Hirnforschung | 04.09.2010

Stimmungskanonen im Gehirn

 

Werde, der Du bist! © morguefile.comEthische Einstellungen im Konflikt

Tatsächlich prallen bei solchen ethischen Fragen immer wieder zwei Typen von Einstellungen aufeinander, die sich zwar nicht notwendig wechselseitig ausschließen müssen, aber doch häufig in Opposition zueinander stehen:

 

• Der ersten Einstellung zufolge sind Leben, Intelligenz und viele andere Eigenschaften eine Art Geschenk und Wert an sich (was nicht voraussetzt, dass es einen Schenkenden geben muss, etwa Gott, aber damit vereinbar ist); dies zu vergessen oder zu ignorieren ist falsch oder unnatürlich, und daher wäre es am besten, alles (oder nur das Gute?) so zu lassen, wie es ist, auch um der Diversität willen und um andere nicht in Bedrängnis zu bringen, auf die sich eigene Entscheidungen eben auch auswirken können.

• Der zweiten Einstellung zufolge sind wir zur Kreativität nicht nur fähig, sondern auch verpflichtet, um uns und die Welt zu verändern und zu verbessern, womöglich sogar, um zu werden, was wir sind (so eine scheinbar paradoxe Formulierung des Philosophen Friedrich Nietzsche). Solche Interventionen sind nicht per se unnatürlich – die Erfindung der Medizin etwa ist letztlich eine der Natur. Und der Mensch war schon immer ein Veränderer, der ständig seine Möglichkeiten erweitert – vom Faustkeil bis zur Mondrakete.

 

Welche der beiden Einstellungen angebracht ist, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt vom Einzelfall und seinen Folgen ab. Neue Erkenntnisse und Techniken zwingen freilich immer wieder zu einer Entscheidung. Und sie werfen im Licht dieser Einstellungen neue Fragen auf, zum Beispiel: Worin besteht eine genuine, authentische und nicht nur falsche, aufgesetzte Weiterentwicklung (also kein bloßes Exempel für die "Fassadenrealität" und "Renoviersucht des Daseins", wie es der Schriftsteller Robert Musil einmal genannt hat)?

Eine Antwort hängt wiederum von Werten und Entscheidungen ab, etwa von der zu Engagement oder Effizienz, und das bestimmt beispielsweise auch die Akzeptanz oder Nichtakzeptanz bestimmter Mittel.