Veranstaltungsbericht | 26.06.2010

Menschenaffen wie wir

 

Kultur der Affen

Affe in romantischer Stimmung, morguefile.comUnter Menschenaffen gibt es diverse kulturelle Unterschiede. Beispielsweise hängen ihre Rufe von der Region ab, in der sie leben. Schimpansen benutzen zum Angeln von Treiberameisen zwei unterschiedliche Stöcke: Einen zum Ausgraben der Ameisen und einen anderen, um sie herauszuholen und zu essen.

Nun gibt es zwei unterschiedliche Techniken, wie die Ameisen gegessen werden: Entweder mit der Zunge direkt vom Stock oder sie werden erst mit der Hand abgestrichen und dann aus der Hand gegessen. Welche Methode bevorzugt wird, ist eine Frage des Kulturraums, in welchem die Tiere leben. Auch von diesem hängt es ab, ob Schimpansen Termiten oder Ameisen essen. Auch wenn beide Nahrungsquellen verfügbar sind, beschränken sich die allermeisten Schimpansengruppen auf nur eine davon. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Nahrungstabus zur sozialen Abgrenzung, wie wir sie auch bei Menschen beobachten (Europäer essen keine Hunde, Chinesen schon, etc.). Später erwähnt Sommer, dass die Religion besonders gut zur sozialen Abgrenzung geeignet sei, weil ihre Rituale schwer zu kopieren wären.

Ein weiterer kultureller Unterschied ist die Art und Weise, wie Schimpansen ihre Partnerinnen zum Sex einladen. Dies funktioniert in einer Kultur durch das Klopfen auf Holz, in einer anderen durch das langsame Abreißen von Blättern. Volker Sommer betont, dass es kein objektives Kriterium zur Unterscheidung von Tier und Mensch gebe. Diese Aussage demonstriert er anhand eines Videos von Forscherkollegen, die ohne Hilfsmittel nach Ameisen graben. Bei Affen ist es so, dass die Weibchen die Männchen anfeuern, sich die Ameisen zu holen, denn da die Ameisen zwicken, benötigen die Männchen dafür eine zusätzliche Motivation. Ebenso sehen wir, wie eine Anthropologin ihren Kollegen anfeuert, die Ameisen auszugraben. Volker Sommer geht davon aus, dass es sich um sexuelle Zuchtwahl handelt: Die Männchen demonstrieren ihre Stärke, um den Affendamen / Anthropologinnen zu gefallen.

 

Homo paniscus

Wer möchte die foltern?

Am Ende spricht sich Volker Sommer für eine Gattungserweiterung aus. Er betont die minimalen genetischen Unterschiede zwischen Menschen und Schimpansen, die zu 99,6% identische Gene haben. Frauen und Männer unterscheiden sich dagegen in vier Prozent ihrer Gene. (Anm.: Allerdings dürften die Unterschiede zwischen Schimpansen und Menschen trotzdem größer sein als die Unterschiede zwischen Männern und Frauen, insofern könnte man Bedenken anmelden an dieser Argumentation.)

Laut Sommer wäre es angemessen, statt von „Pan“ eher von „Homo“ zu sprechen, also den Schimpansen in Homo troglodytes und Bonobos in Homo paniscus umzubenennen. Konsequenterweise müsse man Menschenaffen basale Rechte zusprechen, wofür sich das „Great Ape Project“ einsetzt. Wie man die „Gemeinschaft der Gleichen“ historisch um farbige Menschen erweitert hat, so müsse man sie nun um Menschenaffen erweitern. Ihnen sollten Rechte auf Leben und Heimat zugestanden werden, außerdem solle man die Folter von Menschenaffen verbieten.

Seine Erkenntnisse über Menschenaffen haben für Volker Sommer Auswirkungen auf seine Weltanschauung gehabt, die er „Evolutionärer Humanismus“ nennt. Affen verfügen über ein Bewusstsein, über einen freien Willen (im selben Sinne, wie der Mensch, also vielleicht auch nicht), sie haben keine Seele und es gibt kein Leben nach dem Tod. Stattdessen seien wir alle „seelenlose Automaten“. Am Ende zeigt Sommer ein Bild mit einer Kollektion seiner philosophischen Positionen (Monismus, Materialismus, etc.).