Pioniere der Evolutionsbiologie | 27.01.2012

Jean-Baptiste Lamarck

Darwin-Jahr Bild

Nachdem es im ersten Teil unserer Reihe um den russischen Adligen Peter Kropotkin und um seine Verdienste um die Evolutionsforschung ging, geht es diesmal um einen französischen Adligen. Jean-Baptist Lamarck wurde am 1. August 1744 in Bazenin-Le-Petit geboren. Anders als Kropotkins Eltern gehörten die Lamarcks zum niederen Adel und waren nicht sonderlich vermögend.

Wie für die damalige Zeit üblich war für den jungen Jean-Baptist eine Karriere im Schoße der Kirche vorgesehen. Folglich besuchte er zunächst eine Schule der Jesuiten. Als sein Vater starb, meldetet er sich rasch zum Dienst in der Armee, nahm am siebenjährigen Krieg teil und war an verschiedenen Standorten stationiert. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn jedoch, bereits 1768 den Dienst zu quittieren.

Im Anschluss studierte er dann Medizin. Während dieser Zeit lernte er zahlreiche französische Wissenschaftler kennen, die seine während der Soldatenzeit erworbenen umfassenden Kenntnisse der französischen Pflanzenwelt zu schätzen wussten. Schließlich konnte er 1779 durch die Unterstützung des Zoologen Buffons ein dreibändiges Werk zur französischen Flora veröffentlichen. Noch im gleichen Jahr wurde er in die Pariser Academie des sciences aufgenommen.

1788 wurde er schließlich zum Professor für Botanik berufen. Nach jahrelanger Arbeit als Botaniker widmete er sich dann aber der Zoologie. 1793 wurde er zum Professor für Zoologie. Seine Arbeit mit Insekten und Würmern ließen ihn auch seine Idee der Vererbung von Eigenschaften entwickeln. 

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen jedoch massive gesundheitliche Probleme, ihn in seiner Arbeit zu behindern. 1818 hatte er dann fast gänzlich seine Sehfähigkeit eingebüßt. Dennoch veröffentlichte er noch 7 Jahre vor seinem Tode die letzten Bände seiner „Zoologie der Wirbellosen“. Lamarck starb schließlich 1892 verarmt in Paris. In seinen letzten Jahren hatte er sich zudem auch von der wissenschaftlichen Fachwelt missverstanden gefühlt, da seine Arbeiten außerhalb der Biologie etwa zur Physik, Chemie und Geologie keine Beachtung fanden. Lamarck ist es übrigens zu verdanken, dass wir heute den Begriff Biologie verwenden. Er war es, der den damals gebräuchlichen Begriff Naturgeschichte ersetzte.

Lamarckismus


Lange bevor Charles Darwin mit seinen Gedanken zur Evolution an die Öffentlichkeit trat, hatte bereits Lamarck eine eigene „Evolutionstheorie“ entwickelt. Eine Theorie, die heute unter dem Namen Lamarckismus bekannt ist. Erstmals veröffentlicht wurde diese in seinem Buch Philosophie Zoolique im Jahr 1809. Diese besagt, dass Tiere ihre im Laufe des Lebens erworbenen Eigenschaften an ihre Nachkommen weitergeben.

Nicht benötigte Organe verkümmern demnach, während häufig verwendete sich stärker ausbilden. Wenn also Giraffen ihren Hals dazu nutzen, an immer höher hängende Blätter zu kommen, dann bildet sich nach dieser Theorie ein immer länger werdender Hals aus, der dann vererbt wird. Das Prinzip funktioniert jedoch laut Lamarck auch in die andere Richtung. Ein Maulwurf etwa, der seine Augen nicht benutzt, verliert seine Sehfähigkeit und vererbt diese Eigenschaft wiederum an seine Nachkommen weiter.

Lamarcks Theorie gilt allgemein bereits seit Darwins Theorie der natürlichen Auslese als widerlegt. Aus dem Bereich der Genetik wissen wir heute außerdem, dass für die Vererbung das Erbmolekül DNA verantwortlich ist. Erworbene Eigenschaften werden somit nicht vererbt.

Obwohl heute der Lamarckismus keine Bedeutung mehr hat, darf nicht unterschätzt werden, wie enorm wichtig Lamarcks Gedanke für den wissenschaftlichen Fortschritt war. Er konnte erstmals zeigen, dass die Arten eben gerade nicht konstant waren, sondern sich im Laufe der Erdgeschichte verändert hatten. Diese Feststellung kann angesichts des zu seiner Zeit alles beherrschenden Schöpfungsglauben nicht hoch genug bewertet werden. Zudem beeinflussten Lamarcks Forschungen Charles Darwin und viele weitere Naturforscher, die von seinen Vorarbeiten profitierten.

Frank Welker