Meeresbewohner | 11.01.2010

Phönix aus der Flasche

Taucher in der Flasche (Foto: IKAN)

Er ist ein Symbol der Auferstehung und Unsterblichkeit: Phönix, das sagenhafte vogelähnliche Fabelwesen der Antike, dessen Lebensdauer 972 Menschenalter betrug. Wenn es sein Ende nahen fühlte, verbrannte es sich der Legende zufolge, und aus der Asche entstand ein neuer Phönix. Heute pflegen wir zu sagen, dass nach einem Zusammenbruch sich neuerstehendes Leben erhebt wie „Phönix aus der Asche“. Ob das auch für die Unterwasserwelt gilt?

Von Helmut Debelius

 

Zwar ist es noch nicht so weit, dass der marine Lebensraum zusammenbricht, aber dank der menschlichen Aktivitäten gibt es Anzeichen und Spuren dafür. Selbst an den entferntesten Plätzen der Erde, die oft nur mit großem Aufwand von Expeditionscharakter erreichbar sind, findet man Hinterlassenschaften des Menschen, und das gilt auch unter Wasser. Um deutlicher zu werden: Das Meer ist als Mülldeponie entdeckt. Flaschen und Getränkedosen begegnet man als Taucher immer wieder, sei es an einem belebten Ankerplatz im Roten Meer oder unter einem Jetty an der Südküste Australiens. Da helfen leider keine Appelle an die Vernunft, wie ich erst Weihnachten 1995 auf den Malediven erleben konnte.

Während der Woche auf dem Liveaboard waren sich die aus mehreren europäischen Ländern zusammengewürfelten Taucher einig, organische und nicht organischen Abfälle zu trennen: also Essensreste ruhig über Bord, aber Coladosen und Ähnliches in die dafür vorgesehenen Plastiksäcke. Bis einer der Taucher morgens berichtete, dass er beim nächtlichen Pinkeln zusehen konnte, wie die Crew die Dosen einfach ins Meer warf. Durchaus der Tatsache bewusst, nicht den europäischen Oberlehrer herauskehren zu müssen, wurde der Skipper darauf angesprochen und sagte Besserung zu. Zum Abschluss der Reise war ein Barbeque auf einer unbewohnten Insel angesagt. Die Crew hatte sich wirklich Mühe gegeben, ein Fest vorzubereiten und sogar den Strand „garniert“. Bekanntlich darf auf maledivischen Touristenschiffen kein Alkohol ausgeschenkt werden, und so wurde uns Limo und Cola in Dosen angeboten, sogar richtig schön gekühlt. Das Essen war sehr lecker und beim Tänzchen ums Lagerfeuer bekam man zusätzlich Durst. Wir legten die leeren Getränkedosen gezielt in einen Plastiksack zurück.

Ich nutze den milden Abend und wandere den Strand entlang, um mit meiner Lampe Schlammspringer und all die anderen Gezeitenbewohner zu beobachten, die man tagsüber nicht sieht. Irgendwie huscht der Scheinwerfer dann aufs Meer hinaus und ich traue meinen Augen nicht: Auf der Oberfläche schwimmen jede Menge leere Getränkedosen. Ich kann einen Schrei der Verärgerung nicht unterdrücken! Was war geschehen? Als Getränkenachschub notwendig war, nahm ein Malediver den Plastiksack mit den leeren Dosen mit auf das Dhingi, um ihn auf dem Liveaboard zu entsorgen. Versehentlich ist ihm der zugeknotete Sack dann umgefallen und die Dosen ins Meer gepurzelt ...