Presseschau | 15.01.2009
Die Presseschau bietet regelmäßig das Beste aus deutschen und englischen Medien zum Thema Evolution
Evolution ist überall – und nirgends wird das so deutlich wie in unserer Presseschau. Diesmal geht es um Leben, das sich selbst erschafft, um unsere Zukunft als Cyborgs, um gruselige Spukfische und um Hybridwesen zwischen Mensch und Schimpansen. Außerdem legen wir uns wieder mit einem Bischof an.
Leben erschafft sich selbst im Labor [2]
Wie sich das Leben entwickelt, erklärt die Evolution, aber wie es ursprünglich entstanden ist, das erklärt nicht etwa die Religion, sondern die Chemie. Die oftmals belachte „atheistische“ Theorie, dass sich Leben selbst erschaffen könnte, wurde nun in einem Experiment bewiesen.
Sexuelle Auslese als Mechanismus der Evolution [3]
Menschen nehmen einiges auf sich, um „sexuell selektiert“ zu werden. Man denke nur an Wachsenthaarung bei der Frau und Sport jenseits der Glotze beim Mann. Doch wie funktioniert das mit der sexuellen Selektion nun genau? Und welches Geschlecht investiert mehr dafür? Man erfährt es auf welt.de.
Das Überleben der Schwächsten [4]
Der Mensch ist zu einem Selektionsfaktor geworden. Seine Eingriffe in die Natur beschleunigen die Evolution von Tieren und Pflanzen um ein vielfaches, wie nun gezeigt wurde.
Es gab Dinosaurier mit Federn – seit Entdeckung des Archaeopteryx zu Darwins Lebzeiten ist diese Erkenntnis nicht mehr neu. Nun haben Forscher jedoch herausgefunden, dass sich Federn schon viel eher entwickelt haben, als zuvor angenommen.
Schlaf tankt Immunsystem auf [6]
Wozu schlafen wir überhaupt? So naheliegend die Frage klingt, so wenig hat die Wissenschaft bislang zum Thema herausfinden können. Doch nun scheint man der Antwort näher zu kommen: Der Schlaf hilft unserem Immunsystem. Wer lange genug schläft, lebt gesünder.
Das Leben von Charles Darwin [7]
Wer bislang allen Berichten über Darwin aus dem Weg gegangen ist, dem wird das vielleicht nicht mehr lange gelingen. Schon wieder sind zahlreiche Artikel zum Thema in allen möglichen Magazinen und Zeitungen erschienen. Hier ist einer davon.
Schöpfung contra Evolution [8]
Viele Schüler und sogar Biologiestudenten verstehen die Evolution nicht. Der Biologiedidaktiker Dietmar Graf sagt, warum das so ist, und gibt Verbesserungstipps für den Unterricht.
Vom Schimpansen zum Cyborg [9]
Wer ein Problem mit der Wissenschaft hat, denkt sich gerne Gruselgeschichten darüber aus, wie sie eines Tages dem Menschen seine „Menschlichkeit“ streitig machen könnte. Eine seriöse Darstellung der Bio- und Gentechnik findet man dagegen bei PROFIL Online. Von Gendoping über die Heilung von Aids bis zum Übermenschen – Chancen und Risiken des Transhumanismus, so zu sagen. Sollte der Mensch seine Evolution selbst in die Hand nehmen?
Schweine kastrieren? [10]
In der Schweiz ist gerade die Frage in der Diskussion, ob man Schweinen „die Eier abschneiden“ sollte, damit sie nicht mehr „nach Säuli stinken“. Dabei polemisiert Prof. Beda Stadler mal wieder gnadenlos gegen den Schweinestall sinnloser Tierquälerei. Zudem beantwortet er die Frage, was die Hodengröße mit der Evolution zu tun hat.
Sind Evolutionsbiologen Christenverfolger? [11]
Ein Bischof hat mal wieder etwas Albernes über die Evolution gesagt. Wer hätte damit nur rechnen können? Der Unsinn der Woche stammt diesmal von dem katholischen Bischof Gebhard Fürst. Zunächst einmal wird Atheisten die Moral abgesprochen (was offenbar sehr moralisch ist): „Die Bestreitung Gottes ist letztlich eine Kampfansage auch an eine alle bindende Moral“, so der Bischof.
Bis dahin alles wie gewohnt im gelobten Land der Scheinheiligkeit, doch nun kommt etwas Neues: „Christen müssten ‚hellwach‘ solchen Strömungen gegenüber werden, ihre eigene Glaubensüberzeugung offensiv vertreten. ‚Es ist der sich auf Naturwissenschaft berufende und gegenwärtig besonders mit Evolutions-Biologie angereicherte neue Atheismus‘“ Rette sich wer kann, macht die Rettungsboote klar, Frauen und Kinder zuerst!
Sich so bezeichnende „Neue Atheisten“ gibt es in Deutschland gerade mal zwei, den Physiker Bernd Vowinkel und meine Wenigkeit, aber das genügt offenbar schon, um Bischöfe auf die Bäume zurück zu jagen. Wir fühlen uns geehrt. Offenbar meint er aber gar nicht die Neuen Atheisten, sondern einfach sämtliche Evolutionsbiologen, die zugleich Atheisten sind – also fast alle!
„Nach katholisch-wissenschaftlicher Theo logie [sic!] gebe es keinen Gegensatz zwischen Evolution und Schöpfung“, sagt er weiter. Erstens ist entweder etwas katholisch, oder es ist wissenschaftlich. Zweitens wird etwas nicht dadurch wahr, dass man sagt, es wäre wahr. Dies belegt seine nächste Aussage: „Evolution setze Schöpfung voraus.“ Nein, das tut sie nicht, wie im Beitrag Leben erschafft sich selbst im Labor [2] deutlich aufgezeigt wird.
Immerhin leistet der Herr Bischof echte Forschungsbeiträge:
„Weniger bekannt sei aber noch, dass sich durch die vollständige Entschlüsselung der menschlichen Gene und der anderer Spezies in der Biologie ‚eine Revolution des Denkens‘ vollziehe. Fürst: ‚Lange gepflegte darwinistische Dogmen erweisen sich als unhaltbar.‘“
Echt? Alter Schwede. Die Wissenschaft geht eigentlich davon aus, dass die Entschlüsselung der Gene des Menschen und anderer Arten die Evolution auf geradezu verblüffende Weise bestätigt. An Dogmen glauben Wissenschaftler sowieso nicht, aber wenn sich hier etwas Fundamentales als falsch erwiesen haben sollte, so möge der Bischof das näher ausführen und er bekommt mindestens einen Nobelpreis dafür. Macht er aber nicht. Stattdessen setzt er noch einen drauf: „Wenn Atheismus das Darwin‘sche Gesetz, dass sich der Stärkere durchsetzt, anwendet, entstehe Sozial- oder Wirtschaftsdarwinismus.“
Mit anderen Worten: „Wenn der fehlende Glaube an Gott das Darwin'sche Gesetz, dass der am besten an die Umwelt Angepasste die meisten fruchtbaren Nachkommen erzeugt, anwendet, dann entsteht eine Gesellschaft, die Schwache und Kranke ausmerzt.“
Ah ja...
Die natürliche Ordnung der Dinge [12]
Matt Ridley sieht evolutionäre Mechanismen nicht nur in der Biologie am Werk, sondern überall, vor allem in der Technologie, Marktwirtschaft, im Internet und in der „kulturellen Evolution“ allgemein. Ob das auch stimmt, ist schwer zu sagen, aber der Artikel ist auf jeden Fall gut geschrieben. Richard Dawkins empfiehlt ihn als Musterbeispiel für gutes Englisch.
Die Verwischung der Grenze zwischen Mensch und Tier [13]
„Das Grauen! Das Grauen!“, sagte einst der geheimnisvolle Kurtz in Joseph Conrads „Herz der Finsternis“. Wer nach dem „Vom Schimpansen zum Cyborg“-Artikel oben noch ein wenig moralische Empörung übrig hat, kann sie in diesen Beitrag von Richard Dawkins investieren. Er stellt die Frage, wie ein Mischwesen aus Mensch und Schimpanse unser Selbstbild verändern würde. Sollten wir ein solches Wesen erschaffen? „Darüber müsste ich näher nachdenken“, sagt Dawkins. Was auf jeden Fall geschehen wird, meint der Zoologe, ist die genetische Erzeugung des gemeinsamen Vorfahrens von Mensch und Affe. Dürfen wir bald „Lucy II.“, die Hand schütteln?
Spukfisch gebraucht Spiegel als Sehhilfe [14]
Der „Brownsnout Spookfish“ verfügt über Spiegel, mit denen er Licht vom Meeresboden auf seine Augen lenkt. Der Trick verschafft ihm einen großen evolutionären Vorteil.
AM
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-166-195.jpg
[2] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/901866/
[3] http://www.welt.de/wissenschaft/evolution/article2996427/Sexuelle-Auslese-als-Mechanismus-der-Evolution.html
[4] http://www.sueddeutsche.de/wissen/543/454227/text/
[5] http://www.scienceticker.info/2009/01/12/dinosaurier-mit-ur-federn/
[6] http://www.stern.de/schlaf/aktuelles/:Immunsystem-Schlaf-Parasiten/651120.html
[7] http://www.welt.de/wissenschaft/article3025804/Das-Leben-von-Charles-Darwin.html
[8] http://www.neues-deutschland.de/artikel/141845.schoepfung-contra-evolution.html
[9] http://www.profil.at/articles/0902/560/230389/vom-schimpansen-cyborg-150-jahre-darwinismus-stammesgeschichte
[10] http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-03/artikel-2009-03-eier-ab.html
[11] http://tagblatt.de/2829608/Nachrichten/Rottenburg
[12] http://www.spectator.co.uk/the-magazine/features/3213246/the-natural-order-of-things.thtml
[13] http://www.guardian.co.uk/science/blog/2009/jan/02/richard-dawkins-chimpanzee-hybrid
[14] http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/7815540.stm