Darwins Dankesrede | 17.02.2009

„Es war eine schwierige Geburt"

Darwin bei der Dankesrede

(hpd) Als Abschluss der Reden auf dem Festakt zum 200. Geburtstag von Charles Darwin trug der Schauspieler Walter Gontermann „Darwins Dankesrede" vor. Das Video mit Darwins Rede gibt es bei unserem Kooperationspartner, dem Humanistischen Pressedienst. Der zugehörige Text von Michael Schmidt-Salomon und Fotos von der Veranstaltung sind derweil hier zu bestaunen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen herzlich für diesen schönen Festakt, für die freundlichen Worte und die brillanten Analysen, durch die ich viel hinzugelernt habe. Es ist ein Genuss, zu sehen, wie sehr sich die Evolutionstheorie seit meinem Tod weiterentwickelt hat und wie überwältigend heute die Belege sind, die die Theorie der natürlichen und sexuellen Selektion stützen.

Wie Sie vielleicht wissen, habe ich es mir dereinst mit der Formulierung der Evolutionstheorie nicht leicht gemacht. Es war eine schwierige Geburt. Dabei hatte alles so rasant angefangen. Schon 1839 hatte ich ein klares Konzept von meiner Theorie (2), 1844 hatte ich dazu sogar einen 230seitigen Text verfasst, der alle wesentlichen Gedanken meines Buchs „Über die Entstehung der Arten" enthielt.(3) Und doch kam das „Arten-Buch" erst 15 Jahre später, im November 1859, auf den Markt. Sehr wahrscheinlich hätte ich die Veröffentlichung sogar noch weiter hinausgezögert, wäre da nicht im Sommer 1858 jener berühmte Brief von Alfred Russell Wallace eingetroffen, der unabhängig von mir ganz ähnliche Ideen entwickelt
hatte.(4)

Weshalb wartete ich so lange mit der Veröffentlichung der Evolutionstheorie? Nun, mir war die enorme Tragweite der Theorie der natürlichen Selektion von Anfang an bewusst. Und ich war ein äußerst vorsichtiger Mensch, der nicht nur alles penibel belegen wollte, sondern der auch ein wenig Angst vor der eigenen Courage hatte. Ich befürchtete nicht nur, durch eine voreilige Publikation meinen Ruf als Wissenschaftler zu ruinieren, ich hatte auch großen Respekt vor den Angriffen von religiöser Seite.(5) Denn dass die Evolutionstheorie in schärfstem Gegensatz zur christlichen Schöpfungslehre stand, war unübersehbar.