Philosophie | 22.07.2010
Im aktuellen Kinofilm Für immer Shrek geht es darum, dass der grüne Oger aus seinem anstrengenden und langweiligen Familienalltag ausbrechen möchte, um wieder ein richtiger Oger sein zu können.
Die Moral von der Geschichte: Wir lernen erst zu schätzen, was wir haben, wenn es nicht mehr da ist und Kinder sind eigentlich toll, wenn man es sich nur lange genug einredet und die Zuschauer mit falschen Alternativen manipuliert.
Der Film macht sich gut als Anschauungsmaterial für die kinderfeindliche Beitragsreihe, die gerade im Evo-Magazin zu bestaunen ist. Shrek hat keine Zeit mehr für sich selbst oder für seine Frau Fiona, weil er immerzu für seine drei Kinder sorgen muss. Der Tagesablauf ist stets derselbe und gänzlich unnatürlich für Oger, die lieber Menschen erschrecken gehen, als Kinder zu pflegen. Also unterschreibt das grüne Vatermonster einen Vertrag mit dem bösen Rumpelstilzchen, der ihm einen Tag als echter Oger beschert und im Gegenzug bekommt Rumpelstilzchen einen Tag aus Shreks Leben. Anfangs gefällt Shrek sein altes Leben ganz hervorragend und er ist superglücklich. Erst, als ihm auffällt, dass seine Frau von der Hexen-Gestapo gesucht wird, ändert sich das.
Leider wählt nämlich der böse Rumpelstilzchen Shreks Geburtstag als Gegenleistung, was bedeutet, dass der Oger nur noch einen Tag zu leben hat. Diesen muss er in der von Rumpelstilzchen umgestalteten Welt verbringen, die von ihm als Diktator regiert und von Hexen als Staatspolizei kontrolliert wird. Am Ende wird natürlich alles gut und Shrek kann in seine Welt zurückkehren, wo er dann den Wert des Vaterdaseins anerkennt. Doch zuerst muss er erleben, wie es ist, dieses nicht mehr zu haben.
Der Film ist zwar der schwächste der Reihe, aber immernoch amüsant und gute Laune verbreitend, solange man nicht, aber auch wirklich gar nicht, darüber nachdenkt. Leidet man unter dem schrecklichen Fluch, sein Gehirn nie vollständig abschalten zu können, und richtet in diesem bemitleidenswerten Zustand seine Aufmerksamkeit auf die Moral der Geschichte und wie man versucht, uns von dieser zu überzeugen, dann wird schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt.
Da Shrek 24 Stunden und sieben Tage die Woche auf seine drei kleinen Kinder aufpassen, sie unterhalten und umsorgen muss, ist er bald erschöpft und frustriert und wünscht sich sein altes Leben zurück, auf jeden Fall ohne Kinder, notfalls auch ohne seine Frau Fiona. Wie sich im Praxistest herausstellt, möchte er Fiona dann doch nicht missen. Allerdings muss er zunächst mittels Fahndungsplakaten an ihre Existenz erinnert werden. Aber auf seine Kinder kann er offenbar gut verzichten, jedenfalls ist von denen bis zum Ende keine Rede mehr.
Die falsche Alternative
Das zentrale Problem der filmischen Argumentation liegt in einem Phänomen begründet, das in der Philosophie als „falsche Alternative“ bekannt ist. Es werden uns zwei Optionen präsentiert und wir sollen die bessere wählen. Bereits das hat nichts mit der Realität zu tun, schließlich gibt es tausende, Millionen denkbare Alternativen und nicht nur zwei.
Im Film sieht die Lage so aus: Entweder Shrek muss auf drei Kinder aufpassen und ihnen seine gesamte Zeit widmen, oder das Land wird von einem grausamen Diktator beherrscht, seine Freunde kennen ihn nicht und seine Frau liebt ihn nicht. Die für reale Paare bedeutsame Alternative lautet jedoch: Entweder ich muss auf eine frei wählbare Zahl von Kindern mit einem frei wählbaren Altersunterschied aufpassen (je nachdem, wann ich sie zeuge), während ich bis zu einem gewissen Grade selbst entscheide, wieviel Zeit ich in diese Aufgabe investiere, oder ich muss das nicht und kann mich stattdessen ganz meinem Partner und meinem eigenen Leben widmen. Die Alternative lautet nicht „Vater sein oder ein Leben unter dem Tyrannen Rumpelstilzchen“, sondern „Vater sein oder kein Vater sein“.
Es braucht niemanden zu verwundern, dass Shrek zur Einsicht gelangt, dass ein Leben als Vater, mit Frau und Freunden besser ist als ein Leben in einer Diktatur, ohne Frau und ohne Freunde. Natürlich ist es das. Die Filmemacher fragen uns allen ernstes: Wollt ihr lieber Kinder zeugen oder ab nach Nordkorea? Was für ein Strohmann!
Man hätte die Aussage des Filmes nur dann ernstnehmen können, wenn Shrek in seinem alternativen Leben so wie in Teil 2 der Reihe dagestanden wäre: Mit Fiona, aber ohne Kinder. Und Fans der Reihe werden sich erinnern: Dieses Leben war absolut traumhaft!
Komischerweise scheint Fiona im vierten Teil vollkommen glücklich mit ihrem Leben als Mutter zu sein, was sie am Ende von Teil 3 nicht ist, wo sich bereits zeigt, dass sie keine Zeit mehr für Shrek hat und erschöpft einschläft, anstatt sich mit ihm vergnügen zu können.
Für den unwahrscheinlichen Fall also, dass es jemanden interessiert: Die Shrek-Filme zeigen gute Gründe auf, lieber keine Kinder in die Welt zu setzen und der gegenteilige Eindruck nach dem vierten Teil ist ein billiger Trick der Filmemacher, um arglose Paare im Kinderwahn zu bestärken.
AM
Screenshots: (C) Dreamworks
Die „Kinder sind das Böse“-Reihe
Der Kinderwahn [3]
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-452-778.jpg
[2] http://www.darwin-jahr.de/../../../../../../../../evo-magazin/es-ist-verdammt-heiss?page=0,3
[3] http://www.darwin-jahr.de/../../../../../../../../evo-magazin/kinderwahn