Psychologie | 12.09.2010
Anlässlich der Sarrazin-Debatte gibt es allen Grund, sich durch die faszinierende Literatur der Intelligenzforschung zu lesen, wie zuletzt bei dem Streit um James Watson [2]. Politiker und Journalisten sind eifrig dabei, ihr Wissen über die Genetik auszuweiten, um die Bevölkerung aufzuklären.
Ein Kommentar von Andreas Müller
HINWEIS: Dieser Artikel gibt die persönliche Meinung des Verfassers wieder. Diese Meinung entspricht nicht der Position der Giordano Bruno Stiftung.
All jene, die nicht im Star Trek-Universum leben, werden sich wundern, wovon hier eigentlich die Rede ist, denn tatsächlich wurde der jetzige Ex-Bundesbanker wüst angefeindet und es gab nur ansatzweise eine inhaltliche Diskussion über seine Thesen, insbesondere jene aus den Bereichen der Intelligenzforschung und Humangenetik.
Durchaus ist es zweifelhaft, wenn Sarrazin Integrationsfragen mit Humangenetik vermengt, aber ebenso zweifelhaft ist die Behauptung, die Gene des Menschen würden überhaupt keine Rolle spielen. Politisch gefährlich wird es, wenn Wissenschaft tabuisiert wird. Zum Beispiel erklärte Sigmar Gabriel [3], Sarrazin solle nicht aus der Partei ausgeschlossen werden, weil er Probleme benenne, sondern wegen seiner Kernthese,"dass Menschen genetisch disponiert sind und bestimmte Verhaltensweisen sich nicht etwa kulturell vererben, sondern genetisch, biologisch."
Andrea Nahles schrieb in einem Brief an die SPD-Basis, Sarrazin habe "mit seinen Äußerungen zu genetischen Identitäten von Völkern, Ethnien oder Religionsgemeinschaften eine Grenze überschritten." Es besteht kein Zweifel in der Forschung daran, dass sich Völker auch genetisch unterscheiden.
Man stelle sich einen Beruhigungstee bereit. Und eine Packung Aspirin.
Ergebnisse der Intelligenzforschung
Im Folgenden die umstrittenen Erkenntnisse der Intelligenzforschung:
1. Intelligenz ist zu 50-80% vererbt (wobei das schwer genau zu messen ist). Der Einfluss der Vererbung steigt mit dem Lebensalter; will heißen, je älter man wird, desto weniger Einfluss haben Umweltfaktoren auf die Intelligenz.
2. Der IQ entspricht etwa dem generellen Intelligenzfaktor g und wird verlässlich gemessen von guten Intelligenztests. Er macht von allen Faktoren die verlässlichste Aussage über wichtige Folgen für das Leben. Beispielsweise gibt es Korrelationen von 0,2 (jeweils von 1) für Gesetzestreue; 0,6 für Ausbildungsjahre; 0,2-0,8 für den Berufserfolg, wobei die Aussagekraft von g mit der Jobkomplexität steigt. Soziale Klassenunterschiede sind teilweise in genetischen Unterschieden im IQ begründet.
3. Durchschnittliche IQ-Unterschiede zwischen Ethnien sind weltweit die Regel. Sie verweisen meist auf Unterschiede in der phenotypischen Intelligenz und sie haben eine signifikante Vorhersagekraft auf den Verlauf des Lebens. "Phenotypische Intelligenz" bedeutet, dass die Intelligenz nicht auf Ebene ihrer Ursachen beschrieben wird, sondern mittels Intelligenztests. Die Ursachen der individuellen Intelligenz sind sowohl genetisch, als auch umweltbedingt.
Zur Methodik: Vergleiche zwischen Gruppen weltweit beruhen auf nicht-verbalen Tests, wie den Raven Progressive Matrices [4], die Lesen, Schreiben oder Sprechen nicht erfordern. In ihrem Buch IQ and the Wealth of Nations präsentieren Richard Lynn und Tatu Vanhanen die Raven-IQ-Ergebnisse für 81 Länder. Der Durchschnitts-IQ von allen zusammen ist 91. Am höchsten sind die Ergebnisse in Ostasien (IQ 104 +- 3), darauf folgen die europäisch-weißen Populationen von Amerika, Europa und Australien (IQ 97 +- 5) und schließlich Subsahara-Afrika, also Schwarzafrika (IQ 69 +- 8). Schwarz-Weiß-Mischlinge haben in Afrika und in den USA einen Durchschnitts-IQ von 80-85.
4. Der Durchschnitts-IQ der in Lynns Buch untersuchten Länder korreliert stark mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, sowie in 32 Ländern, bei denen Untersuchungen darüber vorliegen, mit den Leistungen in Mathematik und in den Naturwissenschaften.
5. Schwarze und Weiße decken die gesamte Bandbreite dessen ab, was "normale Intelligenz" genannt wird (IQ 70-130). Lediglich im Durchschnitt liegt die Gaußkurve der Schwarzen um 15 Punkte niedriger als die der Weißen. Es ist also nicht möglich, die Intelligenz eines Menschen an seiner Ethniezugehörigkeit abzulesen.
Sind die IQ-Unterschiede zwischen Ethnien genetisch bedingt?
Die Mehrheitsmeinung von Intelligenzforschern läuft darauf hinaus, dass die Intelligenzunterschiede zwischen Ethnien sowohl genetisch, als auch kulturell bedingt sind. Es gibt Indizien für einen genetischen Faktor, aber die Frage ist umstritten. Ein Beispiel:
Der IQ-Unterschied zwischen Scharzen und Weißen in den USA – 15-17 Punkte, als solcher unbestritten – hat sich seit beinahe einem Jahrhundert nicht verändert. Die Durchschnittsintelligenz beider Gruppen ist seitdem gestiegen (aufgrund des mysteriösen Flynn-Effekts [5]), aber der Unterschied ist gleich geblieben. Zudem ist der Schwarz-Weiß-Unterschied während des Schuleintritts derselbe wie zwölf Jahre später nach dem Schulaustritt.
Niemand wird argumentieren, dass es seit 100 Jahren keine Fortschritte in der Gleichberechtigung von Scharzen und Weißen in den USA gegeben hat. Ferner ist es rätselhaft, warum dieser Unterschied vor und nach Schuleintritt gleich bleiben sollte. Es gibt auch einige Untersuchungen für andere Ethnien, und deren IQ ist im Verhältnis zum Durchschnitts-IQ von Weißen offenbar ebenfalls gleich geblieben.
Haben alle Juden ein Gen?
Alle Juden haben nicht nur ein Gen, sondern viele! Diese Tatsache dürfte viele Menschen zutiefst erschüttern, aber es ist wahr. Thilo Sarrazin hat eingesehen, dass sein Juden-Gen den Forschungsstand vielleicht ein wenig zu ungenau beschreibt. Wie also sieht es aus mit der jüdischen Genetik?
Über das Thema erfährt man etwas im Tagesanzeiger [6]:
Auch als weltweit Medien im Juni über zwei Studien über gemeinsame genetische Wurzeln der Juden berichteten, kam es zu keinem öffentlichen Aufschrei. Dabei wurde die Studie der New York Universität im «American Journal of Human Genetics» veröffentlicht, und die Studie des Rambam Medical Center in Haifa, Israel, wurde im Fachblatt «Nature» publiziert. Die Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass heutige Juden viele Gene von einer ursprünglichen jüdischen Bevölkerungsgruppe geerbt haben, die vor rund 3000 Jahren im Mittleren Osten lebte. «Damit sind die heute lebenden 13 Millionen Juden nicht nur durch Kultur und Religion, sondern auch durch ein gemeinsames biologisches Erbe miteinander verbunden,» schrieb am 17. Juni 2010 etwa der «Tagesspiegel» im Wissen.
Auf diese Studien will sich Thilo Sarrazin bezogen habe, schreibt die deutsche «Bild». In seiner Klarstellung hat der Bundesbanker gestern gesagt: «Aktuelle Studien legen nahe, dass es in höherem Masse gemeinsame genetische Wurzeln heute lebender Juden gibt, als man bisher für möglich hielt.» Und weiter: «Wenn neue genetische Forschungen zeigen, dass viele heutige Juden zahlreiche Gene von einer ursprünglichen jüdischen Bevölkerungsgruppe gemeinsam haben, ist das zunächst einmal interessant. Politisch ist diese These neutral. Um eine rassistische Äusserung handelt es sich nicht.»
Wenn sich Juden in der Regel dadurch definieren, dass Jude ist, wer eine jüdische Mutter hat, sollte es jedem denkenden Menschen klar sein, dass die Betroffenen ein „gemeinsames biologisches Erbe“ haben müssen. Das ist einfach Logik.
Was die Intelligenz von askenasischen (europäischen) Juden angeht, so gibt es eine Reihe von Studien [7], die alle aufzeigen, dass sie in Intelligenztests höher abschneiden als alle anderen Ethnien. Die Anthropologen Gregory Cochran, Jason Hardy, Henry Harpending erklären die hohe Intelligenz von askenasischen Juden [8] genauso wie Sarrazin:
Großteils hatten sie Jobs, in denen ein höherer IQ stark den ökonomischen Erfolg gefördert haben, in Gegensatz zu anderen Populationen, die überwiegend Bauern waren. Sie lebten unter Bedingungen, unter denen ökonomischer Erfolg zu erhöhten Reproduktionserfolg führte.
Hat Hitler die Intelligenz erfunden?
"Hitler war gegen Intelligenztests, die er nur als 'jüdische Tests' bezeichnete, weil die Juden dabei stets so gut abschnitten", sagte Dieter Lensen [9], Präsident der Freien Universität Berlin. Insofern ist es erstaunlich, wie viele Intelligenzforscher mit Hitler verglichen werden.
Es gibt die Argumentation, dass man nicht öffentlich über die Intelligenzforschung sprechen sollte, da eine solche Enthüllung unbequemer Fakten Diskriminierung und Rassismus verstärken könnte.
Diese Argumentation ist generell unrealistisch, denn die Öffentlichkeit muss alleine schon aus pragmatischen Gründen über Wissenschaft informiert sein und wenn sie nicht von Wissenschaftlern informiert wird, dann wird sie seitens religiöser Führer, Ideologen und Esoterikern fehlinformiert. Das gilt für Bereiche wie Medizin und Ernährung, die im Alltag für jeden nützlich sind, aber es gilt auch für Physik, Biologie, Psychologie, Literaturwissenschaft (gerade im Hinblick auf "heilige" Texte) und viele andere Bereiche. Denn auch Politiker, die bedeutende Entscheidungen treffen, gehören zur breiten Öffentlichkeit. Was dabei herauskommt, wenn Entscheidungsträger keine Ahnung haben von Wissenschaft, sehen wir an Bündnis 90/Die Grünen in Hinblick auf ihre Unterstützung von Alternativmedizin, oder an ihrer Gentechnikfeindlichkeit. Auch andere Parteien zeigen oft ein erstaunliches Maß an wissenschaftlichem Analphabetismus.
Gewiss ist das nicht so einfach im Bereich der Intelligenzforschung. In der Tat ist es gefährlich, Intelligenzforscher zu sein. In den USA wurde zum Beispiel der Intelligenzforscher Arthur Jensen mehrfach privat und öffentlich mit dem Tode bedroht. Ähnlich wie die Mohammed-Karikaturisten stand er eine Weile lang unter Polizeischutz. Er hatte nämlich eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht, in der er auf die durchschnittlichen Intelligenzunterschiede zwischen den Ethnien hinwies. Dem damals 92-jährigen Raymond B. Cattell wurde 1992 eine Auszeichnung für sein Lebenswerk von der APA (American Psychological Association; amerikanischer Psychologen-Berufsverband) wieder aberkannt, als er des "wissenschaftlichen Rassismus" bezichtigt wurde. Der Psychologe Hans Eysenck wurde von Demonstranten während einer Vorlesung in der London School of Economics körperlich angegriffen.
Auch Richard Lynn, Philippe Rushton und Linda Gottfredson und ihre Forschung wurden immer wieder in die rechte Ecke gestellt. Dass Neonazis aus naheliegenden Gründen sich ihrer Forschung bemächtigen und sie in ihrem Sinne fehlinterpretieren, trägt dazu bei, dass Intelligenzforscher kein Traumjob ist.
Mehrere der umstrittenen Wissenschaftler werden unterstützt vom Pioneer Fund. Es möge jeder selbst entscheiden, ob ihn die Stellungnahme des Pioneer Fund [10] zu den Vorwürfen, es handle sich um eine rassistische Organisation, überzeugt.
Angenommen die Intelligenzforscher haben recht, und es sieht zunehmend so aus, so gibt es gute, humanistische Gründe, durchaus öffentlich und vernünftig über die genannten Ergebnisse der Intelligenzforschung zu sprechen. Folgende Argumente sprechen dafür:
Das Schweigegebot brechen
1. Nazis missbrauchen die Ergebnisse für ihre rassistische Agenda, die nichts mit Wissenschaft zu tun hat. Es wäre nötig, gegen sie zu argumentieren und aufzuzeigen, warum ihre Schlussfolgerungen falsch sind. Im aktuellen Klima ist es allerdings unmöglich, durchschnittliche Intelligenzunterschiede zwischen Ethnien überhaupt zuzugeben (jedenfalls, wenn man einen Posten zu verlieren hat). Man ist gezwungen, Fakten zu leugnen, oder gar nichts über das Thema zu sagen. Das heißt, man riskiert, Stück für Stück gegen die Nazis an Land zu verlieren.
2. Die Alternative zu der Auffassung, dass es eine menschliche Natur gibt und angeborene Unterschiede zwischen den Menschen, lautet, dass der Mensch unbegrenzt formbar ist. Das war die Meinung der stalinistischen Ideologen, die mindestens so viele Menschen umgebracht haben wie Hitler bei ihrem Versuch, die Bürger der Sowjetunion im Sinne des Marxismus-Leninismus umzuformen. Die Intelligenzforschung besagt, dass beide Positionen falsch sind: Der Mensch wird weder nur durch seine Gene, noch ausschließlich durch seine Umwelt bedingt.
3. Antidiffamierungsgesetze und Quoten gehen von der Voraussetzung aus, dass es keine natürlichen durchschnittlichen Unterschiede in der Qualifikation von, beispielsweise, Schwarzen und Frauen gäbe (Frauen haben entweder den selben oder nur einen minimal niedrigeren Durchschnitts-IQ wie Männer, jedoch unterscheiden sie sich in anderen Veranlagungen, woraus sich unterschiedliche Interessen ergeben. Anders ausgedrückt: Wie viele weibliche Rugbyspieler und Philosophen gibt es? Wie viele männliche Stewards, Hebammen und Kindermädchen gibt es?).
Nehmen wir einmal an, dass Schwarze (oder Araber) in einem Beruf unterproportional vertreten sind. Daran müsste nach aktuell verbreiteten Vorstellungen jemand schuld sein, etwa der Arbeitgeber oder ganze Arbeitgeberverbände, die sich aus rassistischen Motiven in einer gigantischen Verschwörung zusammengeschlossen haben, oder die unbewusst Rassisten sind (praktischerweise kann man Menschen vorwerfen, unbewusst so ziemlich alles zu sein, da sich das Unbewusste nicht nachweisen lässt). Und wenn besonders viele Schwarze durch die Prüfung rasseln, dann muss der Lehrer ein Rassist sein. Wenn die "Verantwortlichen" ihren Rassismus nicht eingestehen, fällt ihre Verurteilung nur umso härter aus.
Ein weiteres Problem entsteht, wenn versucht wird (wie in den USA geschehen), schlechte Intelligenztests zur Einstellung zu gebrauchen, die Unterschiede verwischen. Oder man stellt absichtlich unqualifiziertes Personal ein, um die Quoten zu erfüllen und somit nicht wie ein Sexist oder Rassist auszusehen. Aber: Wer möchte schon unqualifizierte Polizisten? Oder Soldaten? Oder sonstwen?
Vernünftigerweise sollte überall nur die individuelle Qualifikation zählen, ganz unabhängig von Geschlechterzugehörigkeit und Ethnie. Dabei kommt eben heraus, dass Mitglieder mancher Ethnien häufiger bei anspruchsvolleren Berufen vertreten sind. Wo echte Diskriminierung vorliegt, muss das nachgewiesen und bekämpft werden. Aber man sollte nicht etwas bekämpfen, das gar nicht existiert!
4. Es ist die Vorstellung verbreitet, dass Unterschiede in kognitiver Kompetenz und im Bildungserfolg auf unterschiedliche Lernbedingungen in den Familien zurückgeführt werden können. Daraus schließen Politiker, man müsse jedem die Lernbedingungen einer typischen Mittelschicht-Familie bieten und schon würden sich die Unterschiede in Intelligenz und Bildung auflösen. In der Tat lässt sich mit einer guten Bildungspolitik der IQ und Lernerfolg von Kindern steigern (wie gesagt ist der IQ ja nur zum Teil angeboren), aber nicht, indem Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten dem gleichen Unterricht ausgesetzt werden.
Im Gegenteil. Der Unterricht muss an die natürlichen Fähigkeiten angepasst werden: Kinder mit niedrigem IQ oder geringen Talenten in einem bestimmten Bereich lernen am besten anhand klar strukturierter Vorgaben und Lernziele. Sie müssen wissen, was sie tun müssen, um stufenweise das Lernziel erreichen zu können. Talentiertere Kinder langweilen sich unter diesen Bedingungen und profitieren von einem größeren Gestaltungsspielraum. Es wäre also sinnvoll, jedenfalls unter dem Lernaspekt, Kinder nach ihren Fähigkeiten in unterschiedliche Lerngruppen aufzuteilen (in der Oberstufe des Gymnasiums ist dies ansatzweise der Fall, da es Grund- und Leistungskurse gibt, die man teils frei wählen kann!).
Intelligenzforscher haben zu ihrer großen Überraschung herausgefunden, dass sich die Auswirkungen einer geteilten Umwelt auf den IQ in der späten Jugend auflösen. IQ-Unterschiede lassen sich in der frühen Kindheit sowohl auf Gene (40%) als auch auf geteilte Umwelt (25%) zurückführen, aber der Einfluss der Gene steigt mit dem Alter (auf 80% im Erwachsenenalter), während die geteilten Effekte verschwinden. Adoptierte Geschwister unterscheiden sich im Erwachsenenalter nicht mehr von Wildfremden.
5. Die Annahme einer multiplen Intelligenz oder von unterschiedlichen Intelligenzen (wie sie Ranga Yogeshwar in einer Diskussion mit Sarrazin [11] anführte) wurde nie klar definiert, nie belegt und mit diesen Konzepten lassen sich keine prüfbaren Voraussagen machen. Falsche Annahmen über die Intelligenz haben sich nur aufgrund ihrer politischen Attraktivität in der öffentlichen Meinung durchgesetzt. Die falschen Leute werden bejubelt und die falschen Leute bekommen Fördermittel.
6. Die Annahme, dass IQ-Unterschiede nicht angeboren oder bedeutungslos wären, schadet Menschen mit geringer Intelligenz. Es ist eine Form von Psychoterror, wenn man von wenig intelligenten Menschen erwartet, Physik zu studieren und wenn man glaubt, sie würden dies aus bloßer Faulheit oder Bosheit nicht tun. Nein, sie können das einfach nicht! Jeder mit ein wenig Alltagserfahrung sollte eigentlich wissen, dass es Menschen gibt, die von Natur aus mit einer geringen Intelligenz gesegnet sind, woran sie nur bedingt etwas ändern können.
Intelligenz im Alltag
Funktionale Analphabetisten können lesen und ein paar Worte schreiben, aber sie sind nicht in der Lage, den Sinn eines Textes zu erfassen und geschriebene Anordnungen praktisch umzusetzen. In Deutschland sind über 6,3% der Erwachsenen und 10% der Jugendlichen vom funktionalen Analphabetismus betroffen (Quelle: Bundesverband Alphabetisierung [12]). Der Anteil an Migranten (insbesondere türkischen) mit diesem Problem ist größer. In den USA, wo exaktere Zahlen vorliegen, erreichten 1992 40% der weißen Erwachsenen und 80% der schwarzen Erwachsenen nicht mehr als Level 2 der Lesefähigkeit. 14% der Weißen und 40% der Schwarzen kommen nicht über Level 1 hinaus.
Was bedeutet das? Menschen auf dem Niveau von Level 1 können mit 80%iger Wahrscheinlichkeit Aufgaben erfüllen, die dem Schwierigkeitsgrad entsprechen, das Ablaufdatum auf einem Führerschein zu verorten und einen Einzahlbeleg zu summieren. Level 2 bedeutet, dass man den Preisunterschied zwischen zwei Eintrittskarten ermitteln kann und dass man in der Lage ist, die Hintergrundinformationen für den Antrag einer Sozialversicherungskarte auszufüllen. Auf Level 3 kann man einen kurzen Brief schreiben, der einen Fehler auf einer Kreditkartenrechnung erläutert und man kann mit einem Flugplan eine Reise planen.
Besonders heikel: Die 40% der Weißen und 80% der Schwarzen, die nur bis zu Level 2 gelangen, sind laut dem Education Goals Panel [13] wahrscheinlich nicht in der Lage "die Rechte und Verantwortungen eines Bürgers voll auszuüben".
Und es wird schlimmer: 26% der ambulanten Patienten in einer Untersuchung der NAAL konnten nicht mit Hilfe einer schriftlichen Sprechstundenvereinbarung (z.B. "Nächster Termin: Dienstag, 14.09.2010, um 14:00 Uhr") ausmachen, wann sie wieder zum Arzt gehen müssen. 42% haben die Anweisung nicht verstanden, dass sie Medizin nicht auf leeren Magen nehmen sollen. Schätzungen zufolge werden in den USA etwa die Hälfte der Medikamente falsch eingenommen.
Ein anderes Beispiel für die Bedeutung des IQ im Alltag: Männer mit einem IQ von 80-85 sterben dreimal so häufig durch einen Autounfall als Männer mit einem IQ von 100 bis 115. Der IQ im jugendlichen Alter hat sich in einer großen Studie mit australischen Veteranen als bester Prädiktor für Sterblichkeit im Alter von 40 Jahren herausgestellt, unabhängig von der Art des Todes (vgl. Gottfredson 2005 [14]).
In dem Essay [12] von Sven Nickel vom Bundesverband Alphabetisierung werden die Begriffe "Gene", "Vererbung" und "Natur" nicht einmal erwähnt, obwohl die Veranlagung ein starker Faktor, vielleicht der Hauptfaktor ist, warum viele Menschen nicht lesen können und wenn, warum sie das Gelesene kaum verstehen können. Nickel erwähnt ausschließlich soziale Faktoren wie persönliche Unsicherheit und schlechte Familienbedingungen, die wahrscheinlich eine untergeordnete Rolle spielen. Das ist zwar gut gemeint, aber letztlich ein Tritt ins Gesicht unserer Mitmenschen, die es sowieso schon im Leben am schwersten haben.
Tatsache ist: Wir müssen endlich anerkennen, dass manche Menschen niemals der nächste Einstein sein werden. Die Idee, jeder könnte alles erreichen, wenn er nur wollte, ist eine Form von Psychoterror. Wer Tod eines Handlungsreisenden von Arthur Miller kennt, der kann sich vielleicht besser vorstellen, welche Tragödien die Lebenslüge auslösen kann, die Lüge, die gerade bei unserer Elite so weit verbreitet ist. Die Lüge vom unbeschriebenen Blatt.
Im Zweifel für die Freiheit
Die American Psychological Association hat 2005 eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Forschung in diesem Bereich herausgegeben: 30 Jahre Forschung über die Unterschiede kognitiver Fähigkeiten von Ethnien [15]. Ergebnis:
Die Leugnung jedweder genetischer Komponente in menschlicher Variation, auch zwischen Gruppen, ist nicht nur schlechte Wissenschaft, sondern es ist wahrscheinlich ungerecht gegenüber einzigartigen Individuen, wie auch gegenüber der komplexen Struktur von Gesellschaften.
Die Autoren der Arbeit zitieren affirmativ den Soziologen Bressler (1968):
Eine Ideologie, die taktvoll an die biologische Gleichheit als eine Bedingung für menschliche Emanzipation appelliert, korrumpiert die Idee der Freiheit. Außerdem ermutigt sie anständige Menschen, bei der Aussicht auf „unbequeme“ Erkenntnisse, die zukünftige wissenschaftliche Forschung erbringen könnte, zu erzittern.
Der Genetiker Jason Malloy bestätigt einige der umstrittenen Äußerungen [16], mit der James Watson, Mitentdecker der menschlichen DNA, vor ein paar Jahren in die Kritik geraten ist. Er stellt ausführlich dar, wie die Belege für vererbte Intelligenzunterschiede zwischen Ethnien aussehen und schreibt in seiner Schlussbemerkung:
Zusammen mit E.O. Wilson ist James Watson vielleicht der hervorragenste lebende Vertreter der amerikanischen Biologie, und selbst er war nicht immun gegen den sofortigen Ausschluss aus genau dem Labor, das er in über 40 Jahren seines Lebens erschaffen und aufgebaut hat, und gegen die Exkommunikation aus dem wissenschaftlichen Establishment, das ihn feierte. All dies wegen eines Verbrechens: Die Aussprache von wissenschaftlichen Fakten und Hypothesen, welche diese Gemeinschaft als unbequem empfand. Dasselbe persönliche und berufliche Schicksal ereilte den ehemaligen Präsidenten von Harvard, Larry Summers, nachdem er 2005 eine rein akademische Diskussion über Frauen in der Forschung führte, während einer ökonomischen Konferenz, deren Ziel es war, genau dieses Thema zu debattieren!
Welchen Effekt wird diese fortgeführte Lynchjustiz auf zukünftige und gegenwärtige Wissenschaftler und Forscher haben, die menschliche Genetik, kulturübergreifende Psychologie, Soziologie, oder jedwede Disziplin studieren möchten, die ähnliche Fakten aufzeigen könnten, welche das Potenzial haben, die berufliche oder persönliche Zerstörung durch eine intellektuelle Kultur hervorzubringen, die der mittelalterlichen Kirche ähnelt?
Diejenigen, die bestrafen, diejenigen, die lügen, diejenigen, die anderen den Mund verbieten, die verurteilen, die einschüchtern… sie haben die Wissenschaft verraten.
Sie haben die intellektuelle Offenheit, Freiheit und Fairness unserer Gesellschaft und unserer Institutionen verraten, mit unsagbaren Kosten für unser kollektives menschliches Wohlbefinden.
Nicht James Watson.
Ulrich Berger, Mitglied im Vorstand und Wissenschaftsrat der GWUP [17], hat damals James Watson ebenfalls verteidigt [18]:
Intelligenz, so eine gebräuchliche Konvention, ist das, was übliche psychometrische Tests zur Ermittlung des IQ (Hamburg-Wechsler Test, Stanford-Binet Test etc.) messen. Diese Tests werden für verschiedene Altersstufen regelmäßig an großen Stichproben aus der weißen Bevölkerung geeicht, so dass diese einen Mittelwert von 100 Punkten bei einer Standardabweichung von 15 erreicht. Welchen Wert erreichen Schwarze auf dieser Skala? Dazu gibt es Dutzende von Studien (ausgewertet etwa von Richard Lynn [19]), manche davon schlecht designt, manche besser, wie es eben so üblich ist. Vereinzelte Studien fanden keinen statistisch signifikanten Unterschied. Die große Mehrheit aber kommt zum Schluss, dass der mittlere IQ von Schwarzen deutlich unter dem von Weißen liegt. Typische Schätzungen liegen etwa im Bereich von 85 bis 90 für schwarze Amerikaner und bei 70 bis 80 für Schwarzafrikaner. An der Spitze aber, so dieselben Studien, liegen die Ostasisaten mit einem mittleren IQ von etwa 105.
Die gesamte Thematik ist natürlich umstritten, auch innerhalb der Psychologie. Aber die Beweislage für die Nulldifferenzhypothese ist weniger als nur dünn.
Steven Pinker, der selbst den genetischen Anteilen der IQ-Unterschiede zwischen Ethnien skeptisch gegenübersteht, nicht aber den IQ-Unterschieden an sich, noch einem genetischen Faktor von individueller Intelligenz, hat folgendes zu sagen [20]:
Gruppenunterschiede betreffen, sofern es sie gibt, den Durchschnitt oder die Streuung statistischer Verteilung, nicht individuelle Frauen und Männer. Politische Gleichheit ist eine Hingabe an universelle Menschenrechte, und eine Verpflichtung zu politischen Entscheidungen, die Menschen als Individuen behandeln und nicht als Repräsentanten von Gruppen; es handelt sich nicht um eine empirische Behauptung, dass man alle Gruppen nicht voneinander unterscheiden könnte. Und doch scheinen viele Kommentatoren nicht willens zu sein, diese Argumentation zu verstehen, um nichts zu sagen über die breitere Weltgemeinschaft.
Schlusswort
Überlassen wir Peter Singer das Schlusswort [21]. Sonst würde ein "umstrittener Intellektueller" in der Bibliografie fehlen:
Doch wer verlangt, dass wir in diesem Bereich keine Forschungen durchführen sollten, sagt damit auch, dass wir auf eine unvoreingenommene Untersuchung der Ursachen von Unterschieden bei Einkommen, Bildung und Gesundheit von Menschen unterschiedlicher Rassen und ethnischer Gruppen verzichten sollten. Angesichts derart gravierender gesellschaftlicher Probleme ist es schwer zu rechtfertigen, der Unwissenheit den Vorzug über das Wissen zu geben.
Egal, welche Tatsachen in Bezug auf Rasse und Intelligenz sich ergeben mögen, sie werden weder Rassenhass noch Respektlosigkeit gegenüber Menschen anderer Rasse rechtfertigen. Ob jemand mehr oder weniger intelligent ist, hat hiermit nichts zu tun.
Bibliografie
Berger, Ulrich: Oops, he did it again... [18]
Cochran / Hardy / Harpending: Natural History of Ashkenazi Intelligence [8]
Dawkins, Richard: The Grasshoper's Tale [22]
Fahmy, Monica: "Jüdisches Gen" erzürnt die Deutschen und macht Israelis stolz [6]
Gottfredson, Linda: Social Consequences of Group Differences in Cognitive Ability [23]
Gottfredson, Linda: Suppressing intelligence research: Hurting those we intend zu help [14]
Kulke, Ulli: Der Intelligenzquotient der Türken [9]
Lynn, Richard: IQ and the Wealth of Nations [24]
Lynn, Richard: Race differences in intelligence. An evolutionary analysis [25]
Malloy, Jason: James Watson tells the inconvenient truth [16]
National Assessment of Adult Literacy [26]
National Education Goals Panel [13]
Nickel, Sven: Funktionaler Analphabetismus. Ursachen und Lösungsansätze hier und anderswo [12]
Pinker, Steven: Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der menschlichen Natur [27]
Pinker, Steven: Groups of people may differ genetically in their average talents and temperaments [20]
Rindermann, Heiner: Gibt es Unterschiede in Intelligenz und Wissen zwischen den Bevölkerungen verschiedener Länder? [28]
Rindermann / Rost: Was ist dran an Sarrazins Thesen? [29]
Rushton / Jensen: Thirty years of research on race differences in cognitive ability [15]
Saletan, William: Race, genes, and intelligence [30]
Singer, Peter: Rasse und Intelligenz dürfen kein Tabu sein [21]
The Pioneer Fund: Setting the record straight [10]
[9]
Wikipedia: Flynn Effekt [5]
Wikipedia: Raven Progressive Matrices [4]
Und da Thilo Sarrazin die Debatte angestoßen hat:
Sarrazin, Thilo: Deutschland schafft sich ab [31]
Mehr Literatur
Es gibt eine Tendenz, einfach alle Biologen und Psychologen, die Unterschiede zwischen Ethnien erforschen, in die Rassisten-Ecke zu stellen. Das sollte bereits mit der obigen Liste sehr schwierig werden. Aber sie ist nur ein kleiner Einblick in die Intelligenzforschung. Eine umfangreichere Literaturliste zum Thema hat der Biologe Ingo Bading [32] zusammengestellt:
AM
Fotos: morguefile.com [34]
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-474-845.jpg
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/James_Watson
[3] http://www.vonhaeftens-blog.de/node/255
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Raven%27s_Progressive_Matrices
[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Flynn-Effekt
[6] http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Juedisches-Gen-erzuernt-die-Deutschen-und-macht-Israelis-stolz/story/30847587
[7] http://en.wikipedia.org/wiki/Ashkenazi_intelligence
[8] http://homepage.mac.com/harpend/.Public/AshkenaziIQ.jbiosocsci.pdf
[9] http://www.welt.de/print-welt/article684345/Der_Intelligenzquotient_der_Tuerken.html
[10] http://www.pioneerfund.org/Controversies.html
[11] http://www.daserste.de/beckmann/
[12] http://elib.suub.uni-bremen.de/publications/ELibD890_Nickel-Analphabetismus.pdf
[13] http://govinfo.library.unt.edu/negp/
[14] http://www.udel.edu/educ/gottfredson/reprints/2005suppressingintelligence.pdf
[15] http://psychology.uwo.ca/faculty/rushtonpdfs/PPPL1.pdf
[16] http://www.gnxp.com/blog/2007/10/james-watson-tells-inconvenient-truth_296.php#
[17] http://www.gwup.org/ueber-uns-uebersicht/wiw/676-wiw-ulrich-berger
[18] http://kritischgedacht.wordpress.com/2007/10/20/oops-he-did-it-again/
[19] http://en.wikipedia.org/wiki/Race_Differences_in_Intelligence
[20] http://www.edge.org/q2006/q06_3.html#pinker
[21] http://www.welt.de/debatte/kommentare/article6070487/Der-Fall-Watson-Rasse-und-Intelligenz-duerfen-kein-Tabu-sein.html
[22] http://books.google.de/books?id=Tub-X6wydKgC&pg=PA397&lpg=PA397&dq=richard+dawkins+grasshoppers+tale&source=bl&ots=wFSDe0fS6C&sig=NAqZKW7zLAMNFlLpZ2e27sdIpiA&hl=de&ei=fF-FTOKNGNOLOOH8iIoD&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CBwQ6AEwAQ#v=onepage&q&f=false
[23] http://www.udel.edu/educ/gottfredson/reprints/2004socialconsequences.pdf
[24] http://books.google.de/books?id=KQ4rLiAbHQQC&dq=IQ+and+the+Wealth+of+Nations&printsec=frontcover&source=bn&hl=de&ei=v_GLTNmaIcaOOM6NpdUK&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CDEQ6AEwAw#v=onepage&q&f=false
[25] http://books.google.de/books?id=sZYQAQAAIAAJ&q=race+differences+in+intelligence&dq=race+differences+in+intelligence&hl=de&ei=__GLTJW4E4zeOOeC0OwK&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CCkQ6AEwAA
[26] http://nces.ed.gov/naal/kf_demographics.asp
[27] http://www.amazon.de/Das-unbeschriebene-Blatt-Leugnung-menschlichen/dp/3827005094
[28] http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/706040/
[29] http://www.faz.net/s/Rub9B4326FE2669456BAC0CF17E0C7E9105/Doc%7EEBFC72F0534A149BE84CA714A883B6B5C%7EATpl%7EEcommon%7EScontent.html
[30] http://www.slate.com/id/2178122/entry/2178123/
[31] http://www.amazon.de/Deutschland-schafft-sich-unser-setzen/dp/3421044309
[32] http://studgendeutsch.blogspot.com/
[33] http://astore.amazon.de/studiumgenera-21?_encoding=UTF8&node=2
[34] http://www.morguefile.com/images/elmnts/clr1/logo.gif