Presseschau | 06.10.2010
Der schnellste Weg zum Glauben
„Mami, wo muss ich mir auf den Kopf hauen, um religiös zu werden?“ Irgendwann stellt jedes Kind, das in einer gesunden Umgebung aufgewachsen ist, diese Frage. Anstatt sich verlegene Ausflüchte auszudenken, können Sie nun dank des exorbitanten Evo-Magazins diese Frage beantworten!
Wie neuropsychologische Studien mit Patienten ergeben haben, die an Gehirnschäden litten, lautet die Antwort: „Meine liebe Susie, wenn du religiöse Erfahrungen machen möchtest, dann musst du nichts weiter tun, als deinen rechten Scheitellappen zu beschädigen oder ihn mit Hilfe von Meditation auszuschalten!“ Vergessen Sie nicht, Ihre Tochter unbedingt "Susie" zu nennen, auch wenn sie gar nicht so heißt.
Tibetanische Mönche, die sich in tiefster Meditation befinden, können Gehirnscans zufolge ihren rechten Scheitellappen vorübergehend deaktivieren. Dieser ist zuständig für die Selbstwahrnehmung im Verhältnis zu anderen Objekten im Raum, Bewusstsein über das eigene Selbst, wie es andere in sozialen Situationen wahrnehmen und für die Fähigkeit, die eigenen Stärken und Schwächen kritisch zu bewerten. Schäden an der rechten Hemisphäre führen zu einer Reduzierung der Fähigkeit des Selbst, in der unmittelbaren Umgebung und Zeit zu funktionieren und sich als Körper im Raum wahrzunehmen. Die Erfahrungen, die man bei Abschaltung und bei einem Defekt dieser Hirnregion macht, werden in einer entsprechenden Kultur tendenziell religiös gedeutet.
Die meisten religiösen Menschen haben natürlich keinen Gehirnschaden, sondern sie gehen nur in die Kirche, weil sie dort Kinderlieder singen können, ohne sich dafür schämen zu müssen.
Quelle: Rees, Tom: The Atheist Spot. Free Inquiry 30/6. S. 44.
In der Regel sind die ärmsten Länder die gläubigsten. In Bangladesch und Niger ist praktisch jeder religiös; in Jemen, Indonesien, Malawi und anderen sehr armen Ländern sind es rund 99%. Tendenziell lässt sich Religiosität tatsächlich am Pro-Kopf-Einkommen messen. Bei Nationen mit einem Einkommen von 0-2000 US-Dollar sind 95% gläubig und bei Nationen mit einem Pro-Kopf-Einkommen über 25 000 US-Dollar sind es nur 47%. Die Religiosität steigt mit der persönlichen Anspannung und die ist in armen Ländern höher. Wir schalten dabei um auf eine besonders empfindliche Mustererkennung und ziehen schneller instinktive Schlüsse. Das Ergebnis ist, dass man ein Gesicht in den Wolken mehr sieht, als da ist.
Im Grunde ist diese Religions-Sache einigermaßen geklärt. Die armen Länder müssen nur reicher werden und damit steigt die Wahrscheinlichkeit rapide an, dass sie weniger religös werden. Natürlich gibt es Ausnahmen wie Estland und Russland, die ehemaligen Sowjet-Länder. Die sind relativ arm, aber trotzdem kaum religiös. Auf der anderen Seite gibt es die Vereinigten Staaten, die reich sind, aber sehr religiös. Hier spielen kulturelle Faktoren eine wichtige Rolle. Allerdings kann man feststellen, dass die Religion in den USA meist eine erheblich zivilisierte Form annimmt, als die extremen Fundamentalismen, die sich gerade in der Dritten Welt ausbreiten.
AM