Debatte | 29.06.2009

Das Ende des Appeasement

Evolution auch bei Star Wars angekommen

Wir befinden uns im Jahre 2009. Der ganze öffentliche Diskurs ist von Allversöhnern besetzt. Der ganze Diskurs? Nein! Unbeugsame Naturalisten hören nicht auf, den Allversöhnern Widerstand zu leisten. Sie argumentieren: Wissenschaft und Religion sind unvereinbar! Alles über den Didaktikstreit, den Nature-Skandal und den Widerstand gegen Templeton: Exklusiv auf darwin-jahr.de!

 

 

Episode I: Der Anfang

 

4. Februar 2009: Der Didaktikstreit über die richtige Vermittlung der Evolutionstheorie, die Auseinandersetzung über das Appeasement gegenüber Gläubigen und schließlich der Widerstand gegen die Templeton-Stiftung und der Nature-Skandal. Sie alle haben ihren Ursprung in einem Essay von dem Evolutionsbiologen Jerry Coyne, den das amerikanische Magazin The New Republic veröffentlichte. „Sehen und Glauben: Der nie endende Versuch, Wissenschaft und Religion zu versöhnen und warum er scheitern muss.“

Bereits kurz nach Veröffentlichung bricht eine heftige Debatte unter Wissenschaftlern aus dem englischsprachigen Raum darüber aus, ob Coyne recht hat und Wissenschaft inkompatibel ist mit religiösen Vorstellungen. Vor allem der Religionskritiker Sam Harris sorgt mit seinem Beitrag Es ist alles wahr für Aufsehen, in dem er die relativistische Haltung seiner Kollegen sarkastisch kritisiert.

Er schreibt darin: „Aber der Glaube lehrt uns, dass das Beste, leider, oft der Feind des Guten ist. Zum Beispiel fragen Leute wie Coyne, ob die Datenlage, dass Viren zehn Mal so häufig vorkommen wie Tiere und dass ein einziger Virus wie Grippe 500 Millionen menschliche Wesen im 20. Jahrhundert getötet hat (viele von ihnen Kinder), am besten mit Hilfe eines allwissenden, allmächtigen, allguten Gottes erklärt werden kann, der die Menschheit für seine geliebteste Schöpfung hält.“

„Falsche Frage, Coyne! Sehen Sie, die Weisen haben zu fragen gelernt, wie auch [der theistische Evolutionist Kenneth] Miller, ob es angesichts der Fakten einfach nur möglich ist, dass ein mysteriöser Gott mit einem unergründlichen Willen die Welt erschaffen haben könnte. Natürlich ist es das! Und das Herz frohlockt...“

 

22. Februar 2009: Der Neurowissenschaftler Colin Blakemore veröffentlicht seinen Beitrag „Die Wissenschaft ist nur ein Gen davon entfernt, die Religion zu besiegen“ im Kommentarbereich des Guardian. Darin schreibt er zum Beispiel: „Ich habe Vorbehalte gegen diese ‚Warum?‘-Fragen: Warum sind wir hier? Warum haben wir ein Gefühl für richtig und falsch? Entweder diese Fragen ergeben keinen Sinn, oder sie können als ‚Wie?‘-Fragen formuliert werden, welche die Wissenschaft sehr gut beantworten kann.“

 

24. März 2009: Jerry Coyne veröffentlicht seinen vielzitierten Blogbeitrag „Müssen wir uns immer an den Gläubigen ausrichten, wenn wir Wissenschaft lehren?“ Er erläutert darin drei der großen Probleme, die daraus resultieren, dass Wissenschafsorganisationen eine versöhnliche Haltung gegenüber der Religion einnehmen. Diese sind laut Coyne:

1. „Indem wir der Öffentlichkeit diese ‚religiösen Wissenschaftler‘ wie Ken Miller auftischen, oder diese ‚wissenschaftlichen Theologen‘ wie John Haught, unterschreiben wir stillschweigend ihre Glaubensüberzeugungen, darunter der Glaube, dass Gott in der heutigen Welt handelt (Theismus) und Naturgesetze aufhebt.“

2. „Die Behauptung, dass es nicht den eigenen religiösen Glauben beeinflussen würde, etwas über die Evolutionstheorie zu lernen, ist eindeutig falsch. Zahlreiche Statistiken beweisen das Gegenteil, inklusive der negativen Korrelation von wissenschaftlichen Errungenschaften und religiösem Glauben und der negativen Korrelation zwischen dem Grad an Glauben in einer Nation und ihrer Akzeptanz der Evolution. Wir alle wissen das, aber wir tun so, als wüssten wir es nicht.“

3. „Diesen [versöhnlichen] Organisationen ist es scheinbar selbst nach 25 Jahren hartnäckiger Bemühungen nicht gelungen, die öffentliche Meinung über die Evolution sonderlich zu beeinflussen. Ich denke, dies könnte bedeuten, dass unsere Nation zuerst viel weniger religiös werden muss, bevor die Akzeptanz der Evolutionstheorie nennenswert ansteigt.“