Presseschau | 06.10.2010

Nicht schon wieder eine Presseschau

 

Hütet euch vor falschen Propheten

Neben anderen Soziologen argumentieren vor allem Richard Wilkinson und Kate Pickett in ihrem Buch „The Spirit Level“, dass Einkommensungleichheit nicht nur den Ärmsten in der Gesellschaft schadet, sondern allen. Angeblich leiden Gesellschaften mit hoher Einkommensungleichheit unter hoher Kindersterblichkeit, hoher Kriminalität, hohen Teenagerschwangerschaften, geringerer Lebenserwartung und weiteren nachteiligen Faktoren.

Der Soziologe Peter Saunders argumentiert in dieser Arbeit, dass die Einkommensungleichheit nicht die Ursache ist von diversen Gesellschaftskrankheiten und dass meistens nicht einmal die starken Korrelationen, die Wilkinson und Pickett anführen, einer Überprüfung standhalten. Zum Beispiel gibt es nur im Falle der USA einen Zusammenhang zwischen hohen Mordraten und hoher Einkommensungleichheit, was, wie Saunders vermutet, vielleicht eher an den Waffengesetzen liegen könnte. Der Zusammenhang zwischen geringer Einkommensungleichheit und hoher Lebenserwartung lässt sich nur in Japan feststellen und könnte ebenso an der Ernährung der Japaner liegen oder an genetischen Faktoren.

Zudem kann man sehen, dass sich viele der Zusammenhänge nur bei skandinavischen Ländern im Vergleich zu angelsächsischen Kulturen aufzeigen lassen. Obendrein sind einige Gesellschaftskrankheiten in Ländern mit geringeren Einkommensungleichheiten weiter verbreitet, darunter Selbstmord und Alkoholmissbrauch. Derweil sind die Länder, in denen sich die Lebenserwartung und die Kindersterblichkeit am meisten verbessert haben, zugleich diejenigen, in denen die Einkommensungleichheit in den letzten 30 Jahren am stärksten angestiegen ist.

Statt der Einkommensungleichheit sieht Saunders historische und kulturelle Faktoren als die Ursachen für Gesellschaftskrankheiten an. Demnach ließen sich die Lebensbedingungen nicht einfach durch eine bestimmte Sozialpolitik grundlegend verbessern.

 

Actionspiele steigern Rechenpower des Gehirns

Eine neue Studie von Wissenschaftlern der Universität von Rochester hat gezeigt, dass Versuchspersonen, die gerade ein Action-Videospiel (z.B. ein „Killerspiel“) gespielt haben, schneller Entscheidungen treffen können, dabei allerdings genauso treffsicher wie jene, die keine Action-Videospiele gezockt haben. Es war jedoch eine Kurzzeit-Studie und man fragt sich, ob die Entscheidungsgeschwindigkeit durch Actionspiele auch auf lange Zeit erhöht werden kann. Wenn ja, würde es sich für Chirurgen, Feuerwehrmänner und andere Berufsgruppen, die schnell Entscheidungen treffen müssen, vielleicht empfehlen, eine Runde Left for Dead 2 täglich einzunehmen.

 

Das Harris-Paket

Sam Harris neues Buch „The Moral Landscape“ ist gerade erschienen und darum gibt es allerlei Vorschaumaterialien im Netz.

 

1. Kann es eine Wissenschaft von Gut und Böse geben?

In seinem Buch (siehe unsere Beiträge dazu) behauptet Harris, dass der naturalistische Fehlschluss eigentlich keiner ist: Man kann Sollen vom Sein ableiten und es gibt eine objektiv begründbare Ethik. Mit seinen eigenen Worten:

„Die Frage, wie Menschen im 21. Jahrhundert leben sollten, hat viele rivalisierende Antworten – und die meisten davon sind mit Sicherheit falsch. Nur ein rationales Verständnis des menschlichen Wohlbefindens wird Milliarden in die Lage versetzen, in Frieden miteinander zu leben, konvergierend in den selben sozialen, politischen, ökonomischen und ökologischen Zielen. Eine Wissenschaft des menschlichen Gedeihens mag uns weit entfernt scheinen, aber um sie zu erreichen, müssen wir zunächst anerkennen, dass dieses intellektuelle Terrain überhaupt existiert.“

 

2. Videos

Sam Harris war Gast bei der „Daily Show“, ein amerikanisches Comedy-Nachrichtenmagazin. Die Aufzeichnung kann man sich hier ansehen. Außerdem hat er mit seinem Verlag zwei Videos gedreht, um das Buch vorzustellen: