Satire | 31.05.2009
Topeka, Kansas. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, ein grundlegendes wissenschaftliches Prinzip, laut dem die Entropie über die Zeit zunimmt, während ordentliche Formen zunehmend in einen Zustand der Beliebigkeit übergehen, wurde von konservativ-christlichen Gruppierungen unter Beschuss genommen, die fordern, dass dieses Gesetz aufgehoben wird.
„Was ist es, das diese Wissenschaftler unseren Kinder beibringen wollen? Dass sich das Universum weiterhin ausdehnen wird, bis es letztlich den Wärmetod erleidet?“, fragte der Präsident der Christian Coalition, Ralph Reed, in seiner Rede bei einer Demonstration gegen die kürzlich erfolgte Entscheidung des Bildungsausschusses von Kansas, das Gesetz zu erhalten. „Das ist wohl kaum eine optimistische Sicht auf eine Welt, die der HERR für die Menschheit erschaffen hat. Das amerikanische Volk schickt hier eine eindeutige Botschaft: Wir mögen die Implikationen dieses Gesetzes nicht und wir werden nicht ruhen, bis es von den Gerichten aufgehoben wurde.“
Das kontroverse Naturgesetz, laut dem Materie fortwährend auseinanderbricht, während die Unordnung zunimmt und Hitze verloren geht, wird schon lange von christlichen Fundamentalisten in Verruf gebracht, weil es der Doktrin göttlicher Gnade und ewiger Erlösung ihrer Religion zuwiderläuft.
„Warum kann die Unordnung nicht mit der Zeit abnehmen, anstatt dass alles verfällt?“, fragte Jim Muldoon aus Emporia, Kansas. „Ist das zu viel verlangt? Es ist die Zukunft unserer Kinder, von der wir hier reden.“
„Ich würde nicht wollen, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen, die völligem Hitzetod und Auflösung in ein Vakuum entgegen steuert“, sagte Staatssenator Will Blanchard (R-Hutchinson) aus Kansas. „Kein anständiges Elternteil würde das wollen.“
Blanchard nennt den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik „ein zutiefst beunruhigendes wissenschaftliches Prinzip, welches die Wahrnehmung des Universums durch unsere Kinder als einen gütigen und liebenden Ort bedroht“ und er steht an der Spitze einer landesweiten Graswurzelbewegung, die das Gesetz aus Physiklehrbüchern des Gymnasiums entfernt sehen möchte. Der Plan ist auf große Unterstützung bei den Regierungen der Staaten Kansas, Oklahoma, Missouri, Tennessee, Georgia und Mississippi gestoßen.
„Die Schulbücher meiner Tochter sagen ihr, dass wir in einer Welt leben, in der die Unordnung regiert“, sagte Knox Heflin, einer von mehreren Dutzend Fundamentalisten, die sich bei der Anhörung des Schulausschusses von Statesboro (GA) gegen die Unterrichtung des Gesetzes ausgesprochen haben. „Das ist ein direkter Widerspruch zu dem, was in der Bibel darüber steht, wie alles besser wird und wie wir alle nach der Endzeit glücklich im Himmel leben werden.“
„Der einzige ‚Hitzetod‘, den Jesus jemals erwähnt, ist derjenige, den Sünder für alle Ewigkeit im Feuersee erleiden müssen“, sagte der Präsident des Schulausschusses von Indianola (MS), Bernice Callum. „Heute müssen wir mehr denn je darauf hören, was die Bibel über die Physiklehrpläne unserer Schulen zu sagen hat.“
Führende Physiker versichern, dass die Aufhebung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, der die Grundlage eines großen Teils unseres aktuellen wissenschaftlichen Verständnisses darstellt, gewaltige Auswirkungen für die Zukunft unseres Landes, sowie für Zukunft des Universums selbst hätte.
„Würde man den zweiten Hauptsatz aufheben, dann würden sich zufällige Partikel ansammeln und sich organisieren, anstatt zu zerfallen, was solche grundlegenden Prozesse wie Verbrennung, Verdauung, Verdunstung, Konvektion beeinflussen würde – sowas in der Richtung“, sagte der Superstring-Theoretiker Dr. Brian Greene von der Columbia University. „Es gäbe auch nicht viel Sonnenlicht, weil alle Sterne, inklusive unserer Sonne, Photonen aus der Umgebung sammeln würden, anstatt Sonnenstrahlen auszusenden. Oh, und das Universum würde sich zusammenziehen, anstatt sich auszubreiten, was möglicherweise den Zeitfluss selbst umkehren und unseren Kosmos in Richtung eines umgekehrten Urknalls strudeln lassen würde, eine Art von ‚Urknirsch‘, wenn Sie so wollen.“
„Angesichts all dieser Umstände“, so Greene weiter, „hoffe ich inständig, dass die Gesetzgeber unserer Nation lange und konzentriert darüber nachdenken, bevor sie irgendwelche Entscheidungen treffen, dieses Gesetz abzuändern oder aufzuheben.“
Trotz solcher Warnungen scheint die Graswurzelbewegung, die den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auflösen will, an Stärke zu gewinnen.
„Das ist Amerika“, sagte Duane Collins, ein Schnapsbrenner aus Gatlinburg, TN, und Vater von fünf Kindern „Und in diesem Land haben wir das gottgegebene Recht, Gesetze zu ändern, die wir nicht für christlich halten. Wir sind uns einig in unserer Forderung, dass der zweite Hauptsatz der Thermodynamik aufgehoben werden muss und unsere Stimme wird erhört werden, was immer auch geschieht. Das ist einfach eine Tatsache und nichts, was jemals einer sagen könnte, wird etwas daran ändern.“
Quelle: theonion.com [2]
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