Presseschau | 09.07.2009

Viele Dinge und noch mehr Dinge geschehen

Der Langsame Loris, niedlichstes Tier der Welt

Die Presseschau kann man inzwischen kaum mehr anständig betiteln, so voll waren die Medien diese Woche mit interessanten Berichten rund um die Evolution, die alle in die Überschrift aufgenommen werden möchten. Zunächst einmal sind wir Evoluzzer sehr wichtig, weil Bischöfe ständig über uns herziehen, Darwin kämpft derweil gegen Werwölfe, Nadelbäume hatten Glatzen, Sex schützt vor Parasiten, Koffein schützt vor Alzheimer und Steven Weinberg schützt vor Religion. Ida ist derweil total unwichtig. In den USA gibt es ein Kreationistenmuseum, das seine Besucher von der Evolution überzeugt. Bonus: Stammzellen-Sperma.

 

Wir sind verdammt wichtig

Selbst Bischöfe wie Gebhard Fürst haben gar nichts anderes mehr zu tun, als den „sich zunehmend aggressiv gebärdenden Atheismus“ der Giordano Bruno Stiftung zu bekämpfen und er nennt als Beispiel unsere diabolische Idee, einen christlichen Feiertag durch einen Evolutionstag zu ersetzen. Einerseits erkennt der Bischof die Evolution an, andererseits auch wieder nicht, nämlich dann, wenn sie die Grundlagen der menschlichen Moral erklärt und dabei zu solchen verruchten Schlussfolgerungen kommt wie jener, dass Atheisten auch eine davon haben. „Auf Fragen nach Sinn und Bedeutung der Weltentwicklung könnten und wollten die Naturwissenschaften keine Antworten geben“, betont er zudem. Keineswegs. Die Antwort der Naturwissenschaften lautet: Die Weltentwicklung hat keinen Sinn. Der Mensch erfindet Dinge wie „Sinn“.

Das Darwin-Jahr werde oft nur als Vehikel benutzt, um die atheistischen Thesen „auf offensiv werbende und teilweise auch auf subtil aggressive Art in die Gesellschaft hineinzutragen“, wird Fürst in dem Artikel zitiert. Was ist denn eine „subtil“ aggressive Art? Seit wann ist aggressives Verhalten „subtil“? Wieder etwas, das nur wir können, und daran erkennt man einmal mehr, wie supertoll wir sind. Eine aggressive „Destruktion alles Religiösen mit dem Instrumentar einer biologistischen Sprache“, wirft uns der Herr Bischof vor. Das ist so allgemein gehalten, dass es irgendwie gefährlich klingt, aber niemand so recht weiß, was es eigentlich heißen soll (vermutlich bezieht er sich auf die falsche Behauptung, Dawkins kritisiere die Religion vor allem auf Basis der Evolutionstheorie). Außerdem sind wir angeblich „missionarisch“, worin ich nur eine Selbstkritik der Kirche erkennen kann, die endlich einsieht, dass es schlecht ist, missionarisch zu sein. Oder gilt das etwa nur für andere?

Am Ende der Rede malt er wieder das Gespenst des Sozialdarwinismus an die Wand und sagt: „Ich bin überzeugt, dass die moralisch handelnde Persönlichkeit, das auf Ethos und Moral basierende Zusammenleben und die auf Ethos und Moral basierende Verantwortung ins Wanken geraten, wenn die Gottesfrage existenziell negativ beantwortet wird“.

Vertreter der katholischen Gegenaufklärung sagen schon seit Entstehung der Aufklärungsphilosophie im Frankreich des 18. Jahrhunderts, dass der Atheismus die Moral untergrabe. Die extreme Rechte unserer Zeit (das sind die Leute mit dem Sozialdarwinismus) entwickelte sich aus der katholischen Gegenaufklärung. Ich glaube, der Herr Bischof bringt da etwas durcheinander.