztiere verwenden zu können. Dass die meisten Menschen in Mitteleuropa inzwischen Milch vertragen, ist eines der sehr wenigen bekannten Beispiele einer genetischen Anpassung in den letzten 10.000 Jahren. Allerdings sind heute trotz überbordender Angebote an Milchprodukten noch immer ca. 15% der mitteleuropäischen Bevölkerung Milchzucker-intolerant – in anderen Ländern der Erde ist diese Unverträglichkeit noch weiter verbreitet, teilweise bis über 90%. Daher kann man übrigens das Märchen von der guten Milch als entscheidendem Kalzium-Lieferanten getrost beiseite legen – Menschen hatten und haben seit mehr als zwei Millionen Jahren auch ohne Milch äußerst belastbare Knochen, allerdings in Verbindung mit umfangreicher Bewegungsaktivität und einem deutlich höheren Gemüse-, Salat- und Fruchtanteil als in heutigen Industrienationen.

3) Die modernen Ernährungsgewohnheiten mit einem stark erhöhten Kohlenhydrat- und Fettgehalt im Vergleich zu paläolithischen Zeiten führen zu chronisch überhöhten Blutzucker- und Insulinspiegeln. Dies hat entscheidenden Einfluss auf den Zucker- und Fettstoffwechsel, die auf Dauer nachhaltig gestört werden. So kommt es zu Übergewicht, Zuckerkrankheit, Herz-Kreislauf-Beschwerden, chronischen Entzündungen und in Verbindung mit einem geschwächten Immunsystem auch zu Krebserkrankungen. Ein weiteres Beispiel für den negativen Einfluss großer Kohlenhydratmengen ist die Fruktose-Unverträglichkeit, die immer häufiger auftritt, da sehr vielen Lebensmitteln Fruchtzucker als Ersatzstoff für Kristallzucker beigesetzt wird (in Säften, Müsli, Marmelade, Müsliriegeln, Eis, Konserven, kalorienreduzierten Produkten, Sport-/Energiegetränken, aromatisiertem Wasser, etc.). Diese großen Fruktosemengen kann jeder Dritte derzeit schon nicht mehr abbauen und leidet dann oft an Blähungen und Durchfall.

Obst Hand4) Nahrungsmittelallergien belegen ebenfalls Schädigungen unseres Körpers durch neolithische Nahrungsbestandteile. Denn interessanterweise reagieren die meisten Allergiker kaum auf paläolithische Nahrungsquellen wie Fleisch, Salat, Gemüse, etc. jedoch überproportional häufig auf Proteine, die erst seit dem Beginn von Ackerbau und Viehzucht in großen Mengen verzehrt werden (Kuhmilch, Hühnerei, glutenhaltige Getreide) oder sogar erst vor wenigen Jahrhunderten aus anderen Regionen eingeführt wurden (z.B. die Erdnuss aus Südamerika).

In der Summe zeigt sich: bei weitem nicht alle Nahrungsmittel, die von offiziellen Stellen als „gesund“ propagiert werden (z.B. Milch und glutenhaltige Getreide), sind für jeden Menschen tatsächlich verträglich. Hinzu kommt, dass es individuell unterschiedliche Unverträglichkeiten gibt (z.B. eine Apfel- oder Erdnussallergie). Aktuelle Ernährungsrichtlinien berücksichtigen dies jedoch nicht.