
Kommentar | 23.02.2010
WIEN. (fdb/EvoMagazin) Der Wiener Kardinal der katholischen Kirche, Christoph Schönborn, meint wieder einmal eine Annäherung der Naturwissenschaften an die Theologie zu sehen. Das sagte er auf der Konferenz "Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube - neue Perspektiven nach dem Darwin-Jahr".
Wissenschaftliche Erkenntnis kommt aus Sicht Schönborns nicht ohne Moral aus. Und vor allem nicht ohne (katholische) Theologie, die Wissenschaftler in ihre Grenzen verweist. Es sei der Theologie zu verdanken, die Naturwissenschaften immer wieder an die grundlegenden menschlichen Fragen zu erinnern, die alle gleichermaßen betreffen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens? sagte Schönborn etwas kryptisch gegenüber Kathpress [2].
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An diesen "letzten großen Mysterien der Menschheit" werde auch die Naturwissenschaft nicht rütteln. Die Theologie "öffnet immer wieder den Horizont des naturwissenschaftlichen Denkens", daher werde der Diskurs "weitergehen - und letztlich ist Gott der tiefste Motor dieses Gesprächs", sagte er. Womit er immer noch nicht klarstellte, was er eigentlich sagen wollte.
Geistlose Momente
Der Darstellung der Kathpress zufolge ist er nicht der Einzige, dessen Aussagen die Klarheit und Verständlichkeit vermissen lassen, die man auf einer interdisziplinären Konferenz auf einer Unversität erwarten könnte. Hans-Dieter Mutschler, Professor für Natur- und Technikphilosophie an der philosophisch-pädagogischen Hochschule Ignatianum im polnischen Krakau, etwa bemühte eine "Metaphysik der Natur" um einen "Dialog" zwischen Naturwissenschaften und Theologie zu ermöglichen. Wozu auch immer der notwendig sein soll. "Wenn Schöpfungstheologie wahr sein soll, dann muss ich durch das Zufalls- und Zweckmäßigkeitsprinzip der Evolutionstheorie hindurch ein 'geistiges Moment' in der Schöpfung annehmen", zitiert die katholische Nachrichtenagentur den Referenten.
Um das zu erreichen, bedürfe es "metaphyischer Minimalbedingungen". Man müsse nach "intrinsischen Werten suchen". Im Klartext: Man führe eine metaphysische Kategorie in die Naturwissenschaft ein, verwässere wissenschaftliche Kriterien, lasse die Theologen das Forschungsziel vorgeben, schüttle das Ganze und behaupte am Ende, die Biologie habe die Existenz zumindest eines "göttlichen Prinzips" bewiesen. Zitat Kathpress:
"Ein solcher (intrinsischer, , Anm.) Wert könnte etwa das Leben als höchstes schützenswertes Gut sein, so Mutschler unter Verweis darauf, dass selbst hart gesottene Materialisten Mitgefühl beim Leiden der Kreatur zeigen."
Erstaunlich, dass menschliche Gefühle als Gottesbeweis herangezogen werden - so lange sie von Materialisten kommen. Wieso die gerade besonders hartherzig sein sollen, erschließt sich einem halbwegs vernunftbegabten Menschen nicht ganz. (Zumal Materialisten die Existenz von Gefühlen oder sinnvollen sozialen Verhaltensnormen gar nicht bestreiten, sondern im Gegenteil im Regelfall die ersten sind, die deren Sinnhaftigkeit durch Forschung belegen). Besonders wenig "Mitgefühl mit der Kreatur" haben hartgesottene Idealisten wie Francisco Franco oder Heinrich Kramer (der Autor des Hexenhammers) gezeigt - von einem Heinrich Himmler und anderen Vertretern des Idealismus ganz zu schweigen.
Jedenfalls hat der hartgesottene Materialist, der diese Zeilen schreibt, ob derart offensichtlicher logischer und ausdruckstechnischer Schwächen sehr viel Mitgefühl mit dem Philosophen und seinen Mitstreitern. Man könnte sagen, sie scheitern an den geistigen Minimalbedingungen eines seriösen wissenschaftlichen Diskurses. Das Kopfschütteln ernstzunehmender Naturwissenschaftler ist ihnen gewiss.
Christoph Baumgarten
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-397-669.jpg
[2] http://www.kathpress.at/content/site/nachrichten/database/31133.html