Rezension | 31.03.2011

Andreas Oppacher: Deutschland und das Skandinavische Modell

Darwin-Jahr Bild

Der Diplom-Betriebswirt Andreas Oppacher legt mit Deutschland und das Skandinavische Modell erstmalig eine Studie vor, in der die deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik systematisch mit der in Dänemark, Schweden und Finnland verglichen wird. Was Oppacher dabei zutage fördert, zeigt in beeindruckender Weise, dass wir von den herrschenden Eliten systematisch hinters Licht geführt werden. Wie oft mussten wir uns in den letzten Jahren anhören, die Kürzungs- und Privatisierungspolitik sei alternativlos. Immer und immer wieder wurde der Bevölkerung eingetrichtert, die Bürger müssten den Gürtel enger schnallen, der Staat müsse schlanker werden, der Markt regele alles besser etc. Oppacher präsentiert zu dieser Politik die Fakten: Die Löhne in Deutschland stagnieren, die Rentenbezüge verschlechtern sich, die Armut im Land wächst, die Binnennachfrage liegt am Boden und die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. So verfügen in Deutschland, wie Oppacher feststellt, 10% der Haushalte über 47% des Nettogesamtvermögens. Oppacher resümiert: “So werden in Zukunft die steigenden Unterschiede in der Verteilung der Vermögen einen zusätzlichen Negativeffekt auf die Massenkaufkraft und damit auf den Wohlstand der Bevölkerungungsmehrheit bedeuten.” Dabei liegt der Binnenmarkt ohnehin schon darnieder. Auch dies zeigt Oppacher anhand von Fakten. Florierend ist in Deutschland fast nur noch der Außenhandel.

Die skandinavischen Länder haben diese Entwicklung in dieser Form nicht mitgemacht, wie Oppacher treffend feststellt, und sie sind gut damit gefahren. Die Arbeitslosenzahlen sind niedriger, die Löhne deutlich höher, Arbeit und Familie lassen sich gut vereinbaren, die Armut ist geringer, das Bildungsniveau besser und das Niveau der Renten höher. Doch warum ist das so? Oppacher gibt hierzu eine klare Antwort. Anders als bei uns, wurde in diesen Ländern eben kein radikaler Abbau des Sozialstaats betrieben. In den untersuchten Ländern sorgt immer noch ein starker Staat für eine stabile Binnenkonjunktur und sichert den Wohlstand der Bevölkerung. Oder anders formuliert: Die Skandinavier haben sich eben nicht dem alleinigen Diktat der neoliberalen Wirtschaftsideologie unterworfen und dennoch verfügen Sie über stabile Haushalte. Von der geringen Staatsverschuldung der skandinavischen Länder kann man in Deutschland sogar nur träumen. Denn anders als bei uns berücksichtigt man dort auch die Einnahmenseite. Die hohen Steuern in skandinavischen Ländern führen dennoch nicht zu einer Massenflucht angeblicher Leistungseliten. Die neoliberale Ideologie scheitert also einmal mehr an der Realität.

Fazit: Oppachers Studie sollte Pflichtlektüre für alle sein, die ein Interesse an einem sozialen Staat haben. Gut belegt und immer verständlich beschrieben präsentiert er Fakten, die zeigen, dass es sehr wohl eine Alternative zum deutschen Radikalabbau des Sozialstaates gibt. Es wäre daher wünschenswert, dass diese Studie eine möglichst breite Verbreitung finden würde. Neoliberalen Ideologen ist jedoch von der Lektüre eher abzuraten, da die makrokönomische Sichtweise Oppachers ihren Intellekt wahrscheinlich überfordert. “Der Markt hat immer Recht” ist ja auch soviel einfacher.

Rezension von Frank Welker zum Buch: 

Andreas Oppacher: Deutschland und das Skandinavische Modell. Der Sozialstaat als Wohlstandsmotor, Pahl Rugenstein Verlag, Köln 2010. 144 Seiten, kartoniert, Euro 14,90, ISBN 978-89144-426-9