Vorwort | 27.07.2009

Konzept und Entstehung der Arten

Atlas der wirbellosen Meerestiere

Helmut Debelius neuestes Werk, der "Atlas der wirbellosen Meerestiere" ist nun erhältlich. Für darwin-jahr.de-Leser gibt es hier das Vorwort aus dem Buch zu bestaunen (und zu lesen). Schöne Fotos sind auch dabei.

 

Arten sind real. Jede ist eine Form des Lebens mit einer begrenzten Lebensdauer und einem gewissen Mass an Einmaligkeit, einer Identität, die jetzt existiert und die durch Vermehrungsprozesse von Eltern abstammt. Betrachten wir eine beliebige Lebensform, ist diese tatsächlich eine Entität zu einem bestimmten Zeitpunkt. Aber als Art ist sie auch ein Zeitreisender und kann Aussehen und Verhalten in deren Verlauf völlig verändern – um zu überleben und auf der zukunftsweisenden Spur des Überlebens zu bleiben. Vermehrungsstrategien reichen von simpler Teilung des Körpers bis zu komplizierten Materialpackungen in Form von Kapseln, Samen oder Eiern, jede mit allen Zutaten nicht nur zur Regeneration, sondern auch mit kleinen Extras, die kompletten Wiederaufbau und Experimente mit Optionen zur Änderung oder Anpassung an neue Bedingungen ermöglichen. Das ist der Prozess der Evolution und der Schöpfer von Arten: was wir sind und die lebendige Welt, die uns derzeit umgibt.

Anpassung an oder Überleben in sich verändernden Bedingungen in einer Umgebung ist eigentlich ein relativ langsamer Vorgang, der eventuell vorsichtiger, kleiner Schritte über viele Generationen bedarf – während ein Weg der besten Optionen erfühlt wird. In einer stabilen Umgebung, die sich nur sehr langsam verändert, kann sich eine Art im Vergleich zum Leben in einer instabilen Umgebung einfacher anpassen. Je nach den Umständen kann es wenige bis viele Generationen dauern, um weiterhin zu existieren oder aufzuholen. Jede dieser Generationen erzeugt eine Reihe großer Veränderungen in den Genen mit einer Reihe unterschiedlicher Optionen, von denen die erfolgreichsten am besten überleben und die vorteilhaften Gene weitertragen. In solchen Fällen erlernen Arten auch anpassungsfähiger an Veränderungen zu werden und erhalten oder erweitern sogar ihre genetische Diversität. Generell sind kleine Lebensformen kurzlebig und erzeugen viele Generationen in relativ kurzer Zeit. Im Vergleich mit sehr großen Lebensformen, die meist länger leben und weniger Generationen durchlaufen, können sie sich schneller anpassen. Dies könnte für die Fähigkeit eine Rolle spielen, den Umständen entsprechend mit dem Maß der Veränderung Schritt zu halten. Für instabile Arten könnte ein Überleben auf lange Sicht somit einen Wettlauf gegen die Zeit bedeuten. Nicht Schritt halten können bedeutet durchfallen, das Ende des Weges: ein natürliches Aussterben. Dies könnte die sehr große Diversität in tropischen und dynamischen Regionen mit ihren zahllosen kleinen Arten erklären – 'klein sein' wurde dabei zum Vorteil. In den kühleren und stabileren Zonen ist die Artendiversität viel kleiner, die Veränderungen der Umwelt sind generell langsam, und viele der deutlich größeren und größten Lebensformen überleben, z.B. Wale (für die der Mensch durch Jagd bis zur Ausrottung die größte Bedrohung darstellt).

Die heutigen Arten sind die, die mit der Herausforderung sich verändernder Umweltbedingungen Schritt halten konnten. Sie haben sich so sehr weiterentwickelt, verändert, dass sie ihren Millionen Jahre alten Vorfahren längst nicht mehr ähnlich sehen. Gleichzeitig gibt es aber (z.B. in der Tiefsee) Arten, die sich nur wenig verändert haben und immer noch aussehen wie die Fossilien ihrer Ahnen. Evolutionäre Veränderungen werden von zahllosen Vorgaben und Variablen beeinflusst und führen Lebensformen in eine Vielzahl unterschiedlicher Richtungen, was wiederum viele Arten von Szenarien und die Schöpfung verschiedener Arten bedeutet, die sich aus Populationen des selben Vorfahren entwickelt haben könnte:

• Haben sich alle vorhandenen Populationen als Art deutlich verändert, stirbt der ursprüngliche Vorläufer aus, weil seine Nachkommen anders sind.

• Werden die Populationen einer Art getrennt (meist durch mehrere Ursachen und oft durch langfristige Ereignisse wie Kontinentaldrift kombiniert mit Klimawechseln oder Meeresspiegelschwankungen), kann sich jede einzelne fortbewegenund/oder in separate Gruppen spalten, jede in unterschiedliche Richtungen von ihrem Ursprungsort wegdriftend.