Neuerscheinung | 21.11.2010

Alles Gute kommt... nicht unbedingt von oben

 

Richard Dawkins (Foto (c) Mike CornwellDer Virus des Glaubens

Vielleicht überspringen religiöse Ideen wie ein Virus – die Analogie stammt von dem britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins – auch die Artgrenzen, so dass eine kosmische Evangelisierung zu einem sich selbst verstärkenden Prozess wird. Andere Zivilisationen müssen sich dann entweder bekehren oder sie werden einfach ausgelöscht.

Fazit: Fundamentalistische Glaubenssysteme könnten also die entscheidende Triebkraft für eine Expansion sein, die Ausdehnung ins Weltall eingeschlossen. Das macht es wahrscheinlich, dass Außerirdische, wenn sie die Erde besuchen, fanatische Fundamentalisten sind, die missionieren wollen. Wenn Religion weit verbreitet, demographisch expandierend und vielleicht sogar evolutionsbiologisch verankert ist, könnte das zur Bedrohung für alle friedlichen Völker werden. Hauptmotivation der ETs wäre, ihren Glauben zu verbreiten oder, je nach religiösen Lehren, Nicht- und Andersgläubige in einem galaktischen Harmagedon zu vernichten, wenn sie sich nicht beugen. Kontaktrufe ins All hätten dann verheerende Folgen. Wer sich der kosmischen Evangelisation nicht unterwirft, würde ausgelöscht.

 

Die böse Saat der Intoleranz

Dies heißt selbstverständlich nicht, dass alle Außerirdischen – oder alle religiösen Menschen – massakrierende Invasoren sind. Wenn aber etwas dran ist am Schreckgespenst missionierender ideologischer Fanatiker, dann sollte sich die Menschheit mit Botschaften ins All zurückhalten, ganz wie es Stephen Hawking riet.

Man mag einwenden, dass die interstellare Missionierung unsere Freiheit bedroht, aber nicht unser Leben. (Weil tote Körper nicht zum "wahren Glauben" konvertieren können – doch wer weiß schon, welche Vorstellungen die Aliens haben...) Allerdings ist auch Freiheitsentzug lebensbedrohlich, jedenfalls für manche Individuen. Außerdem sollte kein Mensch Interesse an einer extraterrestrischen Hirnwäsche haben. Wir brauchen nicht länger von obskuren Lehren beherrscht werden, wie es ohnehin in der meisten Zeit der Menschheitsgeschichte der Fall war.

Religiosität und Religionen sind nicht immer und nicht in jedem Fall verheerend. Doch aufgrund ihrer ihnen innewohnenden Tendenz, unfehlbare Wahrheiten und sogar absolute Offenbarungen zu verkünden und sich gegen jede Kritik zu immunisieren, tragen sie wie alle Ideologien die böse Saat der Intoleranz und des Alleinanspruchs in sich. Das grausame Extrem davon ist, Andersdenkende und Nichtgläubige zu bekehren oder zu töten – oder zumindest die Tür zu öffnen für einen solchen Missbrauch ihrer Glaubenslehren durch Fanatiker, die daraus eine Motivation und Rechtfertigung beziehen. Die irdische Geschichte der religiösen und politischen Glaubenslehren ist bis in die Gegenwart hinein voll von solchen blutigen Beispielen.