Neuerscheinung | 21.11.2010

Alles Gute kommt... nicht unbedingt von oben

 

Galaktische Seelenfänger

Die Suche nach Signalen außerirdischer Zivilisationen hat 1960 begonnen. Inzwischen wird sie vom Allen Telescope Array in Kalifornien am effektivsten betrieben. Es wird speziell für die Suche gebaut, dient aber auch der Radioastronomie. [© SETI Institute]

Nicht primär um unsere Körper und Ressourcen dürfte es potenziellen Invasoren also gehen, sondern um unseren Geist (um unsere Gehirne). Nicht an unseren Leibern sind sie interessiert, sondern an unseren Seelen.

Das heißt nicht, dass wir "übernatürliche" Seelen besitzen. Aber manche Aliens glauben möglicherweise, dass es so ist, wie es auch viele Menschen tun – mangels Wissen um die moderne Gehirnforschung und Philosophie oder im expliziten Widerspruch dazu. Und dann könnten die Aliens uns missionieren wollen. (Das setzt einen Leib-Seele-Dualismus allerdings gar nicht voraus – sie glauben vielleicht ganz andere Dogmen, die wir uns nicht einmal vorstellen können.) Vielleicht denken sie, sie müssten unsere armen, sündigen, unwissenden Seelen retten. Oder sie müssten ihre eigenen durch uns nähren. Oder sie müssten uns ihrem Gott opfern. Welche abstrusen Ideen sie auch immer leiten – ihre Ideologien könnten uns zum Verhängnis werden und den Untergang der Menschheit auslösen.

Das Szenario extraterrestrischer Invasoren mag sich mehr nach Fiction als nach Science anhören, so als sei es direkt einer Space Opera entsprungen. Doch so weit her geholt ist die Gefahr gar nicht, wie ein Blick auf die Erde deutlich macht. Denn die Erkenntnisse der Soziologie und Evolutionären Psychologie haben viel zum Verständnis von ideologischen Mobilmachungen und Expansionen beigetragen.

So ist schon lange bekannt, dass sich religiöse Gruppierungen – besonders fundamentalistische – überdurchschnittlich stark vermehren und so auch die irdische Bevölkerungsexplosion mit all ihren ökologischen und sozialen Verwerfungen mitverursachen. Eric Kaufmann warnt beispielsweise seit Jahren vor den Folgen dieses "Breeding for God", wie er es nannte. In seinem vor wenigen Monaten erschienenen Buch Shall the Religious Inherit the Earth? hat der Politikwissenschaftler von der University of London ein düsteres Bild der kommenden Jahrzehnte gezeichnet, wenn der Trend anhält und Fundamentalisten in die Überzahl kommen und die Macht ergreifen. Über diese exponentielle Vermehrung und die demographischen Aspekte aus biologischer Sicht haben auch der Religionswissenschaftler Michael Blume und der Autor dieses Artikels in dem Buch Gott, Gene und Gehirn ausführlich berichtet (Zusammenfassung hier im Evo-Magazin).

 

"Macht euch das Universum untertan!"

Auf anderen Planeten sind die "himmlische Aussichten" der Fundamentalisten vielleicht schon sehr viel extremer verwirklicht. Zwar dürften aggressive Zivilisationen häufig in globaler Selbstvernichtung untergehen – aber eben nicht notwendigerweise überall.

Das heißt nicht, dass es im All von gefährlichen Ideologen nur so wimmelt. Vielleicht sind sogar die meisten ETs friedlich und könnten uns bei unserer eigenen Unreife unterstützen – bis hin zu einer Art Entwicklungshilfe oder, wenn durchgeknallte irdische Kriegstreiber den globalen Overkill vorbereiten, einer Kosmischen Ersten Hilfe. Vor solchen friedlichen Zivilisationen brauchen wir uns nicht zu fürchten – im Gegenteil. Doch sie sind nicht das Thema.

Außerdem sind friedliche ETs wohl weitaus weniger expansiv. Daher vermuten Evolutionspsychologen wie Geoffrey Miller von der University of New Mexico, dass es aufgrund ihrer Reproduktionsgebote vor allem stark religiös motivierte Außerirdische sind, die die Milchstraße kolonisieren und uns als erstes begegnen. Vom "Seid fruchtbar und mehret Euch!" zum "Macht euch das Universum untertan!" ist es dann nur ein kleiner Schritt.