Presseschau | 27.03.2010

Der Templeton-Krieg

 


 

Der Templeton-Krieg

Die Templeton-Stiftung bezahlt Wissenschaftlern sehr viel Geld dafür, „um die Wissenschaft für ihren eingebildeten Freund zu verraten“, wie es Richard Dawkins in seinem Protestschreiben ausdrückt. Die National Academy of Sciences ist das US-amerikanische Pendant der britischen Royal Academy, also eine wissenschaftliche Organisation, die einen hohen Einfluss auf Gesellschaft und Politik hat. Die NAS hat nun ihre Räume der Templeton-Stiftung zur Verfügung gestellt, damit sie dort ihren Templeton-Preis für das Jahr 2010 verleihen konnte. Der Preis geht an Wissenschaftler, die behaupten, Religion und Wissenschaft wären vereinar. Templeton hat dies bereits bei der Royal Academy versucht, ist aber am Protest von Wissenschaftlern gescheitert. Diesmal war die Stiftung erfolgreich.

NAS-Präsident Ralph Cicerone hat den Gewinner des Preises sogar selbst nominiert, es handelt sich um Professor Francisco Ayala, ein Genetiker. Dieser warf Richard Dawkins als Reaktion auf seinen Protestbrief „atheistischen Fundamentalismus“ vor. Ayala glaubt, dass Wissenschaft und Religion unterschiedliche Bereiche abdecken würden und dass sie sich nicht widersprechen würden, solange keine Disziplin ihre Grenzen überschreite („NOMA“).

Die Nominierung durch die NAS kam sehr überraschend. Erst jetzt gibt es darum Protest von Wissenschaftlern, wie etwa dem letztjährigen Nobelpreisträger Jack Szostak, der den Nobelpreis (der übrigens mit einem geringeren Preisgeld verbunden ist als der Templeton-Preis) für seine Erforschung der Telomerase gewonnen hat. In seinem Protestschreiben bemerkt Szostak: „Wir sind keine religiöse Organisation – wir stellen Fragen und suchen die Antworten in den Belegen. In einem Land, das von Ignoranz und Aberglauben heimgesucht wird, sollte die NAS ein Leuchtturm des kohärenten rationalen Denkens und des skeptischen Hinterfragens sein. Wenn die Wissenschaft, wie es George Ellery Hale ausdrückte, unser Führer zur Wahrheit ist, dann ist Religion eindeutig inkompatibel mit Wissenschaft […]“.

Auch der Nobelpreisträger in Chemie, Harold Kroto, kritisierte die Preisverleihung in einem Brief an Cicerone: „Ich bin, wie einige andere Wissenschaftler, sehr beunruhigt über die Templeton-Stiftung und die Verbindung der NAS mit ihr“.

Der Biologe P.Z. Myers vergleicht die Preisverleihung mit einer Akzeptanz der Astrologie durch die NAS: „Stellen Sie sich eine wohlhabende Astrologieorganisation vor, die einen Preis ins Leben ruft und mit diesem einen schönen Batzen Geld an den Wissenschaftler überreicht, der am besten die Wahrheit der Astrologie bestätigt hat; alles als Teil einer Kampagne, um der Behauptung ein bisschen Glaubwürdigkeit zu verleihen, dass die Lage der Sterne zum Zeitpunkt Ihrer Geburt Ihr Schicksal beeinflusst hat. Astrologen möchten gewiss so tun, als ob sie wissenschaftlich vorgingen, also ist es genau die Art von Sache, die sie am liebsten tun würden; ihr einziges Problem besteht darin, dass sie echte Wissenschaftler auslachen würden und dass sie gewiss keine Unterstützung durch irgendeine große Wissenschaftsorganisation bekämen.“

„Also warum unterstützt die National Academy of Sciences eine Organisation, die behauptet, Wissenschaft und Aberglauben zu vereinbaren?“