Rezension | 17.10.2012

Isch geh Schulhof

Darwin-Jahr Bild

Philipp Möller hat sich in der säkularen Szene einen Namen als Sprecher der Buskampagne und als Pressereferent der Giordano Bruno Stiftung gemacht. Seine Brötchen verdiente Möller bis vor Kurzem jedoch als Aushilfslehrer an einer Berliner Grundschule. An seinen dort gemachten Erfahrungen kann man nun als Leser teilhaben und diese haben es wahrlich in sich. Es ist geradezu unglaublich wie Möller schildert, wie er als Quereinsteiger in den Lehrerberuf eingeführt wird, nämlich quasi überhaupt nicht. Man wirft ihn einfach ins kalte Wasser, das Schwimmen muss er dann schon selbst lernen. Ebenso erschreckend ist, was Möller über das Bildungsniveau und vor allem über die Sprachfähigkeiten seiner Schüler berichtet. Ein vernünftiges Deutsch kann offenbar kaum noch jemand, stattdessen wird Kanack-Sprache gesprochen, die der Autor im Buch auf sehr humorvolle Weise wiedergibt. Es ist also auch kein Wunder, dass Möller erlebt, dass ein normaler Unterricht so kaum möglich ist. Hinzu kommen noch die vielen sozialen Probleme, mit denen er immer wieder konfrontiert wird und die letztlich auf dieser Ebene nicht zu lösen sind. Umso bewundernswerter, dass Möller dennoch versucht den Schülern zu helfen. Dramatisch ist auch was der Autor über die Einstellungen vieler Schüler berichtet. Insbesondere der geschilderte Hass einiger Schüler auf Homosexuelle lässt einen frösteln.

Aber das Problem sind freilich nicht nur die aggressiven und lernresistenten Schüler, sondern auch die oft überforderten Lehrer. Möller betont in seinem Buch, dass nur allzu häufig Personen Lehrer werden, die besser einen anderen Beruf ergriffen hätten. So jedoch treffen demotivierte Kinder auf nicht weniger demotivierte Lehrer. Das Endergebnis kann man dann beim Arbeitsamt in der Hartz-4 Abteilung bewundern. Schuld sind laut Möller aber auch die Politiker, die dem deutschen Bildungschaos letztlich nur hilflos zuschauen und denen etwa der deutliche Verfall der Schulgebäude offenbar herzlich egal ist Dennoch lässt sich Möller von alldem nicht unterkriegen und er weiß auch von schönen und lustigen Momenten zu berichten. Und so versucht er mit seinen Mitteln zu retten was zu retten ist. Doch dann ereilt ihn ein Schicksal, dass viele Aushilfslehrer ereilt. Sein Vertrag wird aus Kostengründen nicht verlängert.

Fazit: Möller Erstlingswerk gelingt der Spagat zwischen Unterhaltung und ernsthafter Lektüre. Sein authentischer Erlebnisbericht lässt einen gleichzeitig lachen und weinen. Er macht aber auch wütend. Denn diese Bildungsmisere ließe sich verhindern, wenn die Politik endlich kompetent handeln würde. So jedoch steuern wir auf eine Zukunft zu, die mehr als bedenklich ist. Wenn große Teile der nachwachsenden Generation weder ausreichend lesen, schreiben noch rechnen können, dann haben auch die Naturwissenschaften keine Chance mehr. Der Boden für eine zunehmende Verblödung der Bevölkerung ist somit bereitet. Den Politikern wird es möglicherweise sogar egal sein. Lässt es sich doch auf hohlen Köpfen leichter trommeln.  

Eine Buchbesprechung von Frank Welker zum Buch von Philipp Möller: Ich geh Schulhof.