Dokumentation | 05.01.2009

Die Genialität von Charles Darwin (4)

Was wir in Richard Dawkins „The Genius of Charles Darwin“ über die Evolution erfahren. Teil 4: Gottlose Umtriebe

 

 

Katzen du nicht züchten kannst

Den Gipfel der Absurdität erklimmt schließlich Nancy Banks-Smith vom Guardian. So schreibt sie: „Dawkins ist ein Atheist mit feurigem Blick und ein Mann mit einer Mission.“ Diese „Mission“ soll darin bestehen, den Anteil der Evolutionstheorie in den Schullehrplänen zu erhöhen. Schreck lass nach! Wie auch bei den anderen Rezensenten stört der allzu lockere Ton. Prinzipiell kann man durchaus peppig und polemisch schreiben, aber doch bitte nur, wenn man weiß, wovon man redet! Ansonsten wirkt das Ganze äußerst peinlich.

Wie zum Beispiel Banks-Smith' Kommentar über den Tod von Darwins Lieblingstochter: „Er hatte eine Tochter, die sehr jung starb und das fand er total unerträglich. Sein Gesichtsausdruck, bevor er von Barthaaren übersät wurde, schaut angeschlagen aus.“ Weiter geht es bei ihr mit einer merkwürdigen Beobachtung über Katzen: „Tauben und Hunde haben sich vertrauenswürdig mit dem Menschen zusammengeworfen und sie können in bizarren Formen gezüchtet werden, wie es ihm gefällt. Katzen können das nicht. Sie sind immer unverwechselbar Katzen. Warum ist das so, Professor?“, fragt sie, als wüsste sie etwas, was Dawkins nicht weiß.

Katzen kann man also nicht züchten, das ist doch mal eine Erkenntnis. Natürlich kommt sie nicht auf die Idee, sich einmal die Frage zu stellen, warum Hauskatzen in der freien Natur vorkommen sollten? Oder die noch naheliegendere Frage, wie es dem Menschen gelingt, Rassekatzen zu züchten, wenn der Mensch keine Katzen züchten kann?

 

Gehet hinaus und glaubet alles!

Verlassen wir das Trauerspiel und begeben uns zum nächsten: Andrew Billen von der Times verteidigt die Menschen, die an die Sechs-Tage-Schöpfung glauben, mit folgenden Worten: „Vielleicht sind die Park Hill Schüler, wie viele von uns, in der Lage, widersprüchliche Ideen in ihrem Kopf zu beherbergen.“ Das soll nicht etwa ein Verzweiflungsschrei sein, sondern ein trotziges Argument zur Verteidigung der menschlichen Dummheit. Was wir doch alles können: Jeden Unsinn glauben, auch wenn er sich widerspricht.... faszinierend!

Dann macht Andrew Billen einen Verbesserungsvorschlag: „Was wir noch immer brauchen, ist auf jeden Fall eine sechstteilige Reihe über die Evolution, die Aufnahmen der wilden Tierwelt mit Computeranimationen verbindet.“ Wir brauchen also keine leicht verständlichen Erklärungen mit inspirierenden Bildern, sondern wir benötigend dringend mehr Oberflächlichkeit. Kein Wunder, dass er mit dem Vorschlag schließt, Steven Spielberg die Doku drehen zu lassen (man erinnere sich an das wissenschaftsdidaktische Meisterwerk Indiana Jones 4, das diverse esoterische „Theorien“ in die Öffentlichkeit trug, von denen Spielberg so begeistert ist).

Obskurerweise sagt Deborrah Or vom Independent genau das Gleiche wie Andrew Billen: „Die Kinder hatten kein Problem damit, an mehr als eine Sache gleichzeitig zu glauben, selbst wenn krasse Widersprüche auftauchten. Für Dawkins ist eine solche Dualität inakzeptabel.“ Aber für alle normalen Menschen ist das gar kein Problem, oder wie? Weiter sagt Frau Or: „Dawkins ließ den Zuschauer mit dem Eindruck zurück, dass er keinen Grund habe, an Gott zu glauben, weil stattdessen Darwin sein Prophet war.“ Mal abgesehen davon, dass der Satz keinen Sinn ergibt (Ohne Gott keine Propheten), hat Dawkins im Gegenteil überdeutlich gemacht, dass es lächerlich wäre, alles zu glauben, was Darwin sagte, nur weil er Darwin war, und dass wir uns stattdessen die Belege selbst ansehen können. Trotzdem bezeichnet auch James Walton vom Telegraph Dawkins als einen „religiösen Gläubigen“, der an Darwin als seinen „Meister“ glaube (wieso „Meister“?).

 

Die Genialität von Rowan Williams?

Brian Viner vom The Independent kommt ebenso zu äußerst befremdlichen Einschätzungen. So meint er, Dawkins vertrete eine „Position absoluter Sicherheit“, was die Evolutionstheorie betrifft und der Erzbischof von Canterbury sei „nicht in der Lage gewesen, ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, nicht einmal mit einem genialen Manöver in Bezug auf die Jungferngeburt.“ Erzbischof Rowan Williams sagte: „Ich denke, es gibt in bestimmten Situationen eine Öffnung in der Welt, welche die zugrundeliegende göttliche Handlung hineinlässt. [...] Dies ist aber keine Aufhebung der Naturgesetze.“ Man kann doch nur zu der Einschätzung gelangen, dass der Erzbischof Wunder nur nicht als solche bezeichnet und er den Begriff der „Naturgesetze“ so weit dehnt, dass er Wunder einfach mit einschließt – wodurch der Begriff keinerlei Bedeutung mehr hat. „Genial“ ist beileibe etwas anderes. Das ist einfach nur ein billiges Täuschungsmanöver, um ein konfuses Weltbild vor Kritik zu schützen.