Presseschau | 16.04.2009

Der Gen-Fight, Evolution auf Speed und eine Welt ohne Männer

Sollten wir unsere Evolution selbst in die Hand nehmen? "Enhancing Evolution" von John Harris

Kranke Bienen verlieren die Orientierung, der Klimawandel verwirrt Zugvögel und das Universum geht unter. Außerdem: Verstehen Gentechnikgegner die Evolution nicht? Wie kann es Arten ohne Männchen und Sex geben? Läuft die Evolution manchmal zu schnell ab? Und: Entging Darwin ein Leben? Das alles und mehr in der legendären Presseschau von darwin-jahr.de!

 

Der Gen-Fight

Gerade streitet man sich über das Verbot von grüner Gentechnik. Kommentare, welche diese Methode befürworten, kann man mit der Lupe suchen. Zum Glück steht uns eine große Lupe zur Verfügung. Es ist in der Tat so, wie Michael Hesse beim Kölner Stadtanzeiger schreibt: „Es ist ein Sieg der Ideologen über den „Teufelsmais“. Denn bislang hat sich noch kein Fall bestätigt, in dem die grüne Gentechnik überführt werden konnte, negative Folgen für die Umwelt - seien es Pflanzen, Tiere oder Menschen - gehabt zu haben.“

Gentechnisch veränderte Lebewesen sind eigentlich dasselbe wie gezüchtete Lebewesen, nur dass Gentechnik schneller, gezielter und sicherer funktioniert – und einen viel schlechteren Ruf hat. Warum gibt es denn so viele Gentechnik-Gegner? Von den lieber etwas länger mögliche Vor- und Nachteile abwägenden Individuen abgesehen, besteht das Problem darin, dass unsere Gesellschaft aufgrund ihrer christlich-romantischen Voreingenommenheit die Natur aufwertet und sie prinzipiell über das Künstliche stellt. Dass es auch natürliche Gifte gibt und chemische Heilmittel, ist wohl noch nicht überall angekommen.

Außerdem besteht das Problem in einem völlig falschen Verständnis der Evolution. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Die Natur schert sich nicht um unser Wohlergehen! Der Mensch könnte genausogut morgen aussterben oder von mutierten Killer-Giraffen gefressen werden, wenn es nach der Evolution ginge! Wie Michael Hesse betont: „Dabei wissen wir seit Charles Darwin, dass die Evolution ziellos und kalt die Variationen der Arten annimmt oder verwirft. Was überlebt, kommt auf die gerade herrschenden Umstände an.“

Wenn wir wollen, dass es uns gut geht, müssen wir weiterhin in die Natur eingreifen, wie wir das mit der modernen Medizin und mit Verhütungsmitteln, mit Landwirtschaft, Tierzüchtung, Domestizierung von Tieren, Forstwirtschaft und einer Million anderen Dingen schon lange tun! Sogar Freizeitangler greifen in die Evolution ein! Ob wir stattdessen wirklich in den Urwald zurückkehren wollen, werden sich die Gentechnikgegner noch einmal überlegen, sobald sie dort sind.

Michael Miersch argumentiert bei der „Welt“ ähnlich: „Sie haben den Menschen eingeredet, unsere heutigen Lebensmittel seien reine Natur - und Natur sei stets gut. Doch konventionelle Züchtung wird betrieben, indem man die Samen radioaktiv bestrahlt oder mit Giften zu Mutationen anregt. Nichts an diesen groben und ungezielten Methoden ist natürlich. Gentechnik bietet erstmals die Möglichkeit, präzise ein gewünschtes Gen zu verpflanzen.“

Exakt so ist es. Jedenfalls aus wissenschaftler Sicht. Aber wen interessiert die schon, wenn es stattdessen auch religiöse und romantische Illusionen im Angebot gibt?

Prof. Beda Stadler empfiehlt zum Thema das brandneue Buch Warum Angst vor Grüner Gentechnik? von Thomas Deichmann.