Presseschau | 02.04.2009
Quentin Tarantino dreht einen Film über Charles Darwin mit Tom Cruise in der Hauptrolle, aber nicht wirklich. Außerdem: Michael Schmidt-Salomon im Interview über den halbierten Darwin, Ameisen als Pilz-Farmer, Kreationismus landet in Texas, Darwin wird zum Rockstar und Evangelikale flüchten vor zu guter Bildung in die USA.
Die Kirche hat Darwin nie akzeptiert [2]
Aufbauend auf seinem Essay Der halbierte Darwin [3] gibt es nun ein großes Interview mit Michael Schmidt-Salmonon beim Tagesspiegel zum Thema „Vereinbarkeit von Evolution und Schöpfungsglaube“. Außerdem geht es um die atheistische Buskampagne und um „Pro Reli“.
Tom Cruise spielt Darwin!? [4]
In ihrem Aprilscherz will uns die Süddeutsche weißmachen, dass Tom Cruise den Naturforscher Charles Darwin spielt – in einem neuen Film von Quentin Tarantino (Kill Bill, Pulp Fiction). Inhaltlich will man den Kreationismus mit der Evolution versöhnen, indem man eine Nonne vorstellt, die Darwin bei seinen Reisen mit der Beagle in das Prinzip der sexuellen Selektion einführt. Und das ist nur ein Teil der erotischen Abenteuer, die Darwin mit jener Nonne bestehen muss. Cruise enthüllt am Set, dass sich Darwin spiele wie „Stauffenberg mit Backenbart“. Am Ende meint er zum Verhältnis von Evolution und Gottesglaube, dass Gott wie General Motors sei und er selbst wäre Handschuhfach Gottes.
Man hätte es Tarantino und Cruise ja glatt zugetraut.
Jim Knopf lernt die Evolutionstheorie [5]
In einem Videoclip der FAZ erfährt Jim Knopf von Frau Mahlzahn alles über ihre Herkunft. Ein kleines Comeback der „Augsburger Puppenkiste“ zu Ehren Darwins.
Religion ist eine primitive Form der Welterklärung [6]
Dachte zumindest Charles Darwin. Mehr über seine Haltung zur Religion erfährt man in dieser Leseprobe aus dem aktuellen Spektrum der Wissenschaft.
Bist du zu fett, sind die Gene dran schuld. Zumindest eine große Mitschuld tragen unsere Gene am Versagen von Diäten. Also unterlassen wir doch die Verurteilungen von unseren ründlicheren Mitmenschen.
Ein neues Verfahren ermöglicht es Forschern, 50 Veränderungen einer Bakterien-DNA gleichzeitig vorzunehmen. Das beschleunigt die Entwicklung von Medikamenten. Es sei denn, Gentechnik-Gegner protestieren erfolgreich auch gegen dieses Verfahren. Dann sterben wir eben weiterhin an grausigen Krankheiten.
Epigenetik auf dem Vormarsch [9]
Die Umwelt beeinflusst laut der Epigenetik die Vererbung. Trotzdem widerspricht die Epigenetik nicht der klassischen Evolutionstheorie. Die betroffenen Merkmale sind nämlich nicht in der DNA-Sequenz festgelegt.
Einfach mal die Fresse halten [10]
Was Reinhold Leinfelder unserer Wenigkeit empfiehlt, das empfiehlt Dieter Nuhr allen Menschen, die keine Ahnung haben. Dieter Nuhr selbst ist einer der wenigen Komiker, von denen man etwas lernen kann und die tatsächlich wissen, wovon sie reden. Von daher unsere Empfehlung, sich sein Programm reinzuziehen.
Geburt tut weh [11]
Empfängnis ist vielleicht kein Mord (oder doch? [12]), aber spätestens der Geburtsvorgang bringt gewaltige Schmerzen mit sich. Warum das so ist, erklärt Prof. Reichholf im Interview mit Welt TV.
Schöpfung ist keine vernünftige Angelegenheit [13]
Schadenfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Wie in diesem Fall, wo ein Band mit dem Titel „Gott oder Darwin?“ einen Dialog um die Vereinbarkeit von Schöpfungsglaube und Evolutionstheorie führen will, mit dem angestrebten Ergebnis, dass sie sich irgendwie vertragen können. Aus Sicht der FAZ-Rezensentin Manuela Lenzen sieht die Lage jedoch anders aus: „Friede Freude – Pustekuchen.“
Darwin rocks! [14]
Eine Gruppe von Biologen aus Tübingen plagiatiert schamlos unsere Idee, Darwin eine E-Gitarre umzuhängen und ihn in ein Musikvideo zu stecken. Ab dem 3. April ist das Event online auf darwinrocks.de [15] zu bestaunen und als Klingelton gibt es das Ganze natürlich auch.
Ein Dossier von scinexx befasst sich mit der Evolutionstheorie. Es geht um den Streit, wie man „Art“ definiert, darum, wie man Arten per DNA-Barcoding schnell erkennt, es geht um die Reaktion der Arten auf Klimaveränderungen und um Charles Darwin höchstpersönlich.
Evolution denkt nicht in Arten [17]
Ebenfalls um den umstrittenen Artbegriff geht es der Süddeutschen. Ist eben spannend, ob sie sich eines Tages einig werden.
Ältester Knochenfisch entdeckt [18]
Und schon wieder wurde eine „Lücke“ in den Fossilienfunden gestopft: Chinesische Paläontologen haben den ältesten Knochenfisch entdeckt, der Altkanzler Helmut Schmidt deutlich überbietet und heute seinen 418 Millionsten Geburtstag feiert.
Lösten Salzseen größtes Massensterben aus? [19]
Riesige Salzseen waren vermutlich für das größte Massensterben auf der Erde vor 250 Millionen Jahren verantwortlich. Hinterlistig trieben sie Halogenkohlenwasserstoffe in die Luft und töteten unsere lieben Pflanzen. Salzseen, spalta!
Giftmischen fürs Gliedertier [20]
Das Wettrüsten in der Tierwelt betrifft auch tödliche Gifte. Wie Schlangen und Skorpione sich immer effektiver angiften, erfährt man bei Spektrum der Wissenschaft.
Familie flüchtet vor Bildung in die USA [21]
Eine deutsche Familie möchte ihre Kinder ungestört religiös indoktrinieren und flüchtet darum in die USA, wo sie eine Welt frei von Sexualkunde und Evolution erwarten.
Mutige Entdecker [22]
Ameisen können sich stets neu orientieren und sich einen anderen Heimweg aussuchen. Wie Schulkinder suchen sie gegebenenfalls nach neuen Routen, um ihr Ziel zu erreichen.
Über 230 Ameisenarten legen Pilzgärten an und pflegen sie. Nun hat man herausgefunden, dass sie Antibiotika von Bakterien dazu einsetzen, um die Pilze zu schützen. Es kommt zu einem Wettrüsten zwischen Ameisen-Landwirten und Bakterien-Schädlingen. Vielleicht sind die Ameisen-Landwirte sogar auf brauchbare Ideen zur Schädlingsbekämpfung gekommen, die Menschen-Landwirten noch unbekannt sind?
Die „Ritualforschung“ macht etwas Seltsames: Sie erklärt uns nicht nur, wie Rituale entstehen, wozu sie gut sind und wie sie sich verändern, sondern einige ihrer Vertreter verzieren den Ritual-Kuchen zudem mit einem Sahnehäubchen, das in der Wissenschaft keinen Platz hat: Sie bewerten Rituale. Und zwar als superklasse. Die negativen Aspekte von Ritualen – ihre Funktion, Gleichförmigkeit des Denkens und Handelns zu erzeugen, ihre oftmals zweifelhaften logischen Rechtfertigungen und ihre Neigung, Abweichler auszuschließen – spielen hier keine Rolle. Teilweise mutiert der Artikel zu einer richtigen Predigt:
„Rituale stiften Gemeinschaft und binden ein in den Lauf der Zeiten. Sie geben Sicherheit, weil sie sich wiederholen und vom Fortbestand der Welt künden - sei es als Schlaflied am Kinderbett oder als Gebet in der Kirche. Sie helfen bei der Bewältigung der lebensgeschichtlichen Übergänge von Geburt, Erwachsenwerden, Heirat und Tod.“
Klar: Um den Übergang vom Single-Dasein zum Ehekäfig heil zu überstehen, braucht man schon mindestens eine rituelle Therapie, wie Überlebende der Flitterwochen bestätigen können. Auch der Übergang von Wachen zu Schlafen und umgekehrt kann beizeiten ein traumatisches Erlebnis sein, vor allem, wenn man am nächsten Tag in einem fremden Bett aufwacht. Das Gebet in der Kirche markiert dabei den Übergang von der Zurechnungsfähigkeit zum Wahnsinn, der ja auch erstmal überstanden werden will. Und ohne anständiges Ritual stirbt heutzutage auch keiner mehr.
Zumindest gibt es ein Happy End: „ ‚Das ist doch das Schöne‘, sagt der Indologe Axel Michaels. ‚Rituale funktionieren auch, wenn man nicht an sie glaubt.‘ “ Selbst Atheisten können sich also ruhigen Gewissens einen Jesus-Keks (Hostie) rituell genehmigen, ohne sich dabei komisch vorkommen zu müssen. Halleluja.
Schmetterlingsflügel wirken sexuell anziehend [25]
Statt einem Besuch in der Strip-Bar empfiehlt sich beizeiten die nähere Begutachtung von Schmetterlingsflügeln. Allerdings gilt das nur für andere Schmetterlinge. Die bunten Muster auf ihren Flügeln haben nämlich, wie man jetzt herausgefunden hat, die beiden Funktionen, Geschlechtspartner anzuziehen und Feinde abzuschrecken.
Erfolgreich bekämpft wurde der Kreationismus in Texas, der mit 7 zu 7 Stimmen gerade noch einmal für die Schulbücher abgelehnt wurde. So berauschend ist das Ergebnis allerdings nicht, zudem stehen Sorgen im Raum über eine Art weichgespülten Kreationismus in Form „skeptischer“ Anmerkungen in den Lehrplänen in Bezug auf die Evolution. Jetzt sollen nämlich „alle Seiten“ wissenschaftlicher Theorien gelehrt werden, was so ziemlich gar nichts bedeutet – bis kreationistische Lehrer ihre Interpretationsmuskeln spielen lassen. Christopher Hitchens schlägt nun vor, dass man fairerweise auch die Schöpfungsmythen anderer Kulturen lehren sollte (was wir bei darwin-jahr.de bekanntlich auch tun [27]). Außerdem müsse der Evolutionstheorie in Gottesdiensten ein Platz eingeräumt werden.
AM
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-243-398.jpg
[2] http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/art304,2765378
[3] http://www.darwin-jahr.de/evo-magazin/halbierte-darwin
[4] http://www.sueddeutsche.de/kultur/431/463043/text/
[5] http://www.faz.net/s/Rub642140C3F55544DE8A27F0BD6A3C808C/Doc~E6B323C1F041B431BA5F583FD99FD31D6~ATpl~Ecommon~SMed.html
[6] http://www.wissenschaft-online.de/artikel/983270
[7] http://www.medizinauskunft.de/artikel/aktuell/2009/01_04_diaet_gene.php
[8] http://www.heise.de/tr/Die-Evolutionsmaschine--/artikel/135357/0/100
[9] http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/090401_Epigenetik_mas/index
[10] http://www.youtube.com/results?search_type=&search_query=nuhr+die+wahrheit&aq=f
[11] http://www.welt.de/wissenschaft/evolution/fenster-zur-evolution/article3482369/Warum-haben-Menschen-eine-schwere-Geburt.html
[12] http://hpd.de/node/6686
[13] http://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~EF2C8C5B726EB4EC08C6A15DBB8874106~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed
[14] http://www.gea.de/detail/1229536
[15] http://darwinrocks.de/
[16] http://www.scinexx.de/dossier-440-1.html
[17] http://www.sueddeutsche.de/wissen/923/463531/text/
[18] http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/wissenschaft-drs-2/2841.bt10076624.html
[19] http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/agrar_news_themen.php?SITEID=1140008702&Fu1=1238468781&Fu1Ba=1140008702&WEITER=99&MEHR=99
[20] http://www.wissenschaft-online.de/artikel/987622
[21] http://www.tz-online.de/aktuelles/welt/tz-deutsche-familie-bittet-asyl-125013.html
[22] http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/302092.html
[23] http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Erfolgreiche_Dreierbeziehung1771015585890.html
[24] http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,614281,00.html
[25] http://www.news-adhoc.com/schmetterlingsfluegel-wirken-abschreckend-und-sexuell-anziehend-idna2009040225161/
[26] http://www.newsweek.com/id/191400
[27] http://www.darwin-jahr.de/evo-magazin/aegyptische-schoepfungsmythos