Abtreibungsdebatte | 08.02.2010

Der große Beethoven-Fehlschluss

Beethoven, Wikimedia Commons

Die rechtskonservativ-christliche Gruppierung Focus on the Family sponsort einen Werbeclip gegen Abtreibung mit Football-Star Tim Tebow, der während dem „Super Bowl“ (US-Football-Nationalmeisterschaft) ausgestrahlt wird. Der Themenbereich „On Faith“ der Washington Post fragt, ob es in Ordnung ist, dass ein solcher Werbeclip zu einem großen Sportereignis ausgestrahlt wird.

Richard Dawkins geht in seiner Antwort auf die Abtreibungsproblematik ein.

Ich schätze, dass Tim Tebow äußerst gut Football spielen kann. Umso besser, denn im Denken ist er gewiss nicht sehr gut. Vielleicht liegt das an der Tatsache, dass er von missionarischen Eltern zu Hause unterrichtet wurde.

Folgendes geht in Tebows Verstand als „Logik“ durch. Ärzte empfahlen seiner Mutter, ihn abtreiben zu lassen, aber sie weigerte sich und das ist der Grund, warum Tim heute hier ist. Also ist Abtreibung eine schlechte Sache. Meisterhafte Schlussfolgerung.

Dies ist eine Version von dem, was ich in Anlehung an den großen Nobelpreisträger und Biologen Peter Medawar den „Großen Beethoven-Fehlschluss“ genannt habe.

Versionen des Großen Beethoven-Fehlschlusses sind diversen christlichen Apologeten zugeschrieben worden und die Details unterscheiden sich. Folgende Version wird von Norman St. John Stevas, einem britischen Parlamentsmitglied, bevorzugt. Ein Arzt zum anderen:

„Ich möchte Ihre Meinung über Schwangerschaftsabbruch erfahren. Der Vater hatte Siphilis. Die Mutter Tuberkulose. Von den vier geborenen Kindern war das erste blind, das zweite starb, das dritte war taubstumm und das vierte hatte auch Tuberkulose. Was hätten Sie getan?“

„Ich hätte die Schwangerschaft abgebrochen.“

„Dann hätten Sie Beethoven ermordet.“

Es ist bemerkenswert, wie viele Menschen durch dieses spektakulär dämliche Argument aus dem Konzept geraten. Abgesehen von der schlichtweg falschen Tatsachenbehauptung, Ludwig von Beethoven wäre das fünfte Kind in seiner Familie gewesen (er war tatsächlich das älteste), der falschen Behauptung, dass irgendeines seiner Geschwister blind, taub oder stumm geboren worden sei und der falschen Behauptung, sein Vater hätte Siphilis gehabt, bleibt uns noch die „Logik“ übrig. Wie Peter Medawar zusammen mit seiner Frau Jean Medawar geschrieben hat:

„Die Denkweise hinter diesem garstigen kleinen Argument ist atemberaubend fehlerhaft... der Welt wird nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Beethoven durch eine Abtreibung beraubt als durch einen keuschen Verzicht auf Sexualverkehr.“