Anthropologie | 12.11.2010

Christentum als Kultur

 

Was das Weltbild angeht, das im Mittelpunkt jeder bestimmten Kultur steht, gelangt Kraft zu folgenden Feststellungen:

 

  1. Es besteht aus Annahmen (inklusive Bildern), die allen kulturellen Werten, Zugehörigkeiten und Verhaltensweisen zugrundeliegen.

  2. Es fundiert und erklärt unsere Wahrnehmung der Realität und unsere Reaktionen darauf.

  3. Seine Grundannahmen oder Prämissen werden von Eltern weitergegeben und nicht durchdacht, sondern ohne vorherigen Beweis als wahr akzeptiert.

  4. Wir organisieren unsere Leben und Erfahrungen auf Grundlage unserer Weltanschauung und hinterfragen sie selten, es sei denn, unsere Erfahrung stellt einige ihrer Annahmen in Frage.

 

Folgende drei Feststellungen sind für die christliche Missionierung besonders relevant:

 

  1. Das Christentum ist, wie jede Religion, ein Teil der Kultur. Es ist gelernt und wird geteilt und es ist mit anderen Systemen der Kultur integriert, inklusive ihrer Wirtschaft, ihrer Verwandtschaftsverhältnisse und ihrer Politik.

  2. Das Christentum ist eine Kultur, wie jede Religion. Es bietet seine eigene Weltanschauung, bestimmte Begriffe, mit denen man spricht und denkt, und bestimmte symbolische, organisatorische und institutionelle Formen. Es sind niemals nur Glaubenssätze, sondern es sind immer auch Gefühle, Werte, Verbundenheiten und Beurteilungsstandards. Es ist eine mehr oder minder vollständige Lebensweise.

  3. Christliche Missionierung ist eine Art kulturübergreifende Kommunikation und kulturelle Veränderung. Die Konvertierung von einer Religion zu einer anderen ist also niemals einfach eine Veränderung im Glauben. Bedeutsame kulturelle Veränderung hängst stets von der Veränderung in der Weltanschauung ab. Alles, was die Weltanschauung eines Volkes beeinflusst, wird die ganze Kultur beeinflussen und natürlich auch die Menschen, die in Begriffen dieser Kultur handeln.

 

Die zentrale Erkenntnis besteht darin, dass Kultur holistisch ist: Jeder Aspekt der Kultur – ihre Religion, ihr ökonomisches System, ihre Verwandtschaftspraktiken, ihre Politik, ihre Sprache, ihre Geschlechterrollen und so weiter – ist integriert und voneinander abhängig. Das Funktionieren von jedem Teil beeinflusst alle ihre Teile und die Veränderung von einem Teil führt zu Veränderungen in allen Teilen.