Evoluzzer | 04.12.2008
Sein Leben und seine Erkenntnisse
Charles Darwin wurde am 12. Februar 1809 in Shrewsbury, England, als zweiter Sohn und fünftes von sechs Kindern geboren. An seine Mutter Susannah (geb. Wedgwood), die bereits 1817 starb, konnte er sich kaum erinnern. Sein Vater Robert Waring Darwin war ein wohlhabender Arzt, sein Großvater Erasmus Darwin ein bedeutender Naturforscher. Im Alter von 16 Jahren wurde Charles an die Universität Edinburgh geschickt, um dort Medizin zu studieren. Die ermüdenden Vorlesungen und die Teilnahme an zwei Operationen ohne Anästhesie verleideten ihm aber bald das Studium der Medizin. Als deutlich wurde, dass Charles nicht Arzt werden wollte, schickte ihn sein Vater zum Theologiestudium nach Cambridge.
Die Reise
Der entscheidende Wendepunkt in seinem Leben war die Weltreise mit dem Forschungsschiff Beagle. Wenige Monate nach dem Ende des Theologiestudiums wurde Darwin angeboten, Kapitän Robert FitzRoy als Naturforscher und gentleman companion zu begleiten. Die Besatzung der Beagle sollte die Küsten von Südamerika vermessen, um die Seekarten der englischen Admiralität zu verbessern.
Als die Beagle im Oktober 1836 nach fast fünf Jahren England wieder erreichte, konnte Darwin auf einen reichen Schatz an Beobachtungen und Erfahrungen zurückgreifen, der ihn zu einem der führenden Naturforscher Englands machte. Schon kurze Zeit später begann er, Spekulationen über die Entstehung der Arten niederzuschreiben. Zwei Überlegungen überzeugten ihn von der Realität der Evolution: Zum einen sind die ausgestorbenen Arten Südamerikas eng mit den heute dort lebenden Arten verwandt. Zum anderen stellte sich heraus, dass die Finken und Spottdrosseln, die Darwin auf verschiedenen Galápagosinseln gesammelt und ursprünglich für Rassen gehalten hatte, unterschiedlichen Arten zugeordnet werden können.
Lamarck und Malthus
Bei der Frage nach den Ursachen der Evolution sympathisierte er eine Weile mit einem ähnlichen Mechanismus wie der französische Naturforscher Lamarck. Der entscheidende Anstoß für Darwin, einen völlig anderen Evolutionsmechanismus in Erwägung zu ziehen, war seine Lektüre des Essay on the principle of population (1826) von Thomas Malthus im September 1838. Als wesentlichen Gedanken übernahm Darwin von Malthus, dass jede biologische Art eine starke Tendenz zur Vermehrung hat, die größer ist als die mögliche Vermehrung der Nahrungsmittel. Da sich die Zahl der Individuen einer Art auf lange Sicht meist nur wenig ändert, muss es deshalb innerhalb einer Art zu einem Kampf ums Dasein kommen. Darwins origineller Gedanke, der aus der These von Malthus erst eine Evolutionstheorie machte, bestand nun in der Erkenntnis, dass sich diese Konkurrenz zwischen (erblich) verschiedenen Individuen abspielt.
Darwins Zögern
Im Januar 1839 heiratete Darwin seine Cousine Emma Wedgwood. Im September 1842 zog er sich nach Down (Kent) zurück, einen kleinen ländlichen Ort 16 Meilen südlich von London, um ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verpflichtungen seinen Studien nachgehen zu können. Nach einer bis heute zu Spekulationen reizenden, zehnjährigen Unterbrechung wandte er sich erst im September 1854 wieder der Evolutionstheorie zu. Er hatte bereits große Teile des geplanten Buches vollendet, als am 18. Juni 1858 ein Brief des Naturforschers Alfred Russel Wallace bei ihm eintraf, der sich zu dieser Zeit auf den Molukken aufhielt. Der Brief enthielt ein Manuskript, das Wallace veröffentlichen wollte. Als Darwin es las, war er schockiert: Wallace vertrat nicht nur eine Evolutionstheorie, sondern schlug auch einen Mechanismus vor, der fast völlig mit Darwins Selektionstheorie übereinstimmte.
Darwin ließ sich überzeugen, dass eine Veröffentlichung seiner eigenen Ideen zusammen mit dem Manuskript von Wallace dessen Prioritätsrechte nicht verletzen würde. Und er begann an einer Kurzfassung seiner Theorie zu arbeiten, merkte aber bald, dass eine zu komprimierte Darstellung seiner Sache nicht dienen würde und schrieb an einer immer noch stark verkürzten, aber Buchumfang annehmenden Version, dem späteren Origin of species. Darwin ging ausgesprochen geschickt vor, um den Erfolg seines Buches zu sichern. Zum einen machte er einen engen Kreis von wissenschaftlichen Kollegen langsam und geduldig mit seinen Ideen vertraut. Zum andern galt er seit den 1840er Jahren als einer der führenden Naturforscher Englands. In Origin of species sicherte er seine Ideen zudem durch zahlreiche Einzelbeobachtungen ab und bemühte sich um allgemeine Verständlichkeit, so dass auch Nicht-Biologen in der Lage waren, seinem Argument zu folgen.
Die neue Biologie
Auch nach der Veröffentlichung von Origin of species war Darwin außerordentlich produktiv. Im Vertrauen auf die Richtigkeit seiner Theorie wandte er sich neuen evolutionstheoretischen Projekten zu. Bereits im Frühling und Sommer 1860 begann er, sich für viele eigentümliche Strukturen und Funktionen bei Primeln, Orchideen, kletternden und fleischfressenden Pflanzen zu interessieren. Zur selben Zeit nahm er auch die Arbeit an seinem „Big species book“ wieder auf. In diesem Buch wollte er das Material über die Variabilität von Pflanzen und Tieren darlegen, das er in mehr als 20 Jahren gesammelt hatte. Als einziger Teil erschien 1868 The variation of animals and plants under domestication. Es gibt wahrscheinlich kein Problem, mit dem sich Darwin intensiver beschäftigt hat und bei dem er weniger erfolgreich war, als bei der Suche nach den Ursachen der natürlichen Variabilität.
Außerordentlich lebhaftes Interesse rief schließlich 1871 The descent of man, and selection in relation to sex hervor, in dem Darwin die Frage der menschlichen Evolution diskutierte, ein Problem, das er in Origin of species nicht angesprochen hatte, um die Widerstände gegen seine Theorie nicht noch weiter zu verstärken. Im zweiten Teil des Buches geht er dann detailliert auf die sexuelle Auslese ein. Dieses Prinzip ermöglichte es Darwin, Merkmale zu erklären, die keinen direkten Überlebenswert für das Individuum haben, wie etwa das prächtige Gefieder zahlreicher Vogelarten.
In den folgenden Jahren forschte Darwin weiter, vor allem zu botanischen Themen. Am 19. April 1882 starb er in seinem Haus in Down. Er selbst und seine Familie hatten gehofft, dass er in der Familiengruft in Down begraben würde. Doch einige seiner einflussreichen Anhänger waren davon überzeugt, dass nur die Londoner Westminster Abbey, die berühmteste Begräbnisstätte des Britischen Empires, seiner Bedeutung angemessen sei. „Die Abbey brauchte ihn mehr, als er die Abbey,“ bemerkte die Times, und so wurde Darwin mit kirchlichem Pomp feierlich am 26. April beigesetzt.
© Thomas Junker. Verändert nach „Einleitung.“ In Charles Darwin. Über die Entstehung der Arten im Thier- und Pflanzen-Reich durch natürliche Züchtung, oder Erhaltung der vervollkommneten Rassen im Kampfe um’s Daseyn. Faksimile der ersten deutschen Ausgabe von 1860. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2008, S. 6-33.
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-95-18.jpg