Rezension | 07.07.2011

Lügen mit Zahlen

Darwin-Jahr Bild

Das Thema Statistik ist für die meisten Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Das gilt dabei nicht nur für „Ottonomalverbraucher“ sondern auch für viele Akademiker. Dabei gibt es kaum eine wissenschaftliche Disziplin, die ohne das Rüstzeug der Statistik auskommt. Ob Biologie, Volkswirtschaftslehre, Politikwissenschaft, Soziologie oder Psychologie, ohne dieses handwerkliche Rüstzeug ist die moderne Wissenschaft nicht mehr denkbar.  Dennoch wird das Thema an vielen Universitäten immer noch stiefmütterlich behandelt. Tatsächlich verlassen die meisten Studierenden ihre Ausbildungstätten ohne ein echtes Verständnis von statistischen Methoden und vor allem ohne Verständnis für ein kritisches Hinterfragen von scheinbaren statistischen Zusammenhängen.

Dies gilt aber längst nicht nur für die Studierenden, es gilt vor allem auch für Journalisten. Tagtäglich demonstrieren einige Vertreter des „Qualitätsjournalismus“, dass sie nicht in der Lage sind, Korrelationen von Kausalitäten zu unterscheiden und  keinen Schimmer davon haben, wie statistische Daten zu lesen sind. Stattdessen jedoch wissen einige Journalisten ganz genau, wie man mit Statistiken manipulieren kann und genau davon handelt das neue Buch des Statistikprofessors Gerd Bosbach und seines Co-Autors Jens Jürgen Korff. In insgesamt 16 Kapiteln und auf mehr als 300 Seiten thematisieren die Autoren Techniken, die der Manipulation von statistischem Material dienen. Die Beispiele sind dabei wohl gewählt und praxisnah. Schnell wird bei der Lektüre des Buches deutlich, dass bewusste statistische Manipulation zum Rüstzeug von Politikern, Journalisten und PR-Profis gehört. Sehr beliebt ist zum Beispiel die Täuschung mit Bildern. Da werden dann Maßstäbe verzerrt, Skalen unzulässig verkürzt oder auch schlicht mal falsche Werte verwendet. Das Buch bietet aber nicht nur solche Beispiele. Es ist auch ein durch und durch politisches Buch. Denn man merkt den Autoren an, dass es Ihnen ein wichtiges Anliegen war, auch Stellung zu beziehen. Gleich reihenweise entlarven die Autoren neoliberale Wissenschaftler und Politiker als Schaumschläger oder Manipulatoren. Dabei sieht der eine oder andere Kollege aus der Wissenschaft alles andere als gut aus, wenn man ihm nachweist, dass er selbst simpelste Statistik nicht beherrscht oder die Frage gestellt werden muss, ob hier nicht bewusst im Sinne von Auftraggebern aus der Wirtschaft manipuliert wird.

Fazit: Das Buch ist ein Muss für jeden politisch interessierten Menschen. Wer heutzutage bei politischen Entscheidungen mitreden will, der muss in der Lage sein, Statistik zumindest lesen und interpretieren zu können und genau dieses Wissen vermittelt das Buch anhand praktischer Beispiele. Dabei muss man keine statistische Vorkenntnisse mitbringen und man muss auch nicht in der Lage sein einen Chi-Quadrattest durchführen zu können. Lediglich die Bereitschaft seinen kritischen Verstand einzusetzen ist erforderlich.

Eine Buchbesprechung von Frank Welker zum Buch: 

Gerd Bosbach / Hans Jürgen Korff: Lügen mit Zahlen. Wir wir mit Statistiken manipuliert werdeN

Heyne, 2011
320 Seiten, kartoniert, Euro 18,99