Veranstaltungsbericht | 26.06.2010

Menschenaffen wie wir

 

Tierethik

Peter Singers Animal LiberationLeider waren die Ausführungen von Sommer über Tierethik in der anschließenden Diskussion nicht durchgehend überzeugend. Er sagte zum Beispiel, dass die Grenze für Tierrechte völlig willkürlich sei, alle Werte wären verhandelbar und es könnte gebensogut eine Lobby für Ameisenrechte geben wie für Schimpansenrechte. Er trete nur darum für die Rechte von Menschenaffen ein, weil ihm das besonders am Herzen liege.

Ein Student fragte, ob wir auch Affen der menschlichen Gesetzgebung unterwerfen müssten, sie zum Beispiel für Vergehen einsperren sollten. Volker Sommer ließ die Frage relativ offen und meinte, das wäre diskussionswürdig.

Affenkulturen haben allerdings ihre eigene "Gesetzgebung", möchte man anmerken, und kümmern sich um ihre eigenen Angelegenheiten. „Menschenrechte für Menschenaffen“ ist eine Forderung, die sich ausschließlich auf die Interaktion zwischen Menschen und Affen bezieht. Mit anderen Worten: Es geht nur darum, was wir tun sollen, Widerspricht Peter Singerwenn wir auf Affen treffen. Es geht nicht darum, was Affen unter sich tun sollen.

Natürlich gibt es sehr gute Gründe, Ameisen keine Rechte zuzusprechen und Menschenaffen eher schon (obgleich zum Beispiel Norbert Hoerster, ebenfalls GBS-Beiratsmitglied, Tierrechte ablehnt und stattdessen für einen eingeschränkten Tierschutz argumentiert). Peter Singer, der Initiator des Great Ape Project, zieht das Kriterium der Leidensfähigkeit zu Rate: Menschenaffen sind Personen und als solche in hohem Grade leidensfähig. Ameisen sind eher mit simplen Maschinen vergleichbar.

 

Rezeption

Ansammlung um den Büchertisch, Foto AMNach der Veranstaltung habe ich mich unter den anderen Studenten ein bisschen umgehört, wie ihnen der Vortrag gefallen hat. Inhaltlich hatten sie damit kein sonderliches Problem, aber sie waren etwas perplex wegen dem „predigerhaften Vortragsstil“. Volker Sommer hat viel mit Rhetorik gearbeitet und er hat seine persönliche Weltanschauung mehrmals betont, was für akademische Vorträge ungewöhnlich ist. Die Studenten schoben das auf Volkers Lehrtätigkeit in den USA, wobei er aber gar nicht dort tätig ist, sondern am University College in London. Ich würde den populären Stil eher darin begründet sehen, dass es eben kein akademischer Vortrag war, sondern ein Vortrag, den Volker Sommer vor unterschiedlichstem Publikum hält und der insofern überall halbwegs passen muss.

Aber man könnte in der Tat kritisch anmerken, dass der Zusammenhang des Themas mit Sommers philosophischen Positionen etwa zu lose war. Er hätte genauer erklären müssen, was Atheismus und Materialismus, etc. mit den Menschenaffen zu tun haben und zudem, was einige seiner Positionen (wie Nominalismus) überhaupt bedeuten. So hängt das etwas in der Luft und einige Studenten gewannen den Eindruck, man wolle sie „missionieren“.

Auch die Frontalwerbung für die Giordano Bruno Stiftung war vielleicht etwas zu aufdringlich, so sehr man sich generell darüber freut. Aber die eigentliche Botschaft ist auf jeden Fall rübergekommen und Sommer konnte großes Interesse für Tierethik auslösen, was sicherlich wichtiger ist als die Kritikpunkte im Detail.

AM