
Presseschau | 15.01.2010
Mit jeder Presseschau verstehen Sie die Welt ein bisschen besser. Diesmal geht es um die Fragen: Wozu ist die Ehe gut? War der Neandertaler schlauer als vermutet? Steckt die Quantenmechanik auch in unseren Köpfen? Und vor allem: Wie muss man tanzen, um die schönsten Frauen zu bekommen? Und dies sind nur einige der zahlreichen Themen jener erkenntnisträchtigen Woche...

Auch Prionen sind der Evolution unterworfen [2]
Pathogene Prionen, die aus PRPC-Proteinen (Eiweißen) hervorgehen, haben keine DNA oder RNA, aber sie sind dennoch der Mutation und Selektion unterworfen. Charles Weissmann, Autor einer neuen Studie zum Thema, sagte dazu: „Wir fanden heraus, dass eine RNA-Virus-Population, die eigentlich nur eine Sequenz haben sollte, ständig neue Mutationen erzeugte und die unerwünschten eliminierte.“ Mit anderen Worten scheinen die Bedigungen für die Entstehung von Leben weniger anspruchsvoll zu sein, als bislang vermutet.
Evolution versus Kreationismus: Die Standard-Debatte [3]
Der auf YouTube aktive Satiriker „NonStampCollector“ hat die typischsten Argumente von Kreationisten gesammelt und sie in diese fiktive Debatte zwischen einem Schöpfungsgläubigen und einem Biologen eingebaut. Kennt man diese Debatte, kennt man sie alle. Neue Argumente braucht man von der 6-Tage-Fraktion nämlich nicht zu erwarten.
Wozu Ehe? [4]
Solange die Schwiegermutter nicht im selben Haushalt wohnt, muss Ehe nicht schlecht sein. Monogamie hat auch Vorteile, zum Beispiel stammen die Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit auch wirklich vom jeweiligen Partner und beide Partner müssen in den Nachwuchs investieren. Treue stärkt die Stabilität einer Beziehung und senkt den Stresslevel, sodass die Partner sich nicht ständig auf die Finger schauen müssen, ob einer irgendwo in eine neue Familie investiert. Trotzdem ist Monogamie in den allermeisten Fällen nur eine vorrübergehende Angelegenheit. Ehen halten im Schnitt 9,2 Jahre und selbst währenddessen gehen die meisten Partner irgendwann einmal fremd.
Neandertaler schlauer als gedacht? [5]
Neandertaler lebten vor 160.000 bis 30.000 Jahren. Man hielt sie bislang dem Homo Sapiens für geistig unterlegen, aber allmählich häufen sich die Belege, dass er vielleicht nicht so unterlegen war, wie angenommen. Nun sind gefärbte und gelochte Muscheln gefunden worden, welche der Neandertaler als Schmuck verwendete. Solche künstlerischen Handarbeiten waren bislang nur vom Homo sapiens bekannt.
Wohnungsvermittlung auf Zuruf [6]
Amerikanische Haftscheibenfledermäuse haben ein System zur gegenseitigen Wohnungsvermittlung entworfen: Sie suchen sich täglich neue aufgerollte Blätter zum Schlafen und wenn sie welche gefunden haben, antworten sie einem Frageruf der noch suchenden Kollegen und informieren ihn über die Lage des Schlafplatzes.
Der Index für kreationistische Behauptungen [7]
Diese englische Website bietet ein reichhaltiges Sortiment an kreationistischen Behauptungen und wissenschaftlichen Antworten. Dort erfährt man auch verblüffende Details. Zum Beispiel war die einzige Form des Schöpfungsglaubens, der in den USA zeitweise staatliche Anerkennung fand, der Glaube der Umatilla-Indianer. Gegen den Minderheiten-Bonus kommen die evangelikalen Kreationisten eben nicht an.
Das unintelligente Design des Lebens [8]
Ein Beitrag über Richard Dawkins neuestes Buch „The Greatest Show on Earth“, in dem er die Belege für die Evolution erläutert.

Sex und Steinzeit gehören zusammen [9]
Frauen haben Sex aus den trivialsten Gründen. Aus Langweile, aus Abenteuerlust, als Dienstleistung im Tauschhandel, um ihre Freundinnen eifersüchtig zu machen, als Disziplinarmaßnahme, aus Mitleid und aus noch sehr viel banaleren Gründen. 237 dieser Gründe haben die US-Psychologen Cindy M. Meston und der Evolutionspsychologe David M. Buss von Frauen gesammelt. Liebe war gestern. Frauen haben Sex, damit der Mann am nächsten Morgen Schnee schippt.
Verschränkte Gehirnzellen [10]
Offenbar treibt die mysteriöse Quantenmechanik auch im menschlichen Gehirn ihr Unwesen. Trotz räumlicher Trennung sind einige Gruppen von Gehirnzellen miteinander verschränkt, schwingen also in der selben Frequenz. Man spricht von „spukhafter Fernwirkung“ und „Nichtlokalität“, weil wir nicht erkennen können, dass die betroffenen Teilchen in irgendeiner kausalen Verbindung miteinander stehen. Dies geschieht dann, wenn die Gehirnzellen an der gleichen Aufgabe arbeiten. Aber machen Sie sich keine Sorgen: Niemand weiß momentan so genau, was das bedeutet und wie das überhaupt möglich sein kann.
Frau ist nicht gleich Mann [11]
Das sogenannte „Gender-Mainstreaming“ ist gerade sehr populär in Politik und Wirtschaft. Es handelt sich um den antiwissenschaftlichen, marxistisch inspirierten Versuch, die Natur zu leugnen und die Geschlechter aufzulösen. Aber ich habe auch ein paar fesche Anglizismen im Angebot: „Gender-Mainstreaming“ ist tatsächlich eine Variante des „Social engineering“ und war eines von Genosse Stalins liebsten Beschäftigungen. Die guten, alten Tage des „Equality-Feminismus“ (natürliche Unterschiede, aber gleiche Rechte) sind vorrüber. Warum das Gender-Mainstreaming mehr schadet als hilft, erklärt Susan Pinker, die Schwester des berühmten Evolutionspsychologen Steven Pinker („Das unbeschriebene Blatt“) in diesem Artikel.
Ohrwürmer ignorieren [12]
Ohrwürmer sind sehr lästig, insbesondere wenn man vor einer Prüfung die Titelmelodie von „Pippi Langstrumpf“ nicht aus dem Kopf bekommt. Das beste Heilmittel: Einfach ignorieren. In einer Studie fand man heraus, dass der Ohrwurm dann im Schnitt nach 22 Minuten verschwindet. Konzentriert man sich darauf, ihn loszuwerden, dauert es 40 Minuten.
Internet verbessert Sozialverhalten von Jugendlichen [13]
Zwei neue Studien belegen, dass das Internet das Sozialverhalten von Jugendlichen verbessert. Es hilft dabei, Kontakte zu knüpfen und zu erhalten, auch ist es einfacher, online seine Gefühle auszudrücken. So viel zu Frank Schirrmachers apokalyptischen Internetängsten [14].
Verdammter PC! [15]
Tatsächlich ist es sehr hilfreich, seinen Computer anzuschreien, wenn er nicht funktioniert. Es handelt sich um eine weit bessere Kompensationsstrategie, als seine Tastatur zu zertrümmern.
Das Gesicht einer Frau empfinden Männer im Durchschnitt als schön, „wenn der Abstand zwischen Augenpartie und Mund in etwa 36 Prozent der Gesichtslänge und gleichzeitig die Distanz zwischen den Augen 46 Prozent der Gesichtsbreite entspricht.“ Diese Verhältnisse kommen zum Glück auch am häufigsten vor.
Die Psychologie des Discotanzes [17]
Wie muss man tanzen, um die schönsten Frauen zu bekommen? Auch darauf hat die Wissenschaft eine Antwort gefunden: Komplexe Bewegungen des Oberkörpers bei mittlerer Variation der Tanzbewegungen kommen bei Frauen allgemein gut an. Frauen, die dominante Männer suchen, schauen auf eine möglichst große Variation der Tanzbewegungen. Wer sich seiner Liebsten unterordnen möchte, sollte eine möglichst kleine Variation an Tanzbewegungen bieten. Und wer ein Menschenbild hat, das nicht ganz so platt ist wie eine Flunder, sucht sich seinen Lebenspartner am besten gar nicht nach bloßen Tanzbewegungen aus.
Warum bestrafen wir uns selbst? [18]
Buße ist ein merkwürdiges Phänomen. Es geht darum, sich für begangene Fehler selbst zu bestrafen. Studien zeigen, dass Buße zum gewöhnlichen menschlichen Verhalten gehört.
Michael Schmidt-Salomon zur Willensfreiheit [19]
Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon erklärt, warum der Physikalismus seiner Ansicht nach nicht genüge, um das Bewusstsein zu erklären, warum er kein Inkompatibilist ist und warum ich zu viel Unsinn rede.
Teil 1: Wege aus dem Labyrinth (1) [19]
Teil 2: Wege aus dem Labyrinth (2) [20]
Teil 3: Folgt nächsten Donnerstag
Steven Novella gegen Ray Tallis [21]
Steven Novella, ein Neurologe, und Ray Tallis, ein Philosoph, streiten sich in den USA über das selbe Thema wie Schmidt-Salomon und ich in Deutschland. Es geht um die Frage, wie das Bewusstsein entsteht. Tallis meint, Evolution und Gehirnvorgänge reichten nicht aus, um das Bewusstsein zu erklären, obgleich er trotzdem glaubt, dass es eine naturalistische Grundlage hat, die wir nur noch nicht kennen. In dieser Debatte verteidigt Steven Novella die (physikalistische) materialistische Position, die ich in der Debatte mit Schmidt-Salomon verteidige. Sehr merkwürdig. Offenbar liegt es gerade in der Luft, „Materialismus“ von „Naturalismus“ zu unterscheiden.

Studie: Religion macht Gesellschaft kaputt [22]
Aus vergangenen Studien wissen wir, dass die religiösesten Gesellschaften der entwickelten Welt zugleich die instabilsten und dysfunktionalsten Gesellschaften sind. Aber warum ist das so? Führen soziale Ungleichheit und Verbrechen zu mehr Religiosität oder ist es andersherum? Eine neue Studie weist erstmals eine Kausalität nach: Religion führt zu mehr Misstrauen zwischen den Menschen.
Erzittert vor dem Zorne Dennetts! [23]
Der normalerweise stoisch entspannte Philosoph Daniel Dennett fordert in seinem neuesten Artikel [24] die Einstellung allen Respekts gegenüber dem religiösen Glauben. Außerdem solle man den Klerus wegen Betrugs verurteilen und religiös motivierte Gewalt härter bestrafen als zum Beispiel Gewalt aus Habgier.
Schwuler Junge hat Angst: Bin ich Christ? [25]
LOUISVILLE, USA— Auf den ersten Blick sieht der Gymnasiast Lucas Faber, 18, wie jeder normale schwule Jugendliche aus. Er ist ein Mitglied des Swing-Chors seiner Schule, er mag Shopping im Einkaufszentrum und er hat Sex mit anderen Männern seines Alters. Aber seit kurzem beunruhigt diesen jungen schwulen Mann ein Gedanke. Ein quälendes Gefühl, dass er, tief in sich drin, ein fundamentalistischer, rechter Christ sein könnte. (Satire).
AM
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-376-634.jpg
[2] http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31811/1.html
[3] http://richarddawkins.net/articles/4903
[4] http://www.pressetext.ch/news/100112028/monogamie-ist-evolutionsvorteil/
[5] http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,671380,00.html
[6] http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/309284
[7] http://www.talkorigins.org/indexcc/
[8] http://diepresse.com/home/science/532543/index.do?direct=532541&_vl_backlink=/home/index.do&selChannel=158
[9] http://www.welt.de/die-welt/lifestyle/article5707995/Sex-und-Steinzeit-gehoeren-zusammen.html
[10] http://science.orf.at/stories/1636355/
[11] http://www.faz.net/s/RubC43EEA6BF57E4A09925C1D802785495A/Doc%7EEF73DC81E1E0D42D990416D362BCB2F02%7EATpl%7EEcommon%7EScontent.html?rss_googlenews
[12] http://www.welt.de/die-welt/wissen/article5707921/Ohrwuermer-ignorieren.html
[13] http://www.welt.de/webwelt/article5819011/Internet-bessert-Sozialverhalten-von-Jugendlichen.html
[14] http://feuerbringer.com/2009/11/30/internet-vermanscht-schirrmachers-gehirn/
[15] http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article1341663/Computer-Probleme-Anschreien-hilft.html
[16] http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/news/psychologie-berechenbares-schoenheitsideal_aid_464437.html
[17] http://orf.at/091217-45935/?href=http://orf.at/091217-45935/45936txt_story.html
[18] http://feuerbringer.com/2010/01/10/warum-bestrafen-wir-uns-selbst/
[19] http://hpd.de/node/8554
[20] http://hpd.de/node/8586
[21] http://www.theness.com/neurologicablog/?p=1443
[22] http://feuerbringer.com/2010/01/11/religion-macht-gesellschaft-kaputt/
[23] http://feuerbringer.com/2010/01/13/erzittert-vor-dem-zorne-dennetts/
[24] http://newsweek.washingtonpost.com/onfaith/panelists/daniel_c_dennett/2010/01/religious_no_longer_a_protected_class.html
[25] http://feuerbringer.com/2010/01/13/schwuler-junge-hat-angst-bin-ich-christ/