Wissenschaftstheorie | 18.12.2008

Schöpfung contra Evolution

Warum sind die Biowissenschaften naturalistisch?

 

Gott ist keine Erklärung

Dieser schwache ontologische Naturalismus ist nun nicht etwa nur eine beliebige philosophische Hypothese, sondern ein essentielles Grundprinzip der Naturwissenschaften überhaupt. Denn die Naturwissenschaften sind an bestmöglicher Absicherung (Überprüfung) ihrer Theorien sowie an mechanismischen Erklärungen interessiert. Überprüfbar sind jedoch nur Theorien, die kausal strukturierte, materielle Objekte zum Gegenstand haben, die sich gesetzmäßig verhalten und durch weltimmanente Prinzipien, das heißt durch Wechselwirkung mit anderen Dingen entstehen und sich entwickeln (Elementarteilchen oder deren Systeme). Übernatürliche Wesenheiten "entziehen sich hingegen per definitionem unserem Zugriff und sind auch nicht an (zumindest weltliche) Gesetzmäßigkeiten gebunden" (Mahner 2003, p. 138). Es ist augenscheinlich, dass sich für das Wirken übernatürlicher, transzendenter Kräfte keine objektive Grenze angeben lässt. Deshalb fallen Theorien, die von übernatürlichen Wirkursachen, Wundern und unspezifischen Schöpfern handeln, der Beliebigkeit anheim; solche Faktoren lassen sich nicht empirisch-wissenschaftlich begründen.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass wir buchstäblich alles mit nur einer einzigen übernatürlichen Ursache erklären könnten. So könnte etwa das Wachstum der Bäume ebenso mithilfe der Einwirkung eines göttlichen Designers erklärt werden, wie der radioaktive Zerfall oder die Entstehung von Planetensystemen. Doch eine Theorie, die prinzipiell alles erklären kann, erklärt aus wissenschaftlicher Sicht gar nichts, zumal es sich bei den ihnen zugrunde liegenden Mechanismen und Zwängen um völlig unbekannte und unerforschliche Faktoren handelt. Nur Theorien, die auf der Basis wohlbegründeter Mechanismen genau das erklären, was sie erklären sollen und dabei eine Menge logisch möglicher Beobachtungen ausschließen, haben Erklärungskraft (Bunge und Mahner 2004). In den Augen derer, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihre Theorien zu überprüfen und bislang unverstandene Phänomene einer differenzierten, innerwissenschaftlichen Erklärung zuzuführen, existiert also keine Alternative zum ontologischen Naturalismus. Die Tatsache, dass die Naturwissenschaftler keine übernatürlichen und teleologischen Faktoren akzeptieren, ist schlichtweg Ausdruck methodologischer Notwendigkeit (Abb. 2).

Abb.2 Der ontologische Naturalismus ist fester Bestandteil des philosophischen Hintergrunds aller Naturwissenschaften, denn er ist eine notwendige Vorbedingung für die Prüfbarkeit von Theorien. Nur aus Gesetzesaussagen lassen sich logisch ganz spezifische Folgerungen ableiten, die man an der Beobachtung überprüfen kann. In einer Schöpfungstheorie werden jedoch Gesetzesaussagen zum Teil durch den Willen einer unerforschlichen Wesenheit ersetzt, über die sich beliebig spekulieren lässt. Überhaupt jeder nur denkbare empirische Effekt könnte der freien Entschlusskraft eines Schöpfers entsprungen sein. Hierin wird deutlich, dass letztlich alle "Erklärungen" am unergründbaren Ratschluss des Schöpfers scheitern, denn anstelle einer Erklärung wird einfach der unerklärte Wille eines intelligenten Planers gesetzt.