Mythologie | 19.12.2008

Schöpfungsmythen

„Ein Mythos ist eine sakrale Erzählung, die erklärt, wie die Welt und die Menschheit in ihrer gegenwärtigen Form entstanden sind. Der Mythos ist eine Gattung unter mehreren hundert Gattungen der Folklore.“ Alan Dundes in „Holy Writ as Oral Lit“

Teach the Controvery (http://controversy.wearscience.com)

Der Mensch ist, wie Terry Pratchett es ausdrückt, „Pan Narrans“ – der geschichtenerzählende Affe. Wir erzählen die ganze Zeit über Geschichten und wir neigen stark zu der Annahme, dass uns auch das Universum eine Geschichte erzählen möchte. Mit uns als Hauptcharakter, versteht sich.

 

 

 

Susannes alltägliches Abenteuer

Selbst triviale Begebenheiten gießen wir in die Gussform einer Geschichte. Ein Beispiel: Susanne kommt von der Arbeit und erzählt ihrem Mann wie der Tag war. Sie präsentiert keine Statistik, keine Zahlenbeispiele, keine Funktionsgraphen. Sie fängt auch nicht in der Mitte an und hört am Anfang auf. Nein, sie erzählt eine Geschichte: „Heute früh finde ich die Wagenschlüssel nicht, dann ist Stau auf der Autobahn und, obwohl ich noch rechtzeitig komme, sagt mir dieser blöde Chef, dass ich mir das nicht noch einmal erlauben kann. Ist das zu glauben? Als ich abends noch die Kinder abhole und Tina ihre Tasche im Klassenzimmer vergessen hat, wäre ich beinahe ausgerastet...“

Eine Geschichte wird in chronologischer Reihenfolge erzählt, unter Umständen mit Rückblenden und Vorausschauen, die ebenfalls wieder der Reihe nach erzählt werden. Susanne geht von zu Hause weg, kommt zur Arbeit und holt die Kinder ab. Einleitung, Hauptteil, Schluss. Außerdem erzählt sie etwas Interessantes, Außergewöhnliches, das es wert ist, erzählt zu werden: Schlüssel nicht gefunden, Stau, Ärger vom Chef, Tasche vergessen. Sie hätte auch in allen Details ihr Warten im Auto beschreiben können – was für ihren Mann aber sehr langweilig gewesen wäre.

 

Affentheater

Wo kommt Darwin hier ins Spiel? Ganz einfach: Die Evolutionstheorie ist keine Geschichte. Sobald man versucht, sie wie eine Geschichte zu erzählen, wird sie missverständlich oder gar falsch. Ein Beispiel: Auf einem Ast sitzt ein Affe und sieht sich die Umgebung an. Savanne breitet sich vor seinen Augen aus. Das bedeutet hohes Gras. Er fragt sich, was in dem Gras wohl drin sein könnte und springt vom Baum. Er geht hinein und sucht etwas Essbares. Um seine Lage zu überblicken, richtet er sich auf. Nun hat der den vollen Überblick und das erste, was er sieht, ist ein Säbelzahntiger. Als aufrechter Affe verfügt er weder über spitze Zähne noch lange Klauen. Zur Verteidigung gibt es hier nur Steine und Holz. Genau: Er lässt sein Gehirn größer werden, um schlau genug zu sein für die Herstellung von Waffen! Er baut sich endlich einen Speer und ersticht den Säbelzahntiger. 

Derartige Geschichten findet man in einigen populärwissenschaftlichen Darstellungen der Evolution. Leider sind sie „Lügen für Kinder“, wie Terry Pratchett es nennt. Sie sind so stark vereinfacht, dass sie falsch sind. Es war nicht die ganze Zeit derselbe Affe. Auch entschied er sich keineswegs für ein größeres Gehirn. Genausowenig richtete er sich einfach so auf. Zu allem Überfluss ist diese Theorie vom hohen Gras nur eine von vielen, die zu erklären versuchen, warum der Mensch aufrecht läuft – wenn auch die plausibelste.