Presseschau | 06.03.2010

Mooney hat seine Seele verkauft
...und zwar an die Templeton-Stiftung. Die Wissenschaftsjournalisten Chris Mooney und Sheril Kirshenbaum, selbst Atheisten, betreiben den Blog The Intersection. In ihrem Buch Unscientific America machen sie die „Neuen Atheisten“ (Dawkins, Harris, Hitchens, etc.) für die Wissenschaftsfeindlichkeit in den USA verantwortlich.
Zwar ist der Neue Atheismus viel jünger als die seit Jahrzehnten unveränderte „Wissenschaftsfeindlichkeit“ – oder vielmehr Unwissenheit – breiter Bevölkerungsschichten, aber wer das Gegenteil behauptet, bekommt nicht nur Geld von Templeton, sondern er bekommt auch noch eine halbe Stunde Sendezeit als Moderator von Point of Inquiry, dem einflussreichen Podcast der großen säkular-humanistischen Organisation Center for Inquiry. Mooneys Thema dort: „Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit“. Wie kommt das? Weil die Neuen Atheisten selbst in den eigenen Reihen als Unheilsbringer dämonisiert und als Sündenböcke missbraucht werden.
Die USA ist Umfragen zufolge eigentlich nicht wissenschaftsfeindlich, sondern überaus wissenschaftsfreundlich. Das Problem besteht vielmehr darin, dass gläubige Amerikaner keinen Konflikt zwischen ihrem Glauben und der Wissenschaft erkennen können und im Zweifelsfall ihrem Glauben Vorrang geben würden.
Die Neuen Atheisten kommen hier ins Spiel, indem sie auf die Unvereinbarkeiten zwischen bestimmten religiösen Behauptungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden hinweisen. Oberflächlich betrachtet könnten sie damit die Zustimmung zur Wissenschaft untergraben. Aber das ist insofern ziemlich egal, weil viele Gläubige der Wissenschaft offenbar nur darum zustimmen, weil sie diese inhaltlich gar nicht verstehen. Sie bestätigen lediglich eine kulturelle Erwartungshaltung (die USA ist das einzige Land, das gezielt auf den Prinzipien der Aufklärung gegründet wurde und viele der Gründerväter waren praktizierende Wissenschaftler).
Die Templeton-Stiftung ist eine sehr wohlhabende Organisation, die Wissenschaftler und Journalisten finanziell fördert, wenn sie Wissenschaft und Glaube als vereinbar ausgeben. Chris Mooney bekommt von der Stiftung 15 000 Dollar, wenn er zwei Monate nach Cambridge geht und am Ende ein „Term Paper“ über das Thema schreibt. Es ist offenbar sehr einfach, in das Programm aufgenommen zu werden.
Im Prinzip ist das einfach Bestechung, wie Jerry Coyne betont. Es ist angesichts der hohen Anforderungen für Normalsterbliche äußerst schwierig, nach Cambridge zu kommen, aber wenn man die Wissenschaft nur genügend untergräbt und alte Dogmen lobpreist, bekommt man ein goldenes Ticket und 15 000 Dollar, plus hervorragende Karrierechancen im professionellen Heucheln. Mal sehen, wann es die Templeton-Lehre in die Schulbücher schafft – die Jungferngeburt Marias ist biologisch nämlich durchaus plausibel.
Aber warum ist das relevant? Weil man hier eine der Motivationen von bestimmten Wissenschaftlern erkennen kann, warum sie den Leuten im Fernsehen und anderswo erzählen, wie gut sich doch der Glaube an absurde Dogmen mit der kritischen Methode der Wissenschaft vereinbaren ließe: Entweder sie sind selbst gläubig, haben keine Ahnung, oder wollen Geld (lässt sich auch kombinieren).
AM