Vorwort | 27.07.2009
Heutzutage sind wir mit verschiedenen Meinungen zum Artenkonzept konfrontiert, und unter den Spezialisten für bestimmte Gruppen herrscht selten Konsens. Moderne Artenkonzepte basieren auf einer ganzen Reihe verschiedener Herangehensweisen der Forscher wie Morphologie, biologische Aspekte und chemische Methoden. Am besten ist natürlich, alle einzubeziehen, aber die Interpretation der Daten und die Wichtung bestimmter Merkmale etc. können nicht alle Probleme lösen oder führen zu Uneinigkeit zwischen Vertretern unterschiedlicher Ansichten. Aber wenigstens schaffen sie eine Basis und machen die Daten anderen zum Verständnis verfügbar, die dann ihre eigenen Schlußfolgerungen ziehen können. Wir müssen in den Begriffen der Evolution denken und Ähnlichkeiten gegen Unterschiede abwägen. Ähnliche Arten ohne tiefer gehendes Interesse einfach nur zu betrachten und nur Ähnlichkeiten zu entdecken, führt zum Zusammenschluss eigentlich verschiedener Taxa. Andererseits kann das Engagement zu intensiv werden, und manche Unterschiede innerhalb eines Taxons werden überbewertet, was zu überflüssiger Aufspaltung führt. Man muss immer daran denken, dass Arten auf Unterschieden beruhen und nahe Verwandtschaft meist durch Ähnlichkeiten signalisiert wird. In der Taxonomie gilt: die gleichen Prinzipien oder Regeln, die die Arten der einen Gruppe definieren, versagen bei der anderen, können also nicht verallgemeinert werden, wenn es sich um verschiedene Lebensformen handelt.
Junge Arten sind oft nur sehr schwierig voneinander zu unterscheiden. Manche sind scheinbar identisch und teilen sich viele Merkmale, was heftige Debatten unter den Taxonomen zur Folge hat. Man kann Arten nicht trennen, indem man nur die gemeinsamen Merkmale betrachtet und die übrigen ignoriert. Wissenschaftler, die 'ihre' Arten kennen, können Unterschiede wahrnehmen, die andere übersehen. Aber Unterschiede können manchmal auch zu hoch bewertet werden, was zu einer 'aufgeblähten' Taxonomie führt. So können die Ergebnisse der Festlegung taxonomischer Grenzen sehr verschieden sein, besonders wenn es sich um Schwesterarten handelt, je nach den benutzten Merkmalen, ob man alle kleinen Details in Betracht zieht oder molekulargenetische Daten interpretiert. Je nach ihren Ansichten, Auswahl der Merkmale, Vorgehensweise und Anwendung der Methoden klaffen die Meinungen der Taxonomen auseinander. Außerdem gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Arbeitsfeldern der 'Wissenschaftlichen Gemeinschaft', besonders wenn die großen Gruppen wie Pflanzen, Fische, Wirbellose usw. bearbeitet werden.
Es war einmal (so wird erzählt), dass die Wissenschaftler glaubten, alle Arten seien die Schöpfung einer mythologischen Figur und unveränderlich. Heute wissen wir: sie sind durch die Variabilität eines Genpools entstanden. Wir hören oft vom Aussterben, aber in vielen Fällen betrachten wir dabei Millionen Jahre alte Fossilien, welche die Vorfahren lebender Arten sind. Es sind die früheren Formen, die ausgestorben sind, zurückgelassen von ihren weiterentwickelten Nachfahren, die mit einigen Modifikationen weiterleben, also nicht wirklich ausgestorben sind. Aussterben bedeutet das Verschwinden einer Art. Arten, die tatsächlich ausgestorben sind, konnten sich nicht an Veränderungen anpassen, hatten keine Wahl mehr oder wurden von Konkurrenten aus dem Rennen geworfen und verloren so den ewigen Kampf ums Überleben. Das bedeutet: Arten, die sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln oder verschiedene Wege wählen, können aussterben, während andere weitermachen, abhängig von der gewählten Route.