Presseschau | 24.04.2009
Die Evolutionstheorie steht im Widerspruch zu Zombies – nicht, dass etwa jemand an Zombies glauben würde, aber trotzdem. Ferner ist ein Mini-T-Rex aufgekreuzt, der nur 1,50 Meter groß war. Es geht auch um die Evolution des Mitgefühls, um das Kuh Genome Project und um eine Gruppe von Evolutionsbiologen, die dem Appeasement gegenüber der Religion den Kampf ansagt.
Wie Walross, Seehund und Seelöwe zu ihren Flossen kamen [2]
Sie sind an Land gegangen, dort hat es ihnen nicht gefallen, also ging es kurzerhand zurück ins Meer: Walross, Seehund und Seelöwe. Nach Entdeckung einer Reihe von „Missing Links“ haben Paläontologen herausgefunden, wie genau sich das zugetragen hat.
Was mit dem Zombies nicht stimmt [3]
Tote, die wiederbelebt werden, die auch ohne funktionierenden Magen einen großen Appetit auf Menschenfleisch entwickeln und die aus Mangel eines Gehirns gerne das von lebenden Menschen aufessen – was könnte aus biologischer Sicht plausibler sein? Ein weiteres Problem hat „Videoregister“ aufgespürt. Sind Zombies aufgrund einer Vireninfektion zu solchen geworden, hätten die Viren irgendwann mutieren müssen und es wären Zombies dabei herausgekommen, die sich anders verhalten als ihre Artgenossen. Im Vergleich zu tiefergreifenden Logikproblemen mit lebenden Toten ist das zwar gar nichts, aber jetzt wissen wir auch darüber Bescheid.
Wir haben von Natur aus die Fähigkeit, uns in andere hineinzuversetzen und ihre Sorgen und Nöte nachzuempfinden. Doch müssen wir die Empathiefähigkeit trainieren, damit sie nicht abstirbt. Dieser Spiegel-Artikel fasst aktuelle Erkenntnisse zum Thema evolutionäre Moral zusammen, obgleich er zum Teil etwas hastig zusammengestellt wurde und mit einem flunderplatten Dalai-Lama-Zitat endet, als gäbe es keine moralischeren Menschen auf der Welt als Theokraten.
Die schwierige Suche nach einem Impfstoff [5]
Das Aids-Virus hält sich wacker und mutiert fröhlich vor sich her. Die Gefahr wird dabei zunehmend unterschätzt, denn noch immer gibt es kein Heilmittel gegen Aids, während sich gleichzeitig immer mehr Menschen in Deutschland infizieren. Die Lösung: Nicht auf Benedetto hören und verhüten.
Nun wurde auch das komplette Genom der Milchkuh entschlüsselt. Man erhofft sich hierdurch Fortschritte bei der Fleisch- und Milchproduktion. Wichtiger wären womöglich Fortschritte bei der artgerechten Tierhaltung...
„Mini“ und „T-Rex“ würde man gewöhnlich nicht verwechseln. Doch ein Vorfahre des Tyrannosaurus mit dem spannenden Namen Xiongguanlong baimoensis war nur 1,50 Meter groß und einer dessen Vorfahren maß nur einen halben Meter. Also sind bestimmte Raubsaurierarten über längere Zeiträume immer größer geworden, bis sie schließlich ausstarben. Da war es am Ende ganz umsonst, immer brav den Spinat, oder vielmehr dessen Konsumenten, aufzuessen.
Neuropsychologie, Evolutionsbiologie und Sprachwissenschaften tun sich zusammen, um die Evolution der Sprache zu erklären. Leider geht es in dem Artikel zu sehr um Herder, fast als ob das jemanden interessieren würde.
Ameisen sind die besseren Autofahrer [9]
Ameisen organisieren ihre Marschrouten ähnlich wie Menschen ihren Autoverkehr. Nur, dass sie viel besser darin sind.
Nachtsicht-Mechanismus bei Tieren entschlüsselt [10]
Säugetiere passen die Architektur ihrer Zellkerne an ihren Lebensstil an. So befinden sich die Chromatine bei Katzen am äußeren Bereich ihrer Zellkerne, was ihre Nachtsicht ermöglicht.
Auch Hefepilze sind für das Darwin-Jahr zu begeistern und evolvieren mit. Wie genau sie das machen und warum bei ihnen sexuelle Selektion eine Rolle spielt, obwohl es bei Pilzen keine Geschlechter gibt, geschweige denn Sex, das erfährt man bei der FAZ.
Neandertaler-Geburten waren simpler [12]
Der Nachwuchs des modernen Menschen muss sich durch komplexe Rotationen aus dem Geburtskanal schieben, Neandertaler nahmen den direkten Weg ins Freie. Zwar ist somit der menschliche Geburtsvorgang einzigartig in der Natur, aber auf eine unangenehme Weise.
Evolutions-Straßenbahn fährt durch Köln [13]
Die Atheisten-Busse dürfen nicht fahren, aber Evolutions-Straßenbahnen sind für die Kölner Verkehrsbetriebe kein Problem. Dass Evolution und Schöpfung inkompatibel sind und die Evolutionstheorie eine viel größere Glaubensbeleidigung als gottlos glückliche Aufkleber, ist offenbar noch nicht überall angekommen.
Das giftige Erbe der Kopffüßer [14]
Alle Tintenfisch-Arten stammen von einem gemeinsamen Urahn ab, der sein Gift weitervererbte. Einige der heute lebenden Arten sind nicht mehr giftig, die meisten sind es aber noch, darunter der wohl größte Tintenfisch-Fan P.Z. Myers [15].
Die rote Färbung des Fichtenkreuzschnabels hat ihren Ursprung gar nicht in seinen Hautpigmenten, sondern in der Leber. Diese neue Erkenntnis erleichtert es Forschern, die Evolution der Gefieder-Färbung nachzuvollziehen.
Wir erkennen Gesichter anhand paralleler, horizontaler Linien, ähnlich einem Barcode-Scanner aus dem Supermarkt. Diese Erkenntnis will man nun für die (bislang höchst unzuverlässige) elektronische Gesichtserkennung einsetzen. Wäre ja auch furchtbar, einen Wächter für den Job bezahlen zu müssen, auf Flughäfen nach Terroristen Ausschau zu halten. Am Ende könnte man damit noch Arbeitsplätze schaffen.
Rüpel mit Punkten [18]
Marienkäfer sind gar nicht mal so sympathische Genossen, wenn man sie näher betrachtet. Zum Beispiel halten Marienkäfer-Männchen ihr erbeutetes Weibchen bis zu 18 Stunden lang fest. Viele Marienkäferinnen sterben in dieser patriarchalen Gefangenschaft.
Wofür Pinzelzungen gut sind [19]
Die Natur stellte zwei Baukästen für die Mundwerkzeuge der Vögel bereit, aus denen alle bekannten Variationen evolviert sind.
Scheinwerfer an Bord [20]
Gegen Sauerstoffarmut helfen Kiemen, aber wie lösen Meeresbewohner das Problem mit der stockfinsteren Düsternis in den Untiefen des Ozeans? Viele verschiedene Strategien zur Lichtgewinnung oder für ihren Ersatz sind beim Versuch herausgekommen.
Nachahmer erzwingen Farbe [21]
Giftige oder anderweitig gefährliche Tiere warnen ihre Feinde durch grelle Farben. Offenbar spielen Trittbrettfahrer hier eine Rolle, ungefährliche Tiere, die aussehen wie ihre Konkurrenten, um Feinde abzuwehren. Das zwingt die gefährlichen Tiere zu einem krasseren Look.
Kalifornische Flechte nach Obama benannt [22]
Nach George W. Bush wurde 2005 ein „slime mold beetle“, ein schleimig-schimmeliger Käfer benannt: Agathidium bushi. Amstnachfolger Barack Obama hat mehr Glück: Eine unverwüstliche Flechte hat seinen Namen erhalten.
Ein erster Blick auf Hobbit-Knochen [23]
Die umgangssprachlich „Hobbits“ genannten Urzeitmenschen Homo floresiensis zeigen zwar keine Haut, aber dafür ihre Knochen. Letzte kann man nun erstmals auf Fotos begutachten. Im Gegensatz zu den Hobbits aus „Herr der Ringe“ war der Homo floresiensis aber vergleichsweise blöde, weil sein kleines Gehirn einfach nicht die nötige Kapazität aufbrachte für die Intelligenzleistungen des Homo Sapiens.
„Vor den Gläubigen kriechen“ [24]
Michael Schmidt-Salomons Essay Der halbierte Darwin [25] wurde von manchen als unfreundlich und intolerant kritisiert. Wer jedoch den amerikanischen Diskurs zum Thema verfolgt, der weiß, wie seelenstreichelnd kuschelig-sanft dieser Essay eigentlich war.
Der Evolutionsbiologe Jerry Coyne drückt es drastischer aus [24]: „Mit einem Löffel voll Jesus geht Darwin besser runter“, kritisiert er die Strategie einiger Evolutionsbiologen, sich bei Gläubigen einzuschleimen. „Sie erodieren den Naturalismus, der die Grundlage der modernen Evolutionsbiologie darstellt“, stellt er fest. „Nicht nur unterlässt die NCSE [amerik. Organisation, welche die Evolution vor kreationistischen Angriffen verteidigt] die Kritik der Religion, sondern sie kuschelt sich an sie, küsst sie und erzählt ihr, dass alles gut wird.“ Jerry Coyne hält die Evolution für unvereinbar mit den großen Religionen.
Seine Lösung: Lehrer und Professoren sollten einfach die Wissenschaft erläutern und Religion aus dem Spiel lassen. Es ist nicht ihr Problem, wissenschaftliche Erkenntnisse mit der Theologie zu versöhnen. Falls sie jedoch dazu aufgefordert werden, das Verhältnis von Wissenschaft und Religion zu kommentieren, sollten sie so ehrlich sein, auf die Inkompatibilität der beiden Herangehensweisen hinzuweisen.
Jerry Coyne und Michael Schmidt-Salomon stehen beileibe nicht alleine da mit ihren Ansichten. Aus dem englischsprachigen Raum bekommen sie Zuspruch von Richard Dawkins, Sam Harris, Steven Pinker, P. Z. Myers, Dan Dennett, A. C. Grayling, Peter Atkins und vielen weiteren Wissenschaftlern, die ebenfalls keinerlei Kompatibilität zur Religion erkennnen können.
Richard Dawkins überlegt in seiner Antwort auf Coyne's Essay [26] sogar, ob es nicht Zeit ist, die Samthandschuhe auszuziehen: „Ich fange an zu denken, dass wir weitergehen sollten: Lassen wir die humorvolle Veralberung hinter uns und schärfen wir unsere Klauen, dass es richtig weh tut. [...] Was wir brauchen ist sarkastischer, schneidender Witz.“ Als Vorbild nennt er Sir Peter Medawars kultige Rezension [27] von Teilhard de Chardins „Der Mensch im Kosmos“.
AM
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-257-427.jpg
[2] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/954223/
[3] http://www.videoregister.de/2009/04/23/was-mit-den-zombies-nicht-stimmt.html
[4] http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,620709,00.html
[5] http://www.stern.de/wissenschaft/mensch/:Aids-Erreger-25-Jahren-Die-Suche-Impfstoff/661805.html
[6] http://www.ftd.de/forschung_bildung/forschung/:Genforschung-Forscher-entschl%FCsseln-Erbgut-der-Kuh/504185.html
[7] http://derstandard.at/?url=/?id=1240297942800
[8] http://www.faz.net/s/Rub5C2BFD49230B472BA96E0B2CF9FAB88C/Doc~EA96B75FE7A2E45439AE431EA4846FF56~ATpl~Ecommon~Scontent.html
[9] http://www.scienceticker.info/2009/04/22/ameisen-sind-die-besseren-autofahrer/
[10] http://pressetext.de/news/090422027/nachtsicht-mechanismus-bei-tieren-entschluesselt/
[11] http://www.faz.net/s/Rub80665A3C1FA14FB9967DBF46652868E9/Doc~E6BF7CD4A11B94D00AB99DE54432FED93~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed
[12] http://www.handelsblatt.com/technologie/forschung/auch-neandertaler-geburten-waren-schmerzhaft;2246968
[13] http://www.az-web.de/lokales/euregio-detail-az/871056?_link=&skip=&_g=Evolutions-Strassenbahn-faehrt-durch-Koeln.html
[14] http://derstandard.at/?url=/?id=1237230220080
[15] http://scienceblogs.com/pharyngula/
[16] http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-9793-2009-04-20.html
[17] http://www.welt.de/die-welt/article3585815/Gesichter-als-Barcodes.html
[18] http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1238775222075.shtml
[19] http://www.welt.de/die-welt/article3576899/Wofuer-Pinselzungen-gut-sind.html
[20] http://www.morgenweb.de/nachrichten/wissenschaft/20090418_srv0000004081610.html
[21] http://www.scienceticker.info/2009/04/17/nachahmer-erzwingen-farbe/
[22] http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/611639
[23] http://www.nytimes.com/2009/04/21/science/21hobb.html?_r=1&emc=eta1
[24] http://whyevolutionistrue.wordpress.com/2009/04/22/truckling-to-the-faithful-a-spoonful-of-jesus-helps-darwin-go-down/
[25] http://www.darwin-jahr.de/evo-magazin/halbierte-darwin
[26] http://richarddawkins.net/article,3767,Truckling-to-the-Faithful-A-Spoonful-of-Jesus-Helps-Darwin-Go-Down,Jerry-Coyne#368197
[27] http://www.cscs.umich.edu/~crshalizi/Medawar/phenomenon-of-man.html