Evolution | 20.12.2008

Antworten auf Evolutionszweifel

Kinderzeichnung zur Evolution

Unter Gläubigen und Laien grassieren viele Fehldeutungen und Missverständnisse, wenn es um die Evolution geht. Prof. Wuketits klärt auf.

 

Evolution läßt sich nicht beweisen

FALSCH Für die Evolution liegt eine große Fülle von Belegen aus sämtlichen Gebieten der Biologie und ihrer Rand- und Nachbardiszplinen vor. Pflanzen- und Haustierzucht sowie verschiedene Experimente liefern sogar einen sehr direkten Zugang zum Verständnis von Evolutionsprozessen. Heute helfen dabei auch Computersimulationen.


Für die Evolution gibt es keine Augenzeugen

IRRELEVANT Auch für Julius Caesar gibt es keine Augenzeugen, trotzdem zweifelt niemand an seiner Existenz. Dem Historiker dienen Handschriften, Bauwerke usw. bei der Rekonstruktion geschichtlicher Abläufe, dem Evolutionsbiologen Strukturen und Funktionen rezenter Organismen, Fossilien usw. bei der Rekonstruktion evolutionsgeschichtlicher Abläufe.


Das Fehlen von Übergangsformen (connecting links) läßt auf
einen Schöpfergott und nicht auf Evolution schließen.

FALSCH Neben dem bekannten Urvogel als Bindeglied zwischen Reptilien und Vögeln sind noch weitere Übergangsformen vorhanden. Und dort, wo solche fehlen, ist der Schluss auf einen Schöpfer illegitim. Pointiert gesagt: Wer nicht weiß, wer sein Urgroßvater war, zweifelt auch nicht daran, dass es diesen gegeben hat und glaubt auch nicht, daß die folgenden Generationen spontan erschaffen worden sind.


Die Selektion - als "blinde Kraft" - kann die Ordnung des
Lebendigen nicht erklären.

FALSCH In den relativ langen Zeiträumen, in denen sich Evolution abspielt, kann Selektion gar manches bewirken. Außerdem wirken fundamentale Naturgesetze. Schließlich lenken die den Organismen eigenen Konstruktions- und Funktionsbedingungen in Verbindung mit Außenfaktoren die Evolution in eine bestimmte Richtung. Daher gibt es auch keine vier Meter großen Käfer, keine würfelförmigen Haie, keine fliegenden Seehunde usw.


Die Natur weist auf einen intelligenten Planer hin.

FALSCH Die unzähligen Sackgassen der Evolution - bedingt vor allem durch enge (teils extreme) Spezialisierung - lassen eher an einen Pfuscher, als an einen intelligenten Planer, denken. Warum hätte dieser auch zulassen sollen, daß 99 Prozent aller Arten, die je existiert haben, wieder ausgestorben sind? Warum hat er nicht alle Arten gleich perfekt konstruiert? Warum läßt er zu, dass der Mensch, die "weise" Spezies, die ihn umgebende Natur zerstört, schon unzählige andere Arten ausgerottet hat und mit seinen eigenen Lebensressourcen verschwenderisch umgeht... ?!


Nicht alle Strukturen und Funktionen lassen sich als
Anpassungen erklären

IRRELEVANT Aus der Sicht der modernen Evolutionsbiologie ist Anpassung nicht alles. Das wusste schon Darwin. Organismen sind aktive Systeme und keine Spielbälle externer Kräfte. Sie können sich nicht beliebig an ihre jeweilige Außenwelt anpassen. Umgekehrt aber wirken sie auf diese (aktiv) ein.


Die Evolutionstheorie kann den menschlichen Geist nicht erklären

FALSCH Schon Darwin führte aus, dass auch komplexe psychische und mentale Phänomene in der Evolution allmählich entstanden und nicht vom Himmel gefallen sind. Heute liefern Disziplinen wie evolutionäre Erkenntnistheorie, Evolutionspsychologie und Soziobiologie stichhaltige, empirisch nachvollziehbare Argumente für die Evolution des menschlichen Geistes.


Darwin hat nicht alle Probleme der Evolution gelöst

IRRELEVANT Auch Newton hat nicht alle Probleme der Physik gelöst. Seit Darwin hat die Evolutionsbiologie unzählige Einzelerkenntnisse gewonnen, die unser Bild von der Evolution ständig verbessern und vervollständigen. Die Evolutionsbiologie ist eine sich stürmisch entwickelnde Disziplin, die fortgesetzt neue Detailergebnisse bringt.

 

Franz M. Wuketits