Darwin bittet zu Tisch! | 03.02.2009

Teil 2: Warum wir Hamburger und Pommes lieben

Sabine Paul klärt auf: Wie kann man sich gesund und genussvoll zugleich ernähren?

Fastfood

Gut vier Millionen Mal am Tag in Deutschland: Die bloßen Hände greifen mit Wonne zu – und mit einem herzhaften Biss in den Hamburger wird locker und unkompliziert gespeist. Können sich tatsächlich so viele begeisterte Besucher der Fastfood-Ketten irren?

 

 

 

Der Frust der Ernährungspäpste

Die Faszination für Fastfood ist trotz unzähliger Programme für gesunde Ernährung ungebrochen – und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung stellt nach mehr als 50 Jahren Aufklärungsarbeit frustriert fest, dass ihre Appelle und Anstrengungen nicht fruchten: (Nicht nur) die Deutschen essen nach ihrer Einschätzung zu fett und salzig, zu wenig Obst und Gemüse. Die Anzahl Übergewichtiger und Fettleibiger nimmt zu. Die Deutschen sind zurzeit sogar die Dicksten in Europa. Der Diätbuch-Markt boomt, allerdings weniger mit Erfolg bei den Käufern als bei den Autoren, denn die Erfolgsquoten von Diäten liegen unter 15%. Allen guten Vorsätzen zum Trotz kommen Menschen offensichtlich kaum gegen bestimmte Nahrungspräferenzen an. Haben wir also allen Grund zur Verzweiflung? Die Antwort ist ganz klar: Nein - wenn man die Evolutionsbiologie kennt und anwendet.

 

Paläolithische Vorlieben

Zeitsprung: Heute vor ca. 1-2 Millionen Jahren in der Altsteinzeit (Paläolithikum). Unsere Vorfahren sind erfolgreich als Jäger und Sammler unterwegs. Im Lauf von hunderttausenden von Jahren bilden sie ein immer größeres Hirnvolumen aus – der Energiebedarf steigt, denn das Gehirn verbraucht am meisten Energie von allen Organen: ca. 20-30%. Überlebensvorteile haben diejenigen, die besonders energiereiche Nahrungsquellen finden. Unter den Nährstoffen ist Fett der energiereichste, mit mehr als doppelt soviel Energie als Proteine und Kohlenhydrate. Daher bildet sich eine Vorliebe für fettreiche Mahlzeiten heraus. Zusätzlich sind aber auch Nahrungsquellen gefragt, die schnell Energie zur Verfügung stellen können – und das sind vor allem die einfachen Kohlenhydrate wie Traubenzucker. Sie können im Stoffwechsel sofort zur Energiegewinnung genutzt werden. Daher bildet sich bei unseren Vorfahren auch die Geschmackspräferenz für schnelle Energielieferanten heraus. Außerdem erhitzen die Jäger und Sammler seit mindestens 800.000 Jahren (vermutlich sogar seit 1,8 Millionen Jahren) ihre Nahrung. Dadurch erschließen sie sich neue Nahrungsquellen, die roh nur schwer verdaulich oder giftig wären. Als „Nahrung fürs Gehirn“ werden also vor allem fettreiche und kohlenhydrat-/zuckerreiche Nahrungsmittel gesucht und bevorzugt, ebenso erhitzte Nahrung. Allerdings war dieses Ernährungsprogramm unter ganz bestimmten Umweltbedingungen erfolgreich: Die Lebensweise der Jäger- und Sammler war von Bewegungsaktivität und körperlicher Anstrengung geprägt. Analysen der altsteinzeitlichen Skelette ergaben, dass der Körperbau etwa heutigen Profisportlern entsprach. Der Energiebedarf war also nicht nur aufgrund des zunehmenden Gehirnvolumens und der großen Muskelmasse sehr hoch, sondern auch aufgrund der Lebensweise. Im Lauf von etwa zwei Millionen Jahren passten sich der Körperbau und der Stoffwechsel best möglich an diese Umwelt an, die entsprechenden Merkmale und Präferenzen wurden genetisch fixiert.