Rezension | 07.02.2011

The Biological Evolution of Religious Mind and Behaviour

Darwin-Jahr Bild

Religionen finden sich in nahezu allen Kulturen und zu allen Zeiten. So liegt es nahe, ihre Entstehung und ihren Status unter evolutiven Gesichtspunkten zu untersuchen: Sind sie das Ergebnis darwinischer Selektion? Wird Religiosität durch größeren Reproduktionserfolg belohnt? Gibt es so etwas wie ein „Religionsgen“? Das Buch mit insgesamt 19 Beiträgen aus den verschiedenen Disziplinen wie Philosophie, Psychologie, Humanethologie, Anthropologie, Neurologie und Biologie versucht, hier erste Antworten zu geben. Dies ist eigentlich nur folgerichtig – waren doch in den letzen Jahren und Jahrzehnten Themen wie Erkenntnistheorie, Ethik, Ästhetik unter dem Aspekt der Evolutionsbiologie untersucht worden. Religionen als ethologisch-kulturelle „Universalien“ standen noch nie auf diesem Prüfstand.

Wir sind sicherlich weit davon entfernt, zu dieser Frage eine abschließende Antwort geben zu könne, jedoch sind die in diesen Beiträgen gegebenen ersten Antworten sehr instruktiv und legen eine positive Beantwortung dieser Frage erst einmal nahe. Wie es der Klappentext formuliert, geben die verschiedenen analysierten Prozesse und ihr Zusammenwirken einen fundierten Einblick in die biologischen Wurzeln, den Nutzen und die Gefahren von Religionen. Dennoch- es können nur erste Antworten sein, da das Thema einfach noch zu wenig unter diesen Aspekten bearbeitet worden ist und auch methodische Fragen seiner Behandlung noch offen sind. So gibt es durchaus gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass Religiosität und Spiritualiät (vielleicht das, was in Umkehrung der Formulierung Max Webers als „religöse Musikalität“ bezeichnet werden könnte), ein genetisches Korrelat besitzt. Andere Daten aus der Neurologie und Soziologie stützen die Meinung, Religionen erfüllten ein menschliches Grundbedürfnis und ihre Entstehung und Erfolg sei das Ergebnis der Selektion.

Ein tief greifendes Problem ergibt sich natürlich bei einer positiven Beantwortung dieser Fragen: wenn Religion nicht weiterhin als ein Ergebnis göttlicher Intervention(en) betrachtet werden kann, durch was kann sie zum Wohle des Menschen ersetzt werden?

Nicht nur in diesem Sinne bieten die lesenwerten Beiträge dieses von dem Biophilosophen Eckart Voland (Gießen) und dem Ethologen Wulf Schiefenhövel (Andechs) herausgegebene Buch Stoff zum intensiven eigenen Nachdenken und zu einer notwendigen Diskussion auf einer breiten gesellschaftlichen Basis. Es bleibt zu hoffen, dass diese sehr fundamentale Diskussion nicht ausbleibt und von Seiten der verschiedenen Religionen nicht marginalisiert oder gar unterdrückt wird.

Eine Rezension von PD. Dr. Stefan Schneckenburger, Darmstadt zum Buch:

Voland, Eckart, Schiefenhövel, Wulf . (Hrsg.) (2009): The Biological Evolution of Religious Mind and Behaviour.-
340 S, Springer, Berlin
ISBN 3-642-00127-0
74.85 EUR

Auszüge des Buches sind auf der Seite des Verlags online lesbar unter:
http://www.springerlink.com/content/978-3-642-00127-7#section=115372&page=1