Tierrechte | 31.01.2010

GB: Schlamperei bei Tierversuchen

Laborratte (Foto: Janet Stephens, Wikimedia Commons)

Der Wissenschaftsjournalist und Mediziner Ben Goldacre berichtet über Tierversuche in Großbritannien. Eine neue Studie zeigt, dass die meisten Tierversuche dort sehr unsauber durchgeführt wurden.

Tierversuche sind notwendig, sie müssen ordentlich reguliert werden und wir haben eine der strengsten Regulierungen der Welt.

Aber es ist einfach zu überprüfen, ob Tiere gut behandelt werden oder einzuschätzen, ob ein Experiment notwendig war. In der Nerd-Ecke gibt es noch ein Problem: Wurde die Untersuchung gut durchgeführt und sind die Ergebnisse ordentlich dargestellt? Falls nicht, dann haben Tiere zum Teil – was immer Sie glauben, was das für ein Tier bedeuten mag – umsonst gelitten.

Das Nationale Zentrum für den Ersatz, die Verbesserung und die Verminderung von Tieren in der Forschung wurde von der Regierung im Jahre 2004 ins Leben gerufen. Es hat im akademischen Fachjournal PLoS One eine systematische Untersuchung der Qualität der Berichterstattung, der Versuchsanordnung und der statistischen Analyse von kürzlich publizierten biomedizinischen Studien, bei denen Labortiere verwendet wurden, veröffentlicht. Es sieht wirklich nicht gut aus.

Die Studie selbst ist sehr solide. Sie beschreiben die Strategie, die sie anwandten, um nach Arbeiten zu suchen – was wichtig ist, weil man nicht wie ein Homöopath sein und nur die Arbeiten zitieren will, welche die eigenen Schlussfolgerungen stützen: Man möchte eine repräsentative Auswahl der Literatur haben. Und die Arbeiten, die sie gefunden haben, decken eine große Vielfalt öffentlich finanzierter Forschung ab: Verhaltens- und Ernährungsstudien, Drogen- und klinische Tests, immunologische Experimente und mehr.

Einige der Fehler, die sie entdeckten, waren bizarr: Vier Prozent der Arbeiten erwähnten nirgendwo, wie viele Tiere im Experiment benutzt wurden. Die Forscher sahen sich im Detail 48 Studien an, die erwähnten, wie viele sie benutzt hatten: Keine davon erklärte, warum sie ihre spezifische Zahl von Tieren verwendete. 35% der Arbeiten gaben eine Zahl für die Tiere an, die in den Verfahren benutzt wurden, und dann erschien eine andere Anzahl von Tieren in den Ergebnissen. Das ist ganz schön planlos. Sie haben sich angesehen, wie viele der Studien grundlegende Strategien gebrauchten, um Befangenheit in ihren Ergebnissen zu reduzieren, wie Randomisierung und Blenden.

Wenn man zum Beispiel einen chirurgischen Eingriff mit einem anderen vergleicht und die Tiere nicht zufällig auf die Gruppen aufteilt, dann ist es möglich, dass man unbewusst die stärkeren Tiere der Gruppe zuordnen könnte, an denen ein potenziell vorteilhafter experimenteller Eingriff vorgenommen wird, oder vice versa, und so die Ergebnisse verzerrt.

Wenn man nicht „blendet“, dann weiß man als Experimentator, an welchen Tieren welcher Eingriff vorgenommen wurde. So könnte man zulassen, dass dieses Wissen, auch unbewusst, knappe Ergebnisse bei Messungen, die man vornimmt, beeinflusst. Vielleicht akzeptiert man eine hohe Blutdrucksanzeige, wenn man erwartete, dass sie hoch ist, weil man weiß, was man mit seinem eigenen Experiment anstellt, aber dann überprüft man einen hohen Blutdruck doppelt bei einem Tier, bei dem man ihn für niedrig angenommen hat.

Nur 12% der Tierversuche benutzten Randomisierung. Nur 14% waren Blindstudien. Und die Berichterstattung war oftmals schwach. Nur 8% gaben die Rohdaten an und ermöglichten anderen, zurück zu gehen und eine eigene Analyse zu machen. Ungefähr die Hälfte der Studien erwähnte die Anzahl der Tiere in jeder Gruppe nicht in ihren Tabellen.

Ben Goldacre

 

Quelle: Bad Science

Ben Goldacre ist der Autor von „Die Wissenschaftslüge: Wie uns Pseudowissenschaftler das Leben schwermachen“ (siehe Rezension bei Astrodicticum).